
Baurechtlich ist alles in Ordnung. Dennoch tat sich am Montag im Stadtrat das große Dilemma auf, das Innenstadtverdichtung und Innenstadtentwicklung mit sich bringen. In der jüngsten Sitzung lag ein Bauantrag des Investors Schweinfurter Immobilien Management & Bau GmbH & Co. KG (IMB) mit den Geschäftsführern Jan Janousek und dem Geldersheimer Bauunternehmer Peter Kruppa auf dem Ratstisch, der auf dem Grundstück der ehemaligen Tankstelle Thomas an der Schallfelder Straße 18 Wohnungen errichten will.
Es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Nachbarn ihre Zustimmung verweigern, weil ihnen der massive, dreistöckige Bau die Aussicht versperre und das Licht nehme. Das Dilemma definiert sich wie folgt: Einerseits soll der Stadtrat nachzuvollziehende Bürgerinteressen berücksichtigen, andererseits müsste er froh sein über solche Bauvorhaben, denn in Gerolzhofen wird neuer Wohnraum dringend benötigt.
Hauchdünn mit 11:10 Stimmen votierte der Rat für den Bauantrag. Befürworter und Gegner waren quer durch die Fraktionen verteilt. An dem Beispiel ist ein grundsätzliches Problem der Innenstadtverdichtung zu erkennen. Investoren wollen aus Renditegründen möglichst viel Wohnraum auf möglichst geringer Fläche unterbringen. Die Art der Bebauung in der Umgebung und die Nachbarn sind dabei oft nachrangig. Ein erster Bauherr hatte auf dem Gelände zwölf Wohnungen geplant und ist dann abgesprungen. Sein Nachfolger will nun sechs Wohnungen mehr in zwei modernen, aneinander gebauten Häusern schaffen, eins mit sieben, das andere mit elf Wohnungen.
Stadt soll Unterschriften einholen
Die Zustimmung der Nachbarn soll nun die Stadt einholen. Das kommt nicht oft vor, denn normalerweise erledigen das die Antragsteller selbst. Im Baugenehmigungsverfahren ist eine Übertragung dieser Aufgabe an die Kommune allerdings möglich, wenn der Bauwerber das wünscht, sagte Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann auf eine Frage von Zweitem Bürgermeister Erich Servatius (SPD). Hoffmann: Der Bauwerber sei zunächst selbst herumgelaufen, um die Unterschriften einzusammeln, offensichtlich ohne Erfolg.
"18 Wohnungen sind super, aber wie soll man sich dieses Riesengebäude vorstellen", formulierte Hubert Zink (Freie Wähler) den Zwiespalt, dem er sich ausgesetzt fühlt. Er kündigte eine Ablehnung des Antrags an. Heinz Lorz (Bürger für Gerolzhofen) stellte einen Geschäftsordnungsantrag auf Vertagung des Themas. Der Bauauschuss sollte sich das Projekt anschauen und mit den Nachbarn reden. Der Antrag wurde mit 9:12 Stimmen abgelehnt. Dritter Bürgermeister Markus Reuß (CSU) dazu: Der Bauauschuss sei nur ein Teil des Stadtrats. Über eine so wichtige Frage sollte aber der ganze Stadtrat entscheiden. Lorz verbittert: "Wegen eines zu hohen Zauns gehen wir vor Ort und bei solchen Projekten passiert nichts." Alfred Hügelschäfer (CSU) berichtete von Geh- und Wegerechten auf dem Grundstück. Das sei nicht Gegenstand von Baubeschlüssen, erklärte der geschäftsführende Beamte Johannes Lang.
Parkende Autos als Bremse
Christine Dittmeier (CSU) befürchtet, dass die 18 ausgewiesenen Parkplätze auf dem Grundstück viel zu wenig sind. Dann werde wie weiter südlich am Ärztezentrum auf der Schallfelder Straße geparkt. Nach der Stellplatzverordnung reiche eine Stellfläche pro Wohnung aus, informierte Bürger Thorsten Wozniak (CSU). Dritter Bürgermeister Markus Reuß ergänzte, parkende Autos an dieser Stelle seien gar nicht so schlecht, denn sie wirken wie eine Bremse an einer Stelle, auf der oft zu schnell gefahren werde.
Die frühere Planung mit zwölf Wohnungen sei angemessener gewesen, meinte auch Thomas Vizl (Geo-net), sonst ein Verfechter der Innenstadtverdichtung. Der Bauwerber sollte etwas mehr auf die Nachbarn zugehen. "Wir wollen Verdichtung, das führt dann zu dem, was wir jetzt haben", meinte Arnulf Koch (CSU). Er befürchtet, dass der vorliegende Antrag kein Einzelfall bleiben wird. Auch bei Neubauten in der Innenstadt werde Fläche versiegelt. Die Alternative wäre dann, gar nicht mehr zu bauen, spielte Koch auf die Diskussion beim Bürgerbegehren gegen das Baugebiet Nützelbach II an.
Birgid Röder (Geo-net) war der Ansicht, Wohnraum müsse nicht unter allen Umständen geschaffen werden. Durch das Bauvorhaben befürchtet sie "böses Blut" an der Schallfelder Straße. Von der Dimensionierung beispielhaft sei der Neubau der Wohnungsbaugenossenschaft Gerolzhofen nur wenige Meter entfernt an der Ecke Schallfelder Straße/Steigerwaldstraße.
Verständnis für die Nachbarn
Für Harmonie warb auch Erich Servatius. Ein solches Haus müsse von der Nachbarschaft akzeptiert sein. Das Miteinander sei ein wichtiges Kriterium. Auch Rainer Krapf (Freie Wähler) zeigte Verständnis für die Nachbarn. "Entscheidend ist ein Investor, der mit sich reden lässt." Allerdings sei das Baurecht eingehalten. Alle Baugrenzen werden berücksichtigt. Genau deswegen werde das Landratsamt dem Bauvorhaben auch zustimmen, selbst wenn der Stadtrat ablehnt, meinte Markus Reuß.
Schließlich scheiterte Thomas Vizl mit seinem Antrag, das Thema zu vertagen und die Verwaltung zu beauftragen, mit dem Bauherrn zu reden (Ergebnis 9:12), so dass es zur finalen Abstimmung kam.
Keine Bedenken hatte der Stadtrat gegen den Antrag auf Abriss der ehemaligen Tankstelle mit Überdachung und Waschstraße.