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GEROLZHOFEN
Das Fegfeuer ist zurückgekehrt
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 19.10.2021 17:57 Uhr

Das Gemälde aus dem Hochaltar der Friedhofskapelle St. Michael ist an seinen angestammten Platz zurückgekehrt. Das Bild wurde in den vergangenen Wochen in der Werkstatt der Restauratoren-Arbeitsgemeinschaft von Jutta Minor und Cornelia Patterson in Forchheim genau unter die Lupe genommen. Die Expertinnen konnten die teils massiven Schäden aufwändig beseitigen. Auftraggeber war die Stadt Gerolzhofen als Baulastträgerin der Michaelskapelle. Die Restaurierung wird laut Bürgermeister Thorsten Wozniak 3570 Euro kosten. Der Bezirk Unterfranken hat einen Zuschuss von 714 Euro zugesagt, möglicherweise kommen noch Spenden von privater Seite hinzu.

Bei der Untersuchung zeigte sich, dass in einigen Bereichen des Bildes die Malschicht sich von der Leinwand gelöst und sich in handtellergroßen Flächen aufgestellt hatte. Zwischen diesen regelrechten Schollen hatte das Licht vom dahinterliegenden Fenster durch die Leinwand durchgeschimmert und so den Eindruck erzeugt, als hätte das Bild Einschusslöcher und Risse. Die sich hochwölbenden Stellen wurden von den Restauratorinnen in Feinarbeit wieder auf die Leinwand geklebt und mit einem Niederdrucktisch verpresst.

Es zeigte sich auch, so berichtet es Diplom-Restauratorin Jutta Minor, dass das Gemälde bereits dupliert ist. Irgendwann in der Vergangenheit war also zur Stabilisierung der bemalten Leinwand von hinten bereits eine zweite Schicht aufgeklebt worden, die allerdings auch schon sehr brüchig ist. Nach dem Einbau des Bildes in den Holzrahmen des Hochaltars wurde von hinten noch eine spezielle Folie über das Bild gespannt, die künftig Licht und Wärme des Sonnenlichts abhalten soll. Denn dass direkt hinter dem Gemälde sich ein großes Fenster befindet, das Licht in die kleine Sakristei hinter dem Hochaltar bringt, hat sich als ein Grundübel für das Kunstwerk herausgestellt.

Das Bild mit seinen für die Barockzeit typischen dunklen Farbtönen zeigt die armen Seelen im Fegfeuer, über denen der Erzengel Michael – als Patron der Friedhofskapelle sowie Führer und Tröster der Seelen – schwebt. Das Gemälde ist deutlich signiert worden vom Maler Georg Christian Urlaub. Von ihm stammt auch das Bild auf dem linken Seitenaltar der Kapelle mit dem Motiv der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten.

Bei der Restaurierung kam jetzt auch noch ein interessantes Detail ans Tageslicht: Das Gemälde war im Original deutlich höher als heute. Es ist deutlich zu erkennen, dass das Bild mittig zweimal quer durchgeschnitten und der Mittelteil entfernt wurde. Erzengel Michael schwebte ursprünglich weit höher über die armen Seelen als heutzutage, wo er fast von den Flammen des Fegfeuers berührt wird.

In den einschlägigen Seel- und Siechhausrechnungen im Stadtarchiv Gerolzhofen lässt sich dieser Vorgang ganz gut rekonstruieren. Die aus Gerolzhofen gebürtige, wohlhabende, ledig gebliebene „Jungfrau“ Maria Anna Wollenbergerin hatte vermutlich schon im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts ein neues Altarbild für den Hochaltar in der Totenkapelle gestiftet. Wollenberger war mit hoher Wahrscheinlichkeit die Köchin von Pfarrer Johann Georg Heydt und wohnte auch noch nach dessen Tod in Heydts stolzem Privathaus in der Salzstraße (später Anwesen Mattmann). Bereits 1729 hatte sie für das Gerolzhöfer Gotteshaus großzügig gespendet.

Heydts Nachfolger, Pfarrer Johann Georg Linder, gab 1737 den Bau einer neuen Totenkapelle in Auftrag. 1742 wurde für das neue Kirchlein auch ein neuer hölzerner Hochaltar errichtet. Für das Zentrum verwendete man das vorhandenen große Bild des Vorgänger-Hochaltars aus der inzwischen abgerissenen Kapelle, das die Jungfer Wollenberger einige Jahrzehnte zuvor gestiftet hatte. Ein „Mahler zu Kitzing“ erhält den Auftrag, das Bild am hohen Altar „völlig zu ändern und umzumalen“. Dieser Maler war Georg Christian Urlaub, der damals in Kitzingen wohnhaft war. Offenbar war das alte Bild zu groß für den neuen Hochaltar gewesen. Meister Urlaub verkürzte es, indem er es zerschnitt, und übermalte dann manche Partien stark. Und dann setzte er fett seinen Namen drunter. Wer der von Maria Anna Wollenberger beauftragte Künstler des Ausgangsmotivs war, bleibt unbekannt.

 
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