Welch eine Freude, nach über einem Jahr die große Winterhalter-Orgel der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche nicht nur mit Musik für den Gottesdienst, sondern zu einem eigenen Konzert wieder erklingen zu hören! Solist an der Orgel war der aus Stadelschwarzach stammende Kirchenmusiker Matthias Berthel, der aktuell hauptamtlich an St. Ullrich in Unterschleißheim wirkt. Zu dieser lokalen Verbindung gab es eine weitere, denn Kantor Karl-Heinz Sauer verfolgte die Entwicklung des 1978 geborenen Musikers nicht nur, sondern arbeitete quasi daran mit. In den 1990-er Jahren war Berthel bei einem Orgelkurs einer seiner Schüler, wie Sauer in der Einführung verriet.
Die Stadtpfarrkirche war – im Rahmen des Corona-Hygienekonzeptes – voll besetzt. Ein richtiges Konzert, live und in Person, war wohl von vielen schmerzlich vermisst worden. Und wie wunderbar und wohltuend es war, die Orgel in solcher Fülle und voller Energie zu hören. Man konnte förmlich spüren, was einem die letzten langen Monate gefehlt hat: konzertante Musik.
Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge in F-Dur (BWV 540) passten mit ihrer frohen Stimmung und dem ausgedehnten Kanon zu Beginn des Stücks, der sich mehrmals variiert wiederholte, zum ersten Konzert seit gefühlten Äonen. Zudem verstand Matthias Berthel es mit seinem wunderbar kraftvollen Spiel, die Emotionen des Stücks bestens zu vermitteln. Teils verschnörkelt, teils streng und dennoch tänzerisch zugleich erklang es und zeigte den Zuhörern, wie virtuos Barthel die Orgel bei diesem wahrlich nicht einfach zu spielenden Stück beherrschte.
Egal bei welchem Stück, man spürte Berthels Freude am Spielen, hörte seine feinfühlige Interpretation, konnte manche Töne sogar richtiggehend spüren. Wie feierlich Felix Mendelssohn Bartholdys Sonate Nr. 2, op. 65, in c-Moll erklang und die Luft jubilierend so prall erfüllte wie – man verzeihe den Vergleich – sonst wohl nur Aerosole. Ein wuchtiges, gewaltiges Stück, das sich zum Schluss förmlich in den Raum presste, doch Berthels Freude beim Spielen war omnipräsent.
Mit kräftigen, intensiven Schlaglichtern – durchaus herausfordernd – präsentierte sich César Francks Choral Nr. 2 in h-Moll, der bereits einen deutlichen Fingerzeig in Richtung Moderne gab. Zunächst mit Eleganz und leisen Tönen steigerte sich das Stück quasi zur maximalen musikalischen Vehemenz.
In dieser Tradition – dem Verbinden von leichter Eleganz und massiger Schwere – standen auch Flor Peeters (1903-1986) Toccata, Fuge und Hymne über "Ave Maris stella", op. 28. Hier ganz in der Moderne angekommen, zeigte sich das Stück unter Berthels Händen geradezu spritzig. Ein schönes Klangstück, das im Gegensatz zu beispielsweise Bach musikalisch gerade die Dissonanzen statt der Harmonien sucht, jedoch sehr rund erscholl mit seinen Kontrapunkten. Ein sehr erfüllendes Stück, offenbar auch für den hier sehr geforderten Organisten. Das restlos begeisterte Publikum erklatschte sich vom glücklichen und ebenso begeisterten Matthias Berthel eine kompositorisch und spielerisch wunderhübsche Zugabe.