Nebel wallt über die Asphaltpiste, als sich der Konvoi durch den dunklen Brönnhof vorarbeitet. Gerold Ort, Chef des Hambacher Lindenhofs, führt an die 60 Landwirte zu seinen Angusrindern und Freilandpferden. Auf Einladung des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF) Kitzingen-Würzburg trifft sich der überregionale Arbeitskreis "Milchkuhhaltung". Wenn jetzt Meister Isegrim im Scheinwerferlicht auftauchen würde, wäre das Bild perfekt, vom "Wolfsmond"- November.
Wenige Tage zuvor, Richtung Pfändhausen, wurde einer der grauen Wanderer gesichtet, bei einer Treibjagd der "Bundesforst". Deren Förster hüten das ausgedehnte Areal des ehemaligen Truppenübungsplatzes, das zum nationalen Naturerbe zählt. Hier erstrecken sich Wald und Weideflächen, die durch Viehhaltung vor Verbuschung geschützt werden. Der einstige Manövergrund der US-Armee ist heute Heimat für rund 1500 Tier- oder Pflanzenarten, zur Freude der Naturschützer. Hier galoppieren auch zwanzig Koniks: Nachkommen der Tarpane oder "Wildpferde", wie die verwilderten Hauspferde Osteuropas genannt wurden.
Tarpane galten im Frühmittelalter mancherorts als Delikatesse. Biosteaks und Würste liefern heutzutage allerdings nur die Rinder, die in mehreren Herden in den Schweinfurter Highlands unterwegs sind. Am Rande geht es auch um den gesichteten Wolf, der schon vor drei Wochen bei Maßbach in eine Fotofalle getappt sein soll.
Die Graupelze geistern gelegentlich durch den Landkreis – ein Tier, das 2023 auf der Autobahn bei Bergrheinfeld gelaufen ist, wurde sogar auf Youtube verewigt. Als echtes Wolfsland, mit standorttreuen Rudeln, gilt die Hohe Rhön, insbesondere der ehemalige Truppenübungsplatz Wildflecken. Der nördliche Landkreis Schweinfurt ist nur Sichtungsgebiet, wo Elektrozaunbau und Schutzhunde gefördert werden können – wobei sich die Konditionen rasch ändern, je nach gemeldeten Vorfällen. Aktuell wurden Teile der Haßberge ins Herdenschutzprogramm aufgenommen.
Gerald Ort: "Ohne Regulierung geht es nicht"
Gerold Ort und Sohn David empfinden beim Wolf wenig Naturromantik: Ohne Regulierung geht es nicht, ist Gerold Ort überzeugt. Man müsse die Sorgen der Besitzer von Schafen, Rindern oder Pferden ernst nehmen. Streng geschützt ist der Wolf, nur in Ausnahmefällen, wenn es Risse gibt, darf er geschossen werden. Auf dem Brönnhof hat Ort mehrere Kilometer Weidezaun gezogen. Neugeborene Kälber würden durch ihre Mütter nahe der Herde versteckt, erklärt der Landschaftspfleger den Besuchern – gegen Wölfe hätte der Nachwuchs keine Chance. Mit Brötchen lockt er die Tiere an, die durch Nacht und Nieselregen herantraben. 365 Tage im Jahr bleiben die robusten Rinder im Freien, Wald und Stroh bieten ein wenig Komfort. Naht, nach 24 Monaten, der Schlachttag, wird der Delinquent in ein separates Gatter geführt, und, unter Aufsicht des Veterinäramts, mit Bolzenschuss der Bestimmung zugeführt: das Gegenteil von Massentierhaltung.
Vom nationalen Naturerbe geht es ins Dickicht der Förderpolitik, rund um die Viehhaltung: In der Halle des Lindenhofs, die für solche Bildungsveranstaltungen rund um Landwirtschaft und Ernährung gedacht ist, referiert Anna Schütz, als Fachberaterin am AELF Kitzingen-Würzburg. Angesprochen wird auch der bezuschusste Schutz vorm Wolf. Hunde sind für Gerold Ort eher keine Option, nicht nur wegen des Aufwands: Die Herdenschützer sind dafür bekannt, mitunter auch auf Wanderer los zu gehen.
Das Landesamt für Umwelt (LfU) informiert auf seiner Webseite zum Thema Wolf, auf dem Landwirtschaftsportal iBalis gibt es detaillierte Karten. Das AELF Schweinfurt ist mit Förderanträgen befasst. In Kitzingen gibt es eine Fachberatung (www.aelf-kw.bayern.de). Am 26. November lädt der Bauernverband Bad Neustadt zu einer Online-Infoveranstaltung ein: https://www.bildung-beratung-bayern.de/?tid=27026247