Die Schweinfurter Ballett-Liebhaber hatten beim Gastspiel des Bayerischen Junior Balletts für ein ausverkauftes (Gemeinde-) Haus gesorgt. Eine gute Entscheidung: Wie schon 2018 eroberten die 14 Tänzerinnen und Tänzer der Company mit jugendlichem Enthusiasmus und tänzerischem Können schnell die Herzen des Publikums. Das zeigte seine Begeisterung mit großem Beifall und Bravorufen nach jeder der fünf vorgestellten Choreografien. So entstand das beglückende Gefühl eines ganz besonderen Theaterabends, der verzauberte.
Schon "Allegro Brillante" von George Balanchine zeigt die solide Technik und das tänzerische Gestaltungsvermögen der fünf Paare. Denn der 1. Satz aus Tschaikowskis Klavierkonzert Nr. 3 gibt nicht nur ein schnelles Tempo vor, er stellt die Tänzerinnen und Tänzer durch Stimmungskontraste vor große Herausforderungen. In ihren pastellfarbenen Trikots scheinen die Paare über die Bühne zu schweben. Luftig – beschwingt - unbeschwert. Doch hinter dieser scheinbaren Leichtigkeit steckt hartes Training, denn die Choreografie verlangt Pirouetten, Sprünge, Pas de deux und Hebungen in großer Geschwindigkeit. Das Ergebnis ist ein Rausch ästhetischer Bewegungsabläufe, ein Stück geballter Lebensfreude.
Berührende Bilder
Choreograf Maged Mohamed hat sich für sein Stück "Stimmenstrahl-Trio" von der Heiligen Dreifaltigkeit inspirieren lassen. Eine Tänzerin und zwei Tänzer werden von einem elektronischen Beat und Geräuschcollagen umhüllt. Mit weit ausholenden Sprüngen und fast Beifall heischenden Bewegungen umkreisen die Männer die Frau – eine übliche Dreiecksgeschichte? Nicht ganz, denn der Beat mündet plötzlich in einen strahlenden a cappella - Gesang ("Jungfrau, Gottesmutter, freue dich") aus Sergej Rachmaninows "Oster-Vesper". In einander verwobenen Hebefiguren im Spotlight bilden die drei jetzt eine Einheit – die Dreieinigkeit - kreieren berührende und ästhetische Bilder.
Mit der tänzerischen Satire "Ballett 102" von Eric Gauthier zaubern Maxine Morales und Luca Massara Schmunzeln und Lachen ins Publikum. Aus einem Lautsprecher wird verkündet, dass jetzt die 102 Positionen eines Pas de deux vorgeführt werden – die Zahl ist eine reine Erfindung Gauthiers. Und mit Präzision und oft clowneskem Können zeigen die beiden Solisten im Sekundentakt wirklich 102 Nonsens-Positionen.
Ein Werk voller Eleganz und Raffinesse ist das folgende "Un Ballo" von Jiri Kylian mit der Musik von Maurice Ravel. Beeinflusst wurde der Choreograf von Ravels persönlichen Widmungen: "Jeder Satz des ‚Tombeau de Couperin’ ist einem der im ersten Weltkrieg gefallenen Menschen gewidmet, während ‚Pavane pour une infante defunte’ einer jung verstorbenen Prinzessin der spanischen Königsfamilie gedenkt". Auf drei unterschiedliche Pas de deux – verspielt bis leidenschaftlich – folgt ein Abschnitt für vier Paare: Jetzt mit erstarrten Mienen, Gesten der Verzweiflung. Kylian: "Obwohl das Stück für junge Tänzer kreiert wurde, ist das Thema der Vergänglichkeit und des Ablebens konstant vorhanden".
Mal melancholisch, mal unbeschwert
Das abschließende Werk "Liebesbotschaften" basiert musikalisch auf Liedern von Franz Schubert. Hier sind Ivan Liska, künstlerischer Leiter der Company, Norbert Graf und Maged Mohamed für die Choreografie verantwortlich. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer gestalten die Lieder nach ihren Inhalten: Mal melancholisch, mal unbeschwert, mal nachdenklich – immer jedoch sind es anrührende Momentