
„verstehen als eine brücke, die zur schönheit führt.“ Mit diesem Satz endeten die Dankesworte des sichtlich bewegten Preisträgers SAID für die Verleihung des Friedrich-Rückert-Preises 2016 der Stadt Schweinfurt.
Der Schriftsteller, dessen Künstlername nur Großbuchstaben zulässt, dessen Worte jedoch ausschließlich in Kleinschreibung niedergelegt waren, hatte zuvor einen weiten Bogen von Rückert, dem „ewigen pilgrim“, zum aktuellen „zeitalter des globalen austauschs zwischen den sprachen und kulturen“, zum „zeitalter der völkerwanderung“ geschlagen.
Rückert, so SAID, sei zu 44 Sprachen gewandert und habe mehrere Welten berührt, sei aktueller denn je in seinem „versuch, durch gegenseitiges verstehen vertrauen zu gewinnen und somit zu einem versöhnten miteinander zu gelangen“.
Der in Teheran geborene „ostwestliche flüchtling“ SAID musste sein Land aufgrund seines Engagements für einen demokratischen Iran und seinen Einsatz für politische Gefangene zweimal verlassen, einmal während des Schah-Regimes und einmal unter der Theokratie der Mullahs. Längst deutscher Staatsbürger, bezeichnet der heute in München lebende Autor die deutsche Sprache als seine „neue haut“, als die Sprache seiner Freiheit, ganz im Sinne des Rückertschen Aphorismus: „mit jeder sprache, die du erlernst, befreist du einen bis daher in dir gefangenen geist.“
Und der 69-jährige SAID vermöge in dieser fremden Sprache sogar zu brillieren, so der Geschäftsführer der Rückert-Gesellschaft, Rudolf Kreutner, in seinem Grußwort, selbst in der Lyrik, der schwierigsten Disziplin der Sprache: „das konnte nicht einmal Rückert“, so Kreutner, und mit SAID werde „das personifizierte Weltverständnis“ ausgezeichnet.
In seiner sehr persönlich und herzlich gehaltenen Laudatio streifte Professor Josef Haslinger von der Universität Leipzig den biografischen Hintergrund des Literaten SAID. Er beleuchtete dabei die historischen Ereignisse im Iran auch mit Hife von Zitaten aus dem literarischen Tagebuch „Der lange Arm der Mullahs, Notizen aus meinem Exil“ und dem 2004 erschienenen Zwischenresümee „In Deutschland leben“ des Schriftstellers.
Hierin spricht SAID von der Teilhabe einer fremden Sprache als einem „Zaubermoment“, den man nicht beschließen könne, der von selbst und auf leisen Sohlen käme. Diesen Zaubermoment, so Haslinger, könne man spüren, wenn man SAIDs Gedichte lese: „Der bildhafte Reichtum der iranischen Poesie hat darin seine Spuren hinterlassen“. Und zum Verhältnis SAIDs zum Islam sagte der Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, es habe nichts mit Amtskirche oder Glaubenslehre zu tun, vielmehr mit „Spiritualität, mit Menschlichkeit, Respekt und Demut vor dem, was wir nicht begreifen können“.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé bezeichnete die Verleihung als seltene Ehre, sei doch der Friedrich-Rückert-Preis seit fünf Jahren nicht mehr vergeben worden. Bei diesem festlichen Höhepunkt des Rückertjahres mit seinen vielfältigen Aktivitäten wäre Rückert sicher gerne dabei gewesen, so Remelé, denn: Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wird an Persönlichkeiten vergeben, deren künstlerisches oder wissenschaftliches Werk einer dem Andenken Rückerts gewidmeten Ehrung würdig ist.
SAID sei in diesem Sinne ein würdiger Preisträger, mit einem Leben als Vermittler zwischen Kulturen, ein Preisträger, dessen Gedichte und Essays, so die Verleihungsurkunde, in ihrer oszillierenden Sprache Welten verbinden.