Die Begeisterung für ein Hobby ist offenbar nicht nur ansteckend, sondern auch vererbbar. Bestes Beispiel dafür ist die Familie Simon in Werneck. Vater Norbert (62) nebst Gattin Gabi und seine beiden Söhne Christian (32) und Benedikt (27) widmen einen Großteil ihrer Freizeit der Fliegerei.
Ein Flugzeug müssen sie dafür nicht besteigen, denn ihre Leidenschaft gilt dem Modellkunstflug. Aufwendige und in filigraner Handarbeit selbst gebaute Modelle bis zu einer Flügelspannweite von knapp drei Metern haben es ihnen angetan. „Ich bin noch nie in meinem Leben in einem Flugzeug geflogen“, bekennt Norbert Simon lächelnd. Seine Söhne dagegen kennen auch große Maschinen von innen.
Ihre Liebe aber gehört dem Modellkunstflug. Und auf diesem Sektor konnte Benedikt Simon, immer durch seinen Bruder Christian unterstützt, in dieser Saison schöne Erfolge feiern. Simon tritt bei Wettbewerben in der Klasse „Intermediate“ an, was um sich die Wertigkeit vorstellen zu können, etwa der zweiten Bundesliga entspricht. Beim F3A-X Deutschland Cup hat er in der Jahreswertung heuer den zweiten Platz geholt. Mit einem zweiten Platz beim Saisonfinale in Villingen-Schwennigen hat er die Vizemeisterschaft für sich eingetütet. Erstmals trat Simon, der für die Modellbaufreunde Volkach startet, auch beim mit Top-Piloten besetzten European Acro Cup an und holte auf Anhieb Platz sechs.
Mit einer Moskito fing alles an
Das die Simons zur Fliegerfamilie geworden sind ist mehr oder weniger Schicksal. Nach einem schweren Unfall 1980 suchte der Vater in der ersten Hälfte der 80er-Jahre nach einem Hobby, dass ihm helfen würde, wieder mehr Mobilität zu erlangen. Ohnehin an Fliegerei interessiert, kaufte er sich ein erstes Modell. „Ein Anfängerflugzeug, eine Moskito“, erinnert es sich und „wenn man das dann zusammengebaut hat will man auch raus und trotz Handicap sehen wie es fliegt“. Da waren die beiden Söhne noch gar nicht geboren.
Die Söhne kamen, das Hobby blieb. Und die wuchsen im wahrsten Sinn des Wortes in den Modellbau hinein. Da wurden Ausflüge zum Beispiel an den Wurmsee gemacht, auf dem man selbst gebastelte Boote fahren ließ und auch die Flugzeugmodelle wurden anspruchsvoller. Der Vater, selbst 1993 einmal auf Platz drei bei einer unterfränkischen Meisterschaft, war erfolgreich bei seiner „interfamiliären Nachwuchsarbeit“. Mit zehn Jahren, so erinnert sich Benedikt Simon, flog er sein erstes Flugzeug im „Lehrer-Schüler-Betrieb“. Das funktioniert ähnlich wie bei einem Fahrschulauto. Der Lehrer, in diesem Fall der Vater, hat eine Fernbedienung, die mit der Fernsteuerung des Schülers synchronisiert ist, so dass er notfalls eingreifen und zum Beispiel einen Crash verhindern kann.
Bis zu einem Jahr wird an einer Maschine herumgetüftelt
Solche gab es glücklichweise nur selten in der Modellflieger-Karriere von Benedikt Simon. In den letzten vier Jahren, in denen er sich intensiv den Wettbewerben widmet, gar keinen. Das wäre auch eine teure Angelegenheit, denn bis ein gutes A-Modell fertig ist, wird es von der investierten Summe her gerne gut vierstellig. So zum Beispiel bei Benedikt Simons liebstem Baby, der Extra 330 LX, mit der er die jüngsten Erfolge erflogen hat.
Da ist kaum noch was von der Stange, da darf eine Spezialschraube auch schon mal aus Titan sein und bei den verwendeten Materialien wird um jedes Gramm gefeilscht. Die Einzelteile, wie etwa mit Luft gefüllte Spezialpropeller, werden bei Fachfirmen in ganz Europa bestellt. Damit aus den Einzelteilen etwas möglichst perfektes Ganzes wird, basteln und tüfteln die Simons im Keller bis zu einem Jahr an einer Maschine. Dann muss die neue Maschine noch gut 20 Stunden eingeflogen werden, bis sie reif ist für die Herausforderungen der Wettbewerbe. Nach jedem Wettbewerb müssen die Maschinen, gewartet und auf etwaige Schäden untersucht werden.
Die gleichen Figuren wie beim bemannten Kunstflug
Geflogen werden übrigens die gleichen anspruchsvollen Figuren, wie sie auch echte Kunstflieger meistern müssen. Die sind immer anders. Zwei Stunden vor dem Wettbewerb bekommen die Teilnehmer ein Figurenblatt, dass sie dann, ähnlich wie ein Dirigent seine Partitur, einstudieren müssen. Mit kleinen Modellfliegern in der Hand gehen sie die geforderten Loopings und Flüge in Rücklage geistig durch, bis sie sitzen. Da baut Benedikt Simon auf seinen Bruder Christian, der beim Wettbewerb als „Ansager“ ihm mitteilt, was zu tun ist, denn sich gleichzeitig auf beides – Figurenblatt und Flugzeug zu konzentrieren – ist sehr schwer.
Virtuosen an der Fernbedienung
Modellkunstflieger müssen absolute Virtuosen an der Fernbedienung sein. Einmal verdrückt und die Figur ist dahin, Feinmotorik ist das A und O. Deshalb gilt auch bei Modell-Kunstflugwettbewerben Alkoholverbot. Gesellig und freundschaftlich geht es dennoch zu in der Modellkunstflieger-Szene. Die Simons reisen fast immer mit dem Wohnmobil an und verbringen das Wochenende auf dem Platz. Auch wenn in den obersten Klassen sich mehr und mehr das Sponsoring breit macht, gönnt man sich gegenseitig den Erfolg und hilft sich mit Rat und Tat. Und nächste Saison? Mal sehen, meint Benedikt Simon. Luft nach oben ist immer – welch passendes Motto für die Modellfliegerei.