
Auf die richtige Verpackung kommt es an, auch in der Politik: Es ist wohl kein Zufall, dass Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner auf ihrer Unterfrankentour Station beim Mittelständler „Horna Verpackungen“ im Rafelder Gewerbegebiet einlegt.
Die Region Schweinfurt ist derzeit ohnehin ein Brennpunkt der Politik – Stichworte Asyl, Stromtrasse, Abschaltung des Kernkraftwerks. Außerdem stellen Ex-Faschingsprinz Thomas Horna sowie Aigner fest, dass sie beide ein Faible für die fünfte Jahreszeit haben, letztere als Vizepräsidentin des Landesverbands Oberbayern des Bundes Deutscher Karneval.
„Aigner am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen“, stellt Juniorchef Horna beschwingt fest, am Rednerpult aus Kartonagen in der Lager- und Logistikhalle. 2008 hatte der frühere Bundeswirtschaftsminister Michael Glos in der Firma eine der größten Photovoltaik-Dachanlagen Unterfrankens eingeweiht.
In der Halle der 39 Jahre alten, boomenden, und international vernetzten Firma mit mehr als 50 Mitarbeitern und 18 Millionen Euro Jahresumsatz sitzt reichlich Prominenz aus CSU und Unternehmertum. Ilse Aigner habe wohl die weiteste Anreise gehabt, rechnet Horna nach: bei 278 Kilometern Entfernung bis zur Staatskanzlei.
Beim Thema „Entfernung zum Amtssitz des Ministerpräsidenten“ wird am Samstagvormittag doch der eine oder andere wach. Sie sitze ja eigentlich in der Prinzregentenstraße, antwortet die Ministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, die zu den Prinzlingen der Seehofer-Nachfolge zählt. Die gelernte Elektrikerin und ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin ist ebenfalls Kind des Mittelstands. Wie auch die Schwebheimerin Weisgerber: Die CSU-Bundestagsabgeordnete bedankt sich zum Auftakt für ministerielle Unterstützung beim Kampf gegen die SuedLink-Pläne, wo nun Erdverkabelung im Gespräch sei und nurmehr eine Abzweigung nach Grafenrheinfeld führen solle, nicht mehr das Trassenende.
„Ich hatte und habe eine sehr gute Zusammenarbeit mit Anja im Bereich Verbraucherschutz“, gibt Aigner, Jahrgang 1964, die Blumen zurück: leger, in freier Rede, neben der Tigerpower-Stretchmaschine.
Auch für Seniorchef Josef Horna, Sohn Thomas und Schwiegertochter Stefanie sowie den ganzen Mittelstand der Region Schweinfurt gibt es Lob. Erst vor zwei Jahren wurde bei Horna Büro und Lager massiv erweitert: „Das Gen des Mittelständlers, man hat es oder man hat es nicht.“ Aigner bringt beim Thema „Verpackungen als Erfolgsmodell“ eine Geschichte aus dem Wilden Westen: Beim Goldrausch hätten auch diejenigen profitiert, die den Goldsuchern das Drumherum verkauft hätten, Schaufeln, Hacken, Siebe. Der Mittelstand, er liege ihr besonders am Herzen, etwa im Kampf gegen die Reform der Erbschaftssteuer, bei dem es um Standortsicherung gehe.
Aber auch das Unternehmertum allgemein, dem etwa beim Mindestlohn mit Bürokratieabbau geholfen werden sollte, in Zeiten globalen Wettbewerbs: „Auf einen Bayern kommen 110 Chinesen.“ Zwei Milliarden investiere der Freistaat in den Mittelstand, weit mehr als jedes andere Bundesland.
Dann die Herausforderung Energiewende: Man brauche Einsparung, Strom-Wärme-Kopplung, Effizienzsteigerung, Speichertechnik. Sie hätte gerne Gaskraftwerke gebaut, sagt Aigner, allein, dazu bräuchte es bessere Marktorientierung, mehr Wirkungsgrad. Bei der Ablehnung von SuedLink, da sei sie einfach fürs eigene Land eingestanden, trotz Medienkritik.
Es folgt eine Diskussionsrunde auf Loungesesseln. Ein Aktionär fragt empört nach der Geldvernichtung durch die AKW-Abschaltung. „Ich hoffe, Sie haben ihre Altersvorsorge nicht nur auf Aktien aufgebaut.“ Ilse Aigner ist gegen eine „Bad Bank“-Lösung bei den Abbaukosten, per Staatsfonds. „Wir pochen aufs Verursacher-Prinzip“, sagt auch Anja Weisgerber, es gebe Rücklagen, man dürfe den Unternehmen allerdings auch nicht die Daumenschrauben anlegen.
Martina Gießübel von der Frauenunion fragt nach der E-Mobilität: Die müsse mehr gefördert werden, sind sich die Politikerinnen einig, etwa durch steuerliche Entlastungen. „Ich bin auch mal eine Zeit lang Elektroauto gefahren“, berichtet Weisgerber.
Thomas Horna verweist aufs geplante E-Mobility-Center von ZF, mit dem das Auslaufen der Stoßdämpfer-Branche abgefangen werden könne: „Die Politik sollte das Thema mit Nachdruck aufnehmen.“
Jutta Leitherer fasst für die Mittelstandsunion manche Sorge zusammen: bezahlbarer Strom für die Betriebe oder die von der MU abgelehnte Reform der Erbschaftssteuer (Aigner: „Ich persönlich würde sie morgen abschaffen“).
Dann das Asylrecht, wo ein Unternehmer Probleme moniert, Fachkräfte schnell zu übernehmen. Dazu bedürfe es der Anerkennung, sagt die Ministerin. Und: Bei der „zweiten Welle“ habe man auch viele Flüchtlinge mit niedrigem Bildungsstand erlebt – „das wird das Problem des Fachkräftemangels nicht lösen“. Und: In Europa gebe es auch viele Arbeitslose, bei weniger kulturellen Schranken.
Süffisant greift Aigner die Erfahrung eines Betriebschefs auf, der von Integrationsschwierigkeiten berichtet, wenn es etwa ums muslimische Frauenbild gehe – gerade die Grünen würden ja gerne Gender-Debatten führen. Man müsse wissen, was man bei der Integration wolle.
Hagen Fuhl von der Firma Senertec lobt die Ministerin für das 10 000-Häuser-Förderprogramm fürs energetische Sanieren, allerdings müssten alternative Heizsysteme möglichst gleichberechtigt steuerlich gefördert werden.
Im Anschluss gibt's dann noch ein Weißwurstfrühstück plus Führung durch die Firmenhalle, wo das moderne Hochregal-Stapelsystem gezeigt und gleich noch Schweinfurts Verpackungskunden mitbeworben werden, bevor Aigner ihr Geschenk, ein gelasertes Namensschild, einpackt und mittags zur Bezirksvorstandssitzung nach Würzburg weiterfährt.