zurück
MADENHAUSEN
Das perfekte Omi-Dinner
Retter der fränkischen Tafelrunde: Im Madenhäusle von Sabine und Ernst Böhm kommt „Omas Haard“ wieder zu Ehren, auch ohne Brennholz dank der Hilfe von Sepp, Walter, Kurt und Philipp (hinten auf der Bank).
Foto: Uwe Eichler | Retter der fränkischen Tafelrunde: Im Madenhäusle von Sabine und Ernst Böhm kommt „Omas Haard“ wieder zu Ehren, auch ohne Brennholz dank der Hilfe von Sepp, Walter, Kurt und Philipp (hinten auf der Bank).
Von unserem Mitarbeiter Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 17.03.2010 18:44 Uhr

Es ist angerichtet: „Die Planung hat am meisten Zeit in Anspruch genommen“, erzählt Ernst Böhm als Wirt des einstigen Brotzeitstübles, jetzt Vollzeit-Wirtshaus „Madenhäusle“. Eigner Herd ist Goldes wert – nach dem Motto holte der Traditionswirt einen fast hundert Jahre alten Holz-Ofen unter der „Tröppn“ hervor, zurück in den Gastraum.

Die Platte wurde vorsichtig entrostet und mit Spezialpaste poliert. Gute Freunde bastelten daraus eine Kombination aus Herd und Tisch, an dem sie nun zur Einweihung mit rotem Holler-Likör anstoßen: Sepp Hammer aus Waigolshausen sorgte für den Strom (das Kabel verläuft unter der Diele Richtung Wäscheschrank), der den Ofen auch ohne Brennholz auf 65 Grad plus anheizt, der Wernecker Schlosser Walter Wittner übernahm die Metallbauarbeiten, Schreiner Kurt Schmitt aus Hesselbach sorgte mit Mitarbeiter Philipp Jörg für den passenden Rahmen – einen Eichenholztisch: Fertig ist „Omas Haard“, die neue Attraktion im Madenhäusle, wo nun acht bis zehn Gäste wie zu Großmutters Zeiten tafeln dürfen.

Der Herd gehörte eigentlich der Bauernfamilie Pickel, die früher das Haus bewohnte, bevor hier die Böhms 1997 ihr Mundartgasthaus eröffnet haben. Viele Jahre rostete er im Dornröschenschlaf vor sich hin, wurde Weihnachten mit Krippenfiguren, im Frühling mit Ostereiern geschmückt: Immerhin ein alter Küppersbusch, im Kaiserreich der Rolls Royce unter den Feuerstätten. Der Küchengeräte-König Friedrich Küppersbusch stellte ab 1880 „uff Schalke“ solche Öfen serienmäßig her, das Madenhäuser Exemplar dürfte aus dem Jahr 1925 stammen: Mit gusseisernen Standfüßen in Gelsenkirchener Barock, integriertem „Wasserschiff“ (dem Boiler seiner Zeit), Holz- und Brikettfächern sowie einzeln einsetzbaren Herdringen auf den Feuerlöchern, passend für jede Topfgröße. Die jetzt nachträglich eingebaute Heizplatte ist kein allzu großer Stilbruch, der Schalker Konzern verkaufte schon Mitte der Zwanziger die ersten Elektroherde.

Überhaupt wurde der „electroheater“ erstaunlich früh erfunden, bereits 1859 vom Amerikaner George B. Simpson, konnte sich aber mangels Stromnetz zunächst nur schwer gegen die Gasherde durchsetzen. War aber bereits rauch- und russfrei, der Grund, warum sich Ernst Böhm für diese Variante entschieden hat: Maschinenraumatmosphäre wie auf einem Kohledampfer wollte er den Gästen wie der Gewerbeaufsicht dann doch nicht zumuten, von der Brandgefahr in dem jahrhundertealten Fachwerkhaus ganz zu schweigen. Den Zugang zum Ofenrohr ziert nun ein Blumenstöckchen.

Dass der alte Herd von der Wand wieder in die Mitte des Raums gerückt ist, sich die Gäste um ihn herum zum herzhaft Essen, Trinken und nicht zuletzt Plaudern versammeln, ist eigentlich eine Rückkehr in die Frühzeit, als die Feuerstelle die „Seele“ eines jedes Hauses war, wo die Familie der Ahnen gedachte und die Herdgöttinnen ehrte.

Tatsächlich herrscht beim urfränkischen Menü – Aadöbflsubbn, Krustnbroadn vo dä Sau mit Aadöbfklöäss unn Blaukraud und Schogladdnbudding, die nacheinander von Köchin Sabine Böhm auf den heißen Tisch gezaubert werden – eine friedfertige, fast schon feierliche Stimmung. Alte Geschichten steigen empor: Wie der Ernst in der Kindheit beinahe mal im gefährlichen Morast „versumpft“ wäre oder die von Oma Malchen aus Wipfeld, mit ihrem „Ameisenschnaps“: Die Säure der im Branntwein sanft entschlummerten Insekten wurde nebst dem Alkohol von Sabines Großmutter eingerieben, das sollte gegen Rheuma und allerhand Zipperlein helfen.

Eine Geburt gibt es an diesem Abend auch noch zu feiern: Der fränggischä Dekilla, die neueste Erfindung von „Land-Wirt“ Ernst Böhm, erblickt das Licht der Welt, in Gold und Silber: Prost – Omas Haard ist endgültig eingeweiht, mit einem perfekten Omi-Dinner.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top