„Erst war ich erschüttert, dann traurig, jetzt bin ich wütend“, sagt Friedrich Wiebusch. Er war am Mittwoch einer von gut 350 Schweinfurtern, die an der Solidaritätskundgebung „Je suis Charlie“ teilgenommen haben (wir berichteten). Der Terror in Frankreich bewegt Wiebusch und seine Frau Gisela tief. Direkt nach dem Attentat auf die Redaktion der Satirezeitung haben die beiden das Video im Internet gesehen, in dem die beiden Terroristen einen schon verletzten Polizisten kaltblütig erschießen. Als Friedrich Wiebusch daran denkt, kommen ihm mitten in der Menschenmenge wieder die Tränen.
Es war eine stille Protestveranstaltung, bei der die Redner zwar klare Worte fanden, die Stimmung unter den Teilnehmern aber noch immer geprägt schien von Sprachlosigkeit, Trauer und dem Gedenken an die Opfer der geschehenen Verbrechen. Auf dem Boden standen Grablichter, die den Namen Charlie formten. Weiter hinten in der Menge horchte ein Mann mit geschlossenen Augen den Worten der insgesamt fünf Redner. Kaum Gequatsche in der Menge, natürlich erst recht nicht bei der Schweigeminute für die Terroropfer. Zur Veranstaltung aufgerufen hatten SPD, Grüne, Linke, DGB, AWO, Alevitische Gemeinde, Ditib-Moschee, die Kirchen und die CSU.
Dass die Stadt ihre Solidarität mit den Opfern sowie ihr Eintreten für Freiheit und Demokratie so deutlich zeigt, dafür kam auch Dank aus Frankreich, genauer gesagt aus der Partnerstadt Chateaudun. Mireille Gérard vom Partnerschaftsverein „Freunde von Europa“ hatte eine E-Mail an ihre unterfränkischen Freunde geschrieben. Sie schreibt: „Merci de tout coeur a Vous Tous, a Tous les partis UNIS pour pendre part a nos problemes qui sont aussi le probleme de Tous.“ Gérard dankt den Schweinfurtern, den Parteien und Organisationen von Herzen, weil sie am Leid und an den Herausforderungen teilhaben, „die Herausforderungen für uns alle sind“.
Herausforderungen für uns alle, auf der ganzen Welt. So wie die Massaker der Terrormiliz Boko Haram in Nigeria, die Stadtrat und Alevit Sinan Öztürk nannte. Oder direkt vor unserer Haustür: Pegida. Für die Wiebuschs war die Kundgebung auch ein bisschen Anti-Pegida-Protest, trotz dass der Name der islamfeindlichen Bewegung nicht in der Einladung gestanden hatte. Es sei wichtig, ein deutliches Zeichen zu setzen, findet Friedrich Wiebusch. Und macht gleich klar, in welcher Ecke er Pegida sieht: „Wenn's gegen Nazis geht, bin ich dabei.“
Ebenfalls deutlich war beim Thema Pegida auch der Grüne Stefan Fuchs geworden: „Ich sage bewusst nicht islamische Terroristen. Die haben so wenig mit dem Islam zu tun, wie die Pegida mit dem Christentum.“ Ein leises Raunen ging da durch die Reihen – das war unmissverständlich. „Geben wir den Dummen keine Chance. Stehen wir zu den Schweinfurter Moslems, stehen wir zu Flüchtlingen!“, so der Grüne weiter.
Yasin Yavuz, Vorstandsvorsitzender der Ditib-Moschee, rief alle Bürger auf, sich nicht einschüchtern oder auseinanderdividieren zu lassen. „Gerade jetzt müssen wir zusammenhalten.“ Mit den Attentaten sei einmal mehr der Islam, aber auch jeglicher zivilisatorischer Ansatz in den Schmutz gezogen worden.
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