Wer schon immer mal wissen wollte, wie es in einem Bienenstock aussieht und in die Welt der Bienen eintauchen möchte, ohne dabei von den Tieren belästigt oder gar gestochen zu werden, der hat auf dem Wege vom Parkplatz zum Baumwipfelpfad Steigerwald die Möglichkeit, ein Bienenvolk in einer sogenannten „Schauklotzbeute“ zu beobachten. Der Bienenstock besteht dabei aus einem ausgehöhlten Baumstamm der Weymouthskiefer (Pinus strobus). Das sogenannte Strobenholz gilt als relativ weich, aber belastbar.
Mit der Klotzbeute wird sowohl auf die ökologische Bedeutung der Biene als Bestäuber für den Erhalt der genetischen Artenvielfalt als auch auf ihre Rolle als Honiglieferant aufmerksam gemacht, auch wenn es hier in erster Linie um die Beobachtung und nicht um die Honigernte geht.
Das „Bienenhotel“ mit der gleich nebenan angelegten Bienenweide stößt dabei auf großes Interesse, wie allenthalben zu hören ist. Allerdings ist es schon das zweite Volk, das eingesetzt worden ist. Das erste erwies sich als zu schwach, um sich der räuberischen Wespen zu erwehren und ging ein.
Import aus dem Fichtelgebirge
Bei der besagten Klotzbeute handelt es sich um einen Import aus dem Fichtelgebirge. Für das Wildtiergehege und den Streichelwald auf dem Radstein nehmen die Bayerischen Staatsforsten nämlich die Dienste eines Kooperationspartners in Anspruch, und zwar die von Eckard Miekisch, seines Zeichens Betreiber eines Wild- und Greifvogelparks im Fichtelgebirge. Er arbeitet wiederum mit Stefan Traßl zusammen. Dieser ist sowohl Vorsitzender des Imkervereins Hohes Fichtelgebirge, als auch der aktuelle Vertreter der oberfränkischen Imker im Präsidium des Landesverbandes der Bayerischen Imker (LVBI).
Ursprünglich ging es beiden darum, im Wildpark Waldhaus Mehlmeisel von Eckard Miekisch in einer Klotzbeute zu zeigen, wie die Bienen früher im Wald gelebt haben. Eckard Miekisch war es schließlich, der die Überlegung anstellte: Warum machen wir nicht zwei Klotzbeuten und stellen die andere auf dem Baumwipfelpfad in Ebrach auf? Stefan Traßl kam dabei die Aufgabe zu, auch dieses Volk im Steigerwald anfänglich mit zu betreuen. Inzwischen hat diesen Part der Imker Wolfgang Sahlmüller aus Ebrach übernommen. Er ist auch 2. Vorsitzender des hiesigen Imkervereins.
Klägliche Reste eines todgeweihten Volkes
Im Internet war Stefan Traßl auf unseren Bericht „Staatsforst lässt die Biene nicht im Stich“ aufmerksam geworden und hatte sich insbesondere an der Bildbeschriftung gestoßen, die da lautete: „Die ersten Bienen haben den Lehrstand mit der Bienenweide auf dem Baumwipfelpfad bereits bezogen". Dabei hatte das verwendete Bild ganz im Gegenteil nur noch die kläglichen Reste des ersten Volkes gezeigt, das von Wespen so stark dezimiert worden war, dass es einging. Zudem hatte er darauf hingewiesen, dass nicht nur „wenige“ Bienen in eine Baumhöhle einziehen und dann zu einem Volk heranwachsen, sondern immer gleich ein kompletter „Schwarm“ einzieht, der aus rund 20 000 bis 30 000 Bienen besteht.
Stefan Traßl: „Das erste Volk war wohl etwas zu klein und zu schwach. So haben es die Wespen ruiniert. Damit hatten wir nicht gerechnet.“ Das Hauptproblem sei dabei wohl gewesen, dass die Bienen in der Klotzbeute von unten und nicht von oben gefüttert wurden. So habe sich für die Wespen-Räuber ein kurzer Weg vom Eingang zum Futter aufgetan.
Wann gefüttert werden muss
Hierzu muss man wissen: Wenn ein Volk in eine solche Beute „einlogiert“ wird, dann muss es innerhalb kürzester Zeit ihre kompletten Waben selbst bauen. Das bezeichnet man als „Naturwabenbau“. Dazu benötigen die Bienen unglaublich viel Energie, die ihnen in Form von Zuckerwasser oder entsprechendem Zuckersirup zur Verfügung gestellt werden muss.
