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Gerolzhofen
Das Grün am Tannenbaum und Adventskranz
Jedem Samstag im Advent gibt es um "4 nach 4" eine Meditation im Steigerwalddom. Am Samstag drehte sich alles um die Farbe grün als Symbol der Hoffnung und Beständigkeit.
Das Innere der Stadtpfarrkirche in Gerolzhofen war am späten Samstagnachmittag für die adventliche Meditation '4 nach 4' in Grün ausgeleuchtet.
Foto: Klaus Vogt | Das Innere der Stadtpfarrkirche in Gerolzhofen war am späten Samstagnachmittag für die adventliche Meditation "4 nach 4" in Grün ausgeleuchtet.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 10.12.2021 02:24 Uhr

Bei der gut besuchten adventlichen Meditation "4 nach 4" am Samstagnachmittag in der Stadtpfarrkirche standen der Tannenbaum und die Adventskranz im Mittelpunkt der Texte von Pfarrer Stefan Mai. Dabei gab es auch interessante Einblicke in die Geschichte heidnischer und christlicher Bräuche. Passend zum Thema war das Innere des Steigerwalddoms in der aufziehenden Abenddämmerung grün ausgeleuchtet. Grün, die Farbe des Lebens. 

Auch heute noch wird mit dem immergrünen Tannenbaum und dem grünen Adventskranz Farbe in die Wohnungen geholt, in einer Zeit, wo draußen fast alles in weiß oder in ein schmuddeliges Grau getaucht ist. Grün als Symbol der Hoffnung und Beständigkeit, und der Kranz als Zeichen des Lebens und der Gemeinschaft. 

Junger Brauch

Dabei ist der Brauch des grünen Adventskranzes mit seinen vier Kerzen noch ziemlich jung, berichtete Pfarrer Mai. Der erste hing im Jahr 1925 in einer katholischen Kirche in Köln. Vorgänger dieses Kranzes war das Wagenrad des Theologen Johann Hinrich Wichern, der in seinem "Rauhen Haus" in Hamburg im Advent ein Wagenrad aufstellte und darauf dann vier große Kerzen für die Adventssonntage und zwanzig kleine für die Adventswerktage platzierte, um so seine Heimkinder auf Weihnachten vorzubereiten.

Viel weiter zurück reicht aber der Vorläufer des Adventskranzes, der germanische Winterkranz. Wenn sich die "Bärenkälte" über das Land legte, durften die Knechte und Mägde damals daheim bleiben und mussten nicht mehr hinaus aufs Feld und in den Wald. Der Oberknecht stellte den Arbeitswagen in die Scheune und montierte das vierte Rad vom Wagen ab. Es wurde in der warmen Stube an die Decke gehängt. "Das runde Wagenrad erinnerte an die Sonne, seine Speichen an ihre wärmende Strahlen und vermittelte die Gewissheit, die Sonne kommt bald wieder", sagte Pfarrer Mai.

Grüne Zweige am Rad

Zuvor hatte man in der Natur noch Zweige gesammelt, die grün bleiben, und band diese ans Wagenrad. Besonders die Fichtenzweige galten den Ahnen als Symbol von Leben und Liebe. Fichtenzweige wurden damals gekocht und als Heilbad für die Familie benutzt. Und sie symbolisieren auch heute noch die Liebe zwischen Mann und Frau, stehen oft bei Hochzeiten vor der Tür oder werden bei einem Richtfest auf den Dachstuhl des neuen Hauses gesteckt.

Wacholderzweige kamen hinzu. Schon im alten Testament galt der grünende Wacholder als Lebenselixier, als Heilpflanze. "Damit verband man den Wunsch nach Gesundheit und Wohlergehen." Aufs Rad kamen auch Kiefernzweige. Sie sollten zum Ausdruck bringen: "So wie das Kiefernholz im Ofen schön knackt und knistert und an das Klopfen an der Tür erinnert, möge während der kalten Jahreszeit so mancher Besuch zu uns kommen, der es gut mit uns meint und Abwechslung in die langen Winterabende bringen." Kiefernzweige als Zeichen der Gastfreundschaft.

Blätter der Stechpalme

Und die stacheligen grünen Blätter der Stechpalme durften nicht fehlen. "Sie standen als Zeichen dafür, was einem im Leben weh tut, was Überwindung kostet, für alles, was einem ins Herz sticht. Aber auch als Zeichen dafür, was man falsch gemacht hat und einem leid tut." 

Und dann haben die Germanen noch grüne Eibenzweige in das Rad hinein gebunden. "Die Eibe ist der Lebensbaum. Als Zeichen der Hoffnung auf ein Leben über den Tod hinaus wird die Eiben noch heute auf Gräber gepflanzt."

Drei Strohzöpfe

Der vorchristliche Winterkranz hing an drei Strohzöpfen, eine Erinnerung an das geerntete Korn. Sie waren durchwirkt von roten Wollbändern. Zwölf mit Talg gefüllte Holzschalen wurden darauf gestellt und entzündet, die die zwölf Monate anzeigten. "Jedes der Lichter wurde nach der Zukunft des Monats befragt. Tropften sie, galten sie als Tränen. Flackerten sie, galt es als Gefährdung und erloschen sie, galt dies als Vorzeichen für den herannahenden Tod in der Familie", berichtete Pfarrer Mai.

Den christlichen Missionaren, die nach Germanien kamen, war dieser Brauch als Ausdruck eines Aberglaubens verdächtig - und so wurde nach der Christianisierung Germaniens der Winterkranz kirchlich verboten.

Orgelimprovisationen

Zu Orgelimprovisationen von Sylvia Sauer an der Winterhalter-Orgel gab es von Pfarrer Mai zum Abschluss Gedankenimpulse zur Farbe Grün als Farbe des Lebens, der Entwicklung und der Hoffnung: "Wen möchte ich an meiner grünen Seite haben? Mit wem arbeite ich gerne zusammen? Wer ist mir nicht grün? Wie gehe ich mit diesen Personen um? Bin ich da noch fair? Was wirkt auf mich beruhigend? Was ist meine grüne Wiese, auf der ich mich ausruhen kann?"

 
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