Da blieb ihm wohl auch keine andere Wahl: Schonungens Bürgermeister Stefan Rottmann trat am Samstagvormittag freiwillig seine Gemeinde für zwei Tage an die Wikinger ab. "Da half ihm auch nicht, dass ihm der Landrat zur Seite stand", feixte Ralf Hofmann, derjenige, der als Veranstalter dafür verantwortlich war, dass am ersten Septemberwochenende in Schonungen alles im Zeichen der Wikinger stand. 7000 bis 8000 Menschen strömten bei bestem Wetter zum "Wikinger Spektakel" in den Alban Park.
Vor dem Stand von Silvia Schnell standen verschiedene Kessel mit dampfend heißem Wasser. Die Frau aus Oberhausen ist Schaustellerin und Expertin in der Schäferdarstellung um 800 bis 1000 Jahren nach Christus. Wie schon im Vorjahr schlug sie ihre Zelte auch in Schonungen auf, um die Pflanzenfärberei der damaligen Zeit anhand von Wolldecken vorzuführen.
Geduldig erklärt Schnell den Festival-Besuchenden, wie welche Farbe zustande kommt. "Morgen ist rot dran", kündigt sie mit sichtlicher Vorfreude an. Das Wichtigste ist das Beizen der Stoffe als Vorbehandlung, betont sie. Sie rührt geduldig in einem der Kessel und zeigt zufrieden hinter sich, wo bereits gefärbte Decken hängen, gelbe und blaue.
Nur zuschauen ist nicht: Im Wikingerdorf können Kinder selbst was tun
Ein paar Meter weiter das nächste zufriedene Gesicht. Sascha Banse ist mit seinem Stand Teil des Wikingerkinderdorfs. Die Kinder strömen mit großen Augen dorthin, es gibt viel zu entdecken. Bei Banse, der den weiten Weg aus dem niedersächsischen Emsland bis nach Unterfranken auf sich nahm, können Kinder Hörner schleifen. "Meist fangen die Kinder an, geben dann auf, dann machen die Eltern weiter", verrät Banse, der optisch ganz gut in die Wikingerzeit gepasst hätte, schmunzelnd.
Die von ihm zur Verfügung gestellten Rinderhörner werden geschabt, gefeilt, geraspelt und geschliffen. Wer das fertig Produkt mit nach Hause nehmen möchte, kann dies für einen kleinen Obolus tun. "Die Kinder freuen sich immer, wenn sie was tun dürfen. Pädagogisch ist das auch ziemlich gut", berichtet er. "Vorhin hatte ich hier einen, der saß locker zwei Stunden hier. Die Eltern wollten weiter, aber er war noch nicht zufrieden mit seinem Horn."
Banse kam über Social Media auf seine ungewöhnliche Passion. Auf Facebook las er einst, dass jemand für ein "Lager" auf einem Wikingerfest Hilfe bräuchte. Seither ist er zwei Mal im Jahr selbst Teil eines dieser Lager, die dafür sorgen, dass die Feste zu etwas Besonderem werden.
Wie Janka Raum von Heavy-Metal auf nordische Mythologie gekommen ist
An einem andere Ende des Fests verbringt Janka Raum aus Haßfurt die drei Tage in ihrer Gruppe, einem sogenannten Skollfolk. Sie fand über die Heavy Metal-Szene den Zugang zur nordischen Mythologie. Odin, Thor, Loki, Balder – Raum klärt die Unwissenden über "ihre" nordischen Götter auf und bereitet Brot mit den Zutaten, die damals zur Verfügung standen, zu. "Das Mittelalter hat mich schon immer fasziniert", erklärt die Haßfurterin. Keine 50 Meter weiter, in direkter Sichtweite, nimmt ihr 19 Jahre alter Sohn an einem Ritter-Schaukampf teil. Das kündigte er schon als Fünfjähriger an, verrät sie und lacht.
An jeder Ecke gab es etwas zu entdecken, Gaukler und Musikanten sorgten für stetige Unterhaltung. Eines der Highlights des Wikinger-Spektakels 2023, das am Freitag begann und bis Sonntagabend lief, war etwas versteckt hinter dem Gelände zu finden. Zwischen Main und Steinach konnten die Besuchenden auf dem Wikingerboot Ulf Elfar rudern.
Mit Hackschnitzeln und Teppichen gegen das stehende Wasser
Dass das gelungene Fest stattfinden konnte, stand unter der Woche noch auf wackeligen Beinen. Aufgrund des vielen Regens stand das Festgelände unter Wasser. Mit Hackschnitzeln und Teppichen wurde dafür gesorgt, dass das "Spektakel" nicht vorzeitig ins Wasser fiel. Veranstalter Hofmann bedankte sich dafür beim Bauhof und der gesamten Gemeinde für den guten Zusammenhalt. "In Schonungen fühlst du dich willkommen", sagte Hofmann. Das galt bestimmt auch für die vielen Wikinger, Ritter und Co.