Gründer brauchen Biss, Durchhaltevermögen und man sollte als Existenzgründer auch offen für neue Entwicklungen sein. Und natürlich ein Produkt kreieren, das besonders ist, ein sogenanntes Alleinstellungsmerkmal. Eva Glöckner kann hier punkten: Die gebürtige Schonungerin hat vor zwei Jahren ihr eigenes Label „MainDirndl“ gegründet, unter dem sie in ihrem Atelier in der Mainleite in Mainberg ausgefallene Trachten mit besonderen Details wie Lederschürzen designt, selbst fertigt und verkauft.
Neuer Showroom
Aufwändig gestaltet sind die Dirndl, die in der ehemaligen Amtskellerei, dem historischen Gebäude an der Bundesstraße 26, im neuen Showroom ausgestellt sind: Materialvielfalt von Seide bis Leder und von Bouclé bis Samt, prächtige Borten, Mieder aus bunten, blumigen Trachtentüchern oder mit ausgefallenen Motiven, bestickt und bedruckt, etwa mit dem Bild eines historischen Trachtenumzugs. Oder mit einer Schürze aus Hirschleder in seiner natürlichen Form, in der die erste Strophe des Frankenlieds „Wohlauf, die Luft geht frisch und rein“ eingebrannt ist.
„Der Kunde kann bei mir auch sein individuelles Kleidungsstück zusammenstellen und es wird maßgeschneidert“, erklärt Eva Glöckner. Unübersehbar ist ihr Faible für Leder, etwa als Einsatz im Mieder aus changierendem Lachs-Leder oder als Ziegenleder-Schürze mit Straußenprägung. „Leder ist ein wunderbares Material“, schwärmt die Designerin, „da kann man süchtig werden“
Daher veredelt sie auf Wunsch auch Lederhosen, bemalt sie oder versieht sie durch raffinierte Brenntechnik mit Wunschmotiven oder Texten. Auf dem „Kreativtisch“ ihres Ateliers liegt etwa der Entwurf eines fränkischen Rechens mit Bocksbeutel oder auch das Schonunger Wappen.
Dass so viel Individualität und Handarbeit seinen Preis hat, versteht sich von selbst. „Zwischen 600 und 1500 Euro kosten die Dirndl“, erklärt Eva Glöckner. Ihre Zielgruppe sind angesichts des schon länger anhaltenden Trachten-Trends Frauen, die eventuell schon ein oder mehrere Dirndl besitzen und etwas Besonderes suchen. Aber auch jüngere Kundinnen: für spezielle Feste oder gar die Hochzeit.
Tracht in der Familie verwurzelt
Dem Wagnis, sich mit aufwändiger Trachtenmode selbstständig zu machen, blickt die 34-Jährige fest ins Auge. Sie gibt sich wohlüberlegt, sie weiß, was sie kann. Weil sie selbst schon als Kind Dirndl getragen hat, ihr Vater und Großvater bei den Hambacher Volkssängern dabei waren und sie auch als Planmädle in Schonungen mittanzte, ist ihr diese Art der Kleidung ganz nah.
Das Handwerkszeug lernte sie nach dem Abitur in ihrer Ausbildung zur Bekleidungstechnischen Assistentin und Modeschneiderin. Praktika bei S.Oliver und in einem spanischen Modeatelier schlossen sich an, schließlich ein Modedesign-Studium in Mönchengladbach. Als Stylistin arbeitete sie anschließend sieben Jahre beim Fernsehsender RTL, wo sie Stars und Sternchen, Werbeshootings und Videodrehs begleitete.
Aus Liebe zurück in die Heimat
Der Wunsch, etwas Eigenes zu entwickeln, war reif. Außerdem zog sie die Liebe zur Heimat, zur Familie und ihrem jetzigen Verlobten zurück nach Schonungen. Im Januar 2015 gründete sie ihr Label „MainDirndl“, das sie sich über einen Anwalt schützen ließ.
„Ich habe Gründerseminare besucht und einen Businessplan erstellt, der auch geprüft wird“, denkt die Gründerin zurück. Zwar sei dieser nicht in Stein gemeißelt, aber wichtig für einen Überblick über nötige Ausgaben und Einnahmen und künftige Entwicklungen. Und für Fördermittel unabdingbar oder für einen Kredit über die staatliche Förderbank KfW. Den musste sie nicht in Anspruch nehmen, weil Familie und Freunde ihren Start unterstützten. Beratung durch die Handwerkskammer hat sie als Gründerin kostenfrei erhalten. „Das war wichtig, denn ich brauche eine Handwerkskarte“, hat Eva Glöckner dabei erfahren.
Testphase ist zu empfehlen
„Ich empfehle jedem eine Testphase, ob er mit der Selbstständigkeit auch zurechtkommt“, unterstreicht die Designerin. Gerade in der Aufbauphase sei es „ein hartes Brot, einen Acht-Stunden-Tag gibt's da nicht!“ Und: Wichtig sei, dass Familie oder Partner dahinterstehen.
Klar müsse bei einer Neugründung auch sein, wie man sich bekannt mache. Eva Glöckner organisierte gleich zu Anfang eine professionelle Homepage im Internet, bedient die sozialen Medien von Facebook über Instagram bis Youtube, besucht einschlägige Trachtenmessen, veranstaltet Modenschauen oder stattet regionale und überregionale Persönlichkeiten aus.
Dass sie als zweites Standbein noch als freie Stylistin arbeitete, hat ihr finanziell geholfen. „Ich hätte allein durch die Tracht nicht leben können“. Das erste halbe Jahr hat sie im Arbeitszimmer ihrer Wohnung nur designt und genäht, im August 2015 ist sie dann auf den Markt gegangen.
Näherinstelle geplant
Jetzt, nach zwei Jahren, hat sie nach einigen Erfolgen und größeren Umsätzen entschieden, sich räumlich zu vergrößern. In der ehemaligen Amtskellerei, wo sie auch zur Miete wohnt, hat sie ein Atelier eröffnet, um ihre Kunden in repräsentativen Räumen zu bedienen, um effektiver arbeiten zu können und um eventuell eine Näherin einstellen zu können. „Ich bin ja eine One-Woman-Firma, ich mache alles selbst: Einkauf, Verkauf, Marketing, Design, Fertigung“, zählt Eva Glöckner auf. „Mehr geht einfach nicht“.
Sich wirtschaftlicher aufstellen, eventuell einfache Modelle auch in eine Produktion geben, das sind ihre Zukunftsgedanken. Dazu gehört auch, den Online-Vertrieb besser auszuschöpfen. „Als Gründer braucht man auf jeden Fall einen langen Atem“, weiß sie. Und den hat sie. Was sie dabei stärkt: „Ich beschäftige mich jeden Tag mit dem, was ich liebe“.
Eva Glöckner
MainDirndl