In den ersten Novembertagen des Jahres 1918 führten der Arbeiteraufstand und die Meuterei von Marinesoldaten in Kiel und Wilhelmshaven zur Abdankung des deutschen Kaisers Wilhelm II.. Dadurch wurde für Deutschland ein Waffenstillstand mit den Alliierten möglich, der den Ersten Weltkrieg beendete. Am Mittwoch, 7. November, informiert Daniela Harbeck-Barthel bei einer Veranstaltung der Kulturbühne e.V. im Vortrag mit dem Titel "Zerfall oder Neubeginn" über das Kriegsende in den Dörfern der Gemeinde Schonungen.
Daniela Harbeck-Barthel war maßgeblich an der Konzeption der Ausstellung "Heimatfront und Schützengraben" beteiligt, die der Heimatkundliche Arbeitskreis Schonungen vor vier Jahren präsentierte. Unter Mitwirkung eines Teams von Historikern und geschichtsbewusster Ortsbewohner wurden die Erlebnisse von rund 1100 eingezogenen Soldaten in den Schützengräben und der Bevölkerung in der Heimat aufgezeichnet. Die Referentin des Abends bedauert, dass es nur wenige Lokalstudien in Franken zum Ersten Weltkrieg gibt. "Aber die Leute interessiert mehr, was der Ururgroßvater und der Urgroßvater in diesem Krieg erlebt hat".
Zum 100. Jahrestag des Kriegsendes greift die Historikerin Daniela Harbeck-Barthel, die die Schriftleitung des Begleitbuchs zur Ausstellung innehatte, die Ergebnisse des Forschungsteams in einem Vortrag noch einmal unter dem Blickwinkel der Situation Ende 1918 auf. "Wie wurden die zurückkehrenden Soldaten als Verlierer, die oftmals verletzt und traumatisiert waren, aufgenommen". Dies wird ein Aspekt im Vortrag sein. Bauern konnten zurück auf ihre Höfe, aber Besitzlose drängten nun auf den Arbeitsmarkt. "Dabei ergibt sich oft bei den Recherchen in vielen Punkten, auch zum Beispiel zur Rezeption der mit dem Kriegsende einhergehenden Revolution, zu den neun Ortsteilen der Gemeinde eine Differenzierung nach stadtnahen und weiter von der Stadt entfernt liegenden, noch mehr bäuerlich ausgerichteten Dörfern", berichtet Daniela Harbeck-Barthel.
Weiterer Schwerpunkt wird im Vortrag die Versorgungslage in den Dörfern sein. Die Kriegsanleihen schöpften die Ersparnisse der Bevölkerung ab. Die Situation der Familien zuhause war verändert. Es wurden in den Kriegsjahren weniger Eheschließungen vorgenommen und weniger Kinder geboren. Die Trauerbewältigung betraf fast alle Familien, denn es war von den am Krieg teilnehmenden Soldaten etwa ein Fünftel gefallen. Die Gedenkkultur für die Gefallenen, manifestiert in "Kriegerdenkmälern", wird in ihrer Veränderung bis heute von der Referentin aufgezeigt. "Ich halte es für dringend geboten, neue Formen der Erinnerungskultur an diese Ereignisse zu überlegen", meint Daniela Harbeck-Barthel mit Blick auf eine Friedenserziehung nachfolgender Generationen.
Das Ende des Kaiserreichs und die Errichtung einer parlamentarischen Demokratie brachten tiefgreifende Veränderungen im gesellschaftlichen Leben. Der Kirche wurde die Schulaufsicht entzogen und die Frauen, die in den Kriegsjahren "ihren Mann" gestanden hatten, erhielten das Wahlrecht. Das öffentliche Leben belebte sich durch Parteien und Vereine. Kriegervereine, Burschenvereine und vor allem auch Sportvereine nahmen ihren Aufschwung.
Da die Zeit von 1918 bis 1939 von Historikern oft auch als "Zwischenkriegszeit", also gar keine eigentliche Friedenszeit, angesehen wird, werden in den Dörfern aufkeimende extremistische Kräfte im Vortrag nicht ausgeklammert.
Termin: Mittwoch, 7. November, 19 Uhr Alte Kirche Schonungen, Wenkheimgasse 2