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SCHWEBHEIM
Den Stereobetrachter gab es auch mit erotischen Bildern
Zum Erntedankfest präsentiert der Ortsgeschichtliche Arbeitskreis in Schwebheim eine neue Abteilung. Dort sind besondere historische Stücke aus der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung ausgestellt.
Ein Wintermärchen: So sahen die ersten Filme aus – eine bemalte Glasplatte, die eine „Laterna Magica“ zum Leben erweckte.
Foto: Ursula Lux | Ein Wintermärchen: So sahen die ersten Filme aus – eine bemalte Glasplatte, die eine „Laterna Magica“ zum Leben erweckte.
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:44 Uhr

Man kann sich drauf verlassen: Irgendetwas Besonderes fällt dem Scheunenteam des Ortsgeschichtlichen Arbeitskreises immer ein, wenn es um die Sonderausstellung zum Erntedankfest geht. Heuer geht es um „Raritäten und Kuriositäten“.

„Es liegen ja noch so viele verborgene Schätze in unserem Depot“, erklärt der Ehrenvorsitzende Günther Birkle. Diese habe man herausgeholt, zum Teil auch Raritäten aus einzelnen Abteilungen, die dort gar nicht so zur Geltung kommen. So zum Beispiel das große alte Grammophon, das normalerweise im Musikzimmer der Ortsgeschichtlichen Sammlungen steht.

Noch während Birkle erzählt, kommt Heimo Graf. „Schaut mal, das Teil hab ich bei einer Haushaltsauflösung gekauft, was das wohl ist?“

Gemeinsam mit der stellvertretenden Vorsitzenden Britta Ridder überlegen Graf und Birkle, wozu das Metallröhrchen auf einem Holzgestell einmal gedient haben könnte. „Da unten war mal ein Spiegel“, erklärt Graf und man einigt sich, dass es „eine Art Mikroskop“ gewesen war. Jedenfalls wieder ein Teil für die Kuriositätensammlung.

Es waren die Schüler der Heideschule, die dem Ortsgeschichtlichen Verein halfen, die vielen Raritäten und Kuriositäten in den Eingangsbereich der Scheune zu schaffen. „Wir sind alle schon älter“, entschuldigt sich Birkle, „wir können nicht mehr so viel schleppen.“

Dann aber haben er und Günther Leutsch die Exponate nach Gruppen angeordnet, die passenden Tische stellte die Gemeinde zur Verfügung, und vom Walther-Rathenau-Gymnasium bekamen sie noch zwei Stehtische. „Die wollten sie wegschmeißen!“, meint Birkle empört. Jetzt steht eine Zahlstangenwinde hinter einem alten Vervielfältigungsgerät, eine Magdeburger Halbkugel neben einer Vakuumpumpe.

Graf erzählt: „Mit so einer Magdeburger Halbkugel hat Otto von Guericke im 17. Jahrhundert die Wirkung des Luftdrucks bewiesen.“ In den beiden Metallkugelhälften wurde ein Unterdruck erzeugt, und 16 Pferde schafften es nicht mehr, die Kugeln auseinanderzubringen.

Erzählen, Erklären und miteinander Reden steht bei dieser Sonderausstellung im Vordergrund. „Wir haben kaum ein Teil beschriftet“, erklärt Birkle. Die Mitarbeiter stehen bereit und die Besucher dürfen fragen. „Wer viel fragt, bleibt geistig fit“, meint der Ehrenvorsitzende schmunzelnd.

Aber es kann nicht nur gefragt werden, manchmal ist auch das Wissen der Besucher gefragt. Denn von einigen der Liebhaber- und Sammlerstücke wissen die Aussteller weder die Bezeichnung noch die Funktion.

In der Schulecke steht ein großer Abakus. „So einen kenne ich noch aus meinem ersten Klassenzimmer“, erzählt Ritter, daneben steht eine Doppelscheibe, mit der man den Kindern einst die Mengenlehre nahebringen wollte. „Beides Geschenke der Heideschule“, freut sich Birkle. Beim Blick in die nächste Nische bekommt Ritter strahlende Augen. Hier werden drei alte „Laterna magica“ aufbewahrt, zwei davon noch mit Kerzen und Kamin. Mit diesen Projektionsgeräten wurden im 19. Jahrhundert erste Filmchen an die Wand geworfen. Ritter zeigt eine Glasleiste, auf der winzig klein die Bilder aufgemalt sind. Man muss sie ganz langsam durch die Leiste zwischen Kasten und Linsen führen, dann entsteht der Film.

Auch ein Vorläufer der 3D-Brillen ist hier zu finden, der sogenannte Stereobetrachter. „Diese Geräte gab es für Erwachsene auch mit erotischen Bildern“, erzählt Ritter schmunzelnd. Aber diese kamen nicht in die Ausstellung, schließlich kommen ja auch Kinder vorbei.

Um die Ecke liegen drei Bücher mit gebundenen Jahresausgaben von Zeitungen. Die Mainfränkische Zeitung von 1940 und die Schweinfurter Zeitung von 1943 und 1944. Dort prangt die Überschrift: „Totaler Einsatz aller bis zum Sieg.“ Ein weiteres Schmankerl in den Ortsgeschichtlichen Sammlungen: Wie fast in jedem Jahr ist eine neue Abteilung fertiggestellt worden. Diesmal ist es die geschichtliche. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung zeigt sie die Historie unter besonderer Berücksichtigung der Schwebheimer Geschichte. Auch da gibt es viel zu entdecken und so einige Raritäten, wie beispielsweise Briefe des Bürgermeisters und der Kindergärtnerin an die Front.

Information: Die Sonderausstellung zum Erntedankfest „Raritäten und Kuriositäten“ in den Schlossscheunen in Schwebheim ist am Sonntag, 4. Oktober, von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

 
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