Da es zum Zeitpunkt des „Wohnungsbezugs“ bereits August war, ist das große Blühen in der Natur schon vorbei und die Bienen können kaum mehr etwas selbst eintragen. Das bedeutet, der Imker muss das Volk mit einer ausreichend großen Menge Futter versorgen, damit dieses den Winter überstehen kann. Auf diese Art und Weise einmal auf den Geschmack gekommen, haben die Wespen gleich noch die Waben leer geräumt und die Bienen „massakriert“. Statt einer Königin mit vielleicht um die 25 000 Bienen, sei auf dem besagten Bild nur noch das „Elend eines Volkes“ zu sehen gewesen, „das im Sterben liegt“, so Traßl.
Wenn Bienen „einlaufen“
Daraufhin habe er ein neues, zweites Volk „einlaufen“ lassen, wobei der Name hier wörtlich zu nehmen ist. Der Kunstschwarm mit den zweieinhalb bis dreieinhalb Kilo Bienenmasse wird dabei auf ein Bettlaken vor dem Bienenstock geschüttet. Nach und nach beginnen die schätzungsweise 30 000 Bienen dann in den sich ihnen in der Klotzbeute auftuenden Hohlraum zu wandern und zu kriechen, um ihn zu bevölkern.
Drei bis vier Stunden dauert es im Normalfall, bis das Bienenvolk „eingelaufen“ ist, es sei denn man bedient sich des Tricks, die Königin im Inneren der Baumhöhle einzuhängen. Das beschleunigt das Einlaufen deutlich, so dass in etwa eineinhalb Stunden alles vorüber ist. Nach etwa vier Wochen hatte dieses Volk ihre „Naturwaben“ angelegt, berichtet Stefan Traßl.
Ebracher Imker als neuer Betreuer
Inzwischen werden die Bienen, wie erwähnt, vom Ebracher Imker Wolfgang Sahlmüller betreut. Da die Klotzbeute an dieser Stelle stärkerer Sonnenstrahlung ausgesetzt ist, waren offenbar einige Waben aufgrund der hohen Temperatur heruntergefallen. Die hat der Imker entnommen.
Neben der regelmäßigen Nachschau alle paar Wochen kommt ihm vor allem die Behandlung des Volks gegen die Varroa-Milbe zu, wozu Ameisensäure auf eine Platte geträufelt wird. Füttern muss er die Bienen inzwischen nicht mehr. Das entfällt nach dem Winter, wenn das Volk in der Beute im Frühjahr von Anfang an Nektar in ihre Waben einlagern kann. Der Nektar wird zu Honig und ist für die Bienen eigentlich der Vorrat für den nächsten Winter.
Wider der Teilung des Volkes
Auch die sogenannten Schwarmzellen werden von Wolfgang Sahlmüller von Zeit zu Zeit ausgebrochen, um zu verhindern, dass sich neue Königinnen bilden. Das hätte zur Folge, dass sich das Volk teilen und entsprechend vermehren würde. Der Imker verschafft sich dazu von der Rückseite Zugang zum Inneren der Klotzbeute.
Die Menschen, die des Weges kommen, seien sehr interessiert an der Klotzbeute und was darin geschehe, schildert Wolfgang Sahlmüller. So können sie etwa durch das Glas die Bienen dabei beobachten, wie sie zum Flugloch ein- und ausfliegen oder sie können verfolgen, wie sie ihre Waben bauen. Dies und noch mehr, wenn sie dazu regelmäßig einen Blick in die Klotzbeute werfen.
Bienenstände und Zeidlerbäume im Wald
Die Bayerischen Staatsforsten haben übrigens schon seit geraumer Zeit eine gemeinsame Initiative mit den drei großen Imkerverbänden im Freistaat am Laufen, damit es im Staatswald summt. Mit einbezogen in die Aktivitäten ist im Steigerwald neben dem Baumwipfelpfad auch der Forstbetrieb Ebrach. Dieser stellt wiederum interessierten Imkern Stellplätze für Bienenstände im Wald bereit. Ferner bietet der Staatsforstbetrieb wilden Honigbienen in sogenannten Zeidlerbäumen auf dem Zabelstein ein Zuhause.
Naturwabenbau der Honigbiene
Beim Naturwabenbau wie in der Klotzbeute auf dem Baumwipfelpfad bei Ebrach nutzen die Imker, im Mittelalter auch Zeidler genannt, den natürlichen Wabenbautrieb der Honigbienen.
Ursprünglich bauten Wildbienen ihre Bienenstöcke in Fels- oder Baumhöhlen. Imker bieten den Bienen jedoch schon seit Jahrhunderten künstlich geschaffene Wohnräume in form von ausgehöhlten Baumstümpfen oder Strohkörben an.
In der Schauklotzbeute in der Nähe des Gastronomie- und Verwaltungsgebäudes auf dem Baumwipfelpfad können hinter der Sichtscheibe das natürliche Verhalten und der Wabenbau eines Bienenvolks beobachten werden.
In Wachs getauchte Leisten in der Klotzbeute dienen den Bienen als Orientierungshilfe für den Wabenausbau. (novo)