
Zwei „Energieversorger“ haben bislang das Bild und Leben der kleinsten Gemeinde im Landkreis Schweinfurt maßgeblich geprägt, die ÜZ Lülsfeld und das Kloster Maria Schnee. Während die Unterfränkische Überlandzentrale auch künftig die Energie aus der Steckdose an ihre Kunden liefert, wird die spirituelle Energie, die Bewohner und Gäste bislang aus dem Kloster bezogen, bald versiegen. Die Einrichtung der Erlöserschwestern wird definitiv geschlossen und verkauft.
Im Laufe des Februars 2015 werden die letzten Erlöserschwestern ausziehen. Dann ist Maria Schnee endgültig Geschichts-Schnee von gestern. Das Bildungshaus schließt bereits Ende November für Kurse seine Pforten.
Schwester Gundegard Deinzer kommt die Aufgabe als letzte Leiterin zu, das buchstäblich zu Ende zu bringen, was ihre Vorgängerinnen 1886 in Lülsfeld begonnen hatten. Sie sieht die Schließung trotz aller Wehmut nüchtern und sachlich. „Wir haben die Entscheidung ja schon längere Zeit kommen sehen“, stellt sie fest. Der Schwesternmangel habe dazu geführt, dass das Haus seit geraumer Zeit nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte.
Außerdem ist die „jüngste“ der derzeit noch elf Schwestern auch schon 65 Jahre alt, die meisten anderen haben schon das 70. oder 80. Lebensjahr überschritten. Zum Vergleich: In der Blütezeit hatten in Lülsfeld einmal über 30 Schwestern im Kloster gelebt und gewirkt.
Zwar habe sich jede der verbliebenen Schwestern noch nach Kräften in den Arbeitsalltag eingebracht, doch wäre es ohne die Unterstützung durch Kräfte von außen schon länger nicht mehr möglich gewesen, insbesondere den Betrieb der Tagungsstätte aufrechtzuerhalten, so Schwester Gundegard. Von der anstehenden Schließung sind deshalb auch der hauptberufliche Ökonom und Hausmeister sowie die fünf Frauen betroffen, die derzeit noch in Teilzeit in der Küche und bei der Raumpflege helfen.
Ein weiteres, finanzielles Problem wäre die fällige komplette Innen-Sanierung gewesen. So hätte sich in Anbetracht der personellen Situation und der erforderlichen Investitionskosten das Aus für das Haus abgezeichnet. Dies obwohl die starken Schäden, die das am 1. März 2008 in Tornado-Stärke über Lülsfeld hinweg gezogene Orkantief „Emma“ an Fassaden, Fenstern und Dächern der Klostergebäude angerichtet hatte, noch zu einer umfangreichen Außensanierung geführt hatte.
So muss auch Schwester Gundegard langsam von Lülsfeld loslassen. Der Abschied fällt ihr verständlicherweise nicht ganz leicht. Schließlich hatte sie zuvor schon zwölf Jahre lang die Berufsfachschule für Hauswirtschaft geleitet, ehe sie 1995 als Leiterin des Bildungshauses nach Lülsfeld zurückkehrte. Seitdem sind auch schon wieder über 18 Jahre vergangen. Seit 2001 steht sie, die am liebsten mit ihrem Ordensnamen und allenfalls als Leiterin, denn „Oberin“ angesprochen wird, auch an der Konventspitze. Aber schon in der Bibel stehe, „Alles hat seine Zeit“, so die 81-Jährige weiter.
So hat die Leiterin in Lülsfeld bereits mit dem Aussortieren all der Ordner und anderen Unterlagen begonnen. Was etwa für die Ausstellung von Bescheinigungen im Hinblick auf Rentenbescheide ehemaliger Schülerinnen wichtig ist oder an Rechnungen aufgehoben werden muss, kommt ins Mutterhaus nach Würzburg. Ausgeräumt werden müssen auch die sakralen Gegenstände, Möbel und anderes mehr. In diesem Zusammenhang ist im Spätfrühjahr ein Kloster-Flohmarkt geplant. Was am Ende nicht verkauft oder anderweitig etwa im Mutterhaus verwendet werden kann, soll als Hilfslieferung nach Rumänien gehen.
Zu den Aufgaben der Leiterin gehört es dabei auch, all die unter der Woche oder am Wochenende nach Lülsfeld zu Seminaren, Fortbildungen, Einkehr- und Besinnungstagen oder Exerzitien kommenden Gästegruppen zu informieren, dass hier mit Ablauf des Novembers der Betrieb eingestellt wird.
Im Hinblick auf ihre künftigen Domizile dürfen die Schwestern zwar Wünsche äußern, „aber so viele Möglichkeiten haben wir nicht mehr“, räumt Schwester Gundegard ein. In Frage kommen in erster Linie das Mutterhaus der Kongregation der Schwestern des Erlösers und das Altenheim im Steinbachtal bei Würzburg sowie das Kloster Heidenfeld mit seinem Altersheim und der Altenpflegestätte.
Was die Zukunft des Hauses in Lülsfeld betrifft, so würde es sich etwa als Alten- und Pflegeheim, aber auch für eine Nutzung im Bildungsbereich anbieten. Das hängt jedoch davon ab, wer das Kloster kauft und was er damit vorhat.
Schwester Gundegard würde sich jedenfalls wünschen und freuen, wenn es in Lülsfeld in einem der Bereiche weitergehen würde, in dem die Schwestern lange Zeit hier segensreich gewirkt haben.
Der Abschied vom Kloster Maria Schnee hat indes begonnen.
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