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GELDERSHEIM
Defibrillator: Helfer brauchen keine Angst zu haben
Im Ernstfall zählt jede Minute: BRK-Bereitschaftsleiter Thomas Kossner (links) und Stellvertreter Tobias Teichmann demonstrieren auf dem Schwanfelder Jahrmarkt einen AED.
Foto: Uwe Eichler | Im Ernstfall zählt jede Minute: BRK-Bereitschaftsleiter Thomas Kossner (links) und Stellvertreter Tobias Teichmann demonstrieren auf dem Schwanfelder Jahrmarkt einen AED.
Redaktion
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:42 Uhr

„Coole Sache“, kommentierte Steffi List. Die Rockmusikerin war zufällig dabei, als in der Sparkassenfiliale am Geldersheimer Marktplatz ein „automatisierter externer Defibrillator“ (AED) übergeben wurde.

Der lebensrettende Kasten hängt nun im Eingangsbereich gegenüber dem Fränkischen Hof, hinter einer grünen Plastikabdeckung. Gespendet wurde das Reanimations-Gerät durch die Sparkasse Schweinfurt-Haßberge, dessen neuer Vorstandsvorsitzender Peter Schleich bei der Übergabe dabei war, als Nachfolger von Johannes Rieger.

Franz Parzefall von der Estenfelder Medizintechnikfirma Strätz packte einen Simulations-Defibrillator aus. Christina Rumpel als Filialleiterin und Bürgermeister Oliver Brust verfolgten die Demonstration. Einsatzort kann prinzipiell die ganze Gemeinde sein.

Selbsterklärendes Gerät

Mehr als 100 000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen plötzlichen Herztod. Mit Herzdruckmassage und Defibrillator bestehen in den erste Minuten gute Aussichten, ein „Kammerflimmern“ zu überleben. Der Geldersheimer AED erklärt sich seinen Benutzern buchstäblich von selbst. „Die erste Ansage, die Sie hören: Bleiben Sie ruhig!“ erläuterte Fachmann Parzefall. Eine gut vernehmbare Frauenstimme fordert auf, den Notruf 112 zu wählen, sobald ein Mensch zusammengebrochen, nicht mehr ansprechbar und auch keine Atmung festzustellen ist. „Wenn Sie nicht sicher sind, zwicken Sie in die Nase!“ Die Reaktion sei dann meist eindeutig.

Einmalrasierer mit dabei 

Wichtigste Aufgabe des Ersthelfers ist es, die Klebeelektroden anzubringen, einmal neben dem Brustkorb, einmal seitlich, gemäß Aufdruck. Für die Herren ist ein Einmalrasierer beigelegt, denn: „Die Elektroden sollen auf der Haut kleben, nicht auf den Haaren“. Ein Wischtuch liegt ebenso bei wie ein Beatmungstuch, das die eventuelle Hemmschwelle bei der Atemspende senken soll. Das Gerät misst zunächst die Herzrhythmen des Patienten per EKG. Kommt der Automat zu dem Schluss, dass eine Wiederbelebung nötig ist, teilt dies die „Frauenstimme aus dem Off“ mit: „Schock empfohlen! Gerät lädt auf!“

Man kann nichts falsch machen

Viele Leute hätten Angst, selbst das Knöpfchen zu drücken und vielleicht etwas falsch zu machen, meint Produktberater Parzefall: „Der einzige Fehler, den man machen kann, ist, das Gerät nicht zum Einsatz zu bringen“. Zurücktreten sollte man schon, wenn der Automat einen Countdown heruntergezählt hat und seine Stromladung durch den Körper jagt: bekannt als dramatische, aber realistische Szene in Arztfilmen.

Anschließend wird von einem Metronom der Takt der Herzdruckmassage vorgegeben: 30 Mal, gefolgt von zwei Beatmungen, gefolgt von weiteren 30 Herzmassagen. Bei Kindern um die acht Jahren werden die Elektroden mittig vorne und und hinten auf Brust und Rücken geklebt. Ein Fehler, den man ebenfalls nicht begehen sollte: Den Arm einer ohnmächtigen Person bewegen, während der Defibrillator angeschlossen ist. Der Muskelreiz könnte als Lebenszeichen fehlinterpretiert werden. Berühren sollten sich die Elektroden unter Spannung ebenfalls nicht.

Videoüberwacht beim Bankautomaten

Fünf Jahre lang hält nun die Batterie des Defibrillators, der gleich unter der Videokamera neben den Bankautomaten hängt, Vorsichtsmaßnahme gegen Vandalismus oder Diebstahl. „Hoffen wir, dass das Gerät niemals zum Einsatz kommen muss“, diesen Wunsch gibt Peter Schleich von der Sparkasse den Geldersheimern mit auf den Weg.

Generell steigt im Landkreis die Zahl der Defibrillatoren an, bei Feuerwehren, Ersthelferteams, in Banken, Schwimmbädern, Bahnhöfen und anderen öffentlichen Gebäuden. „Im Notfall ist es entscheidend zu wissen, wo sich das nächste Gerät befindet“, sagt Klaus Wörner, stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle des BRK Schweinfurt. Die ILS kommt bei Telefonreanimationen zum Einsatz, bei der ein Fachmann Anweisungen über die Handy-Freisprecheinrichtung gibt.

Außerdem gibt es spezielle AED der Kissinger Firma ZTM, die als Notrufsäule funktionieren: In den Feuerwehrhäusern Euerbach, Obbach und Sömmersdorf hängen solche „Defis“, die über Mobilfunk Verbindung zur Leitstelle herstellen. Die Faustregel „eine Wiederbelebung pro 800 Einwohner und Jahr“ gelte wohl auch für den Raum Schweinfurt, heißt es bei ZTM. Schwieriger ist es mit dem Überblick der verfügbaren AEDs. Die „DefiApp“ des Roten Kreuzes verzeichnet rund 20 Standorte im Landkreis, ebenso wie die Webseite des Arbeiter-Samariter-Bunds (www.asb-schweinfurt.com/aed-standorte).

Die Rettungsdienste bieten Schulungen für Laienhelfer an. Verlässliche Zahlen zu erfolgreichen Reanimationen durch öffentliche Geräte gibt es nicht. „In unseren Erste-Hilfe-Kursen kommt so etwas selten zur Sprache“, sagt Christoph Fleschutz als Sprecher der Johanniter Unterfranken. Entscheidend sei es, den Menschen die Angst vor dem AED-Einsatz zu nehmen.

Lebensretter in der Geldersheimer Sparkasse: Filialleiterin Christina Rumpel, Bürgermeister Oliver Brust und Sparkassen-Chef Peter Schleich bei der Übergabe des öffentlichen Defibrillators (von links).
Foto: Uwe Eichler | Lebensretter in der Geldersheimer Sparkasse: Filialleiterin Christina Rumpel, Bürgermeister Oliver Brust und Sparkassen-Chef Peter Schleich bei der Übergabe des öffentlichen Defibrillators (von links).
 
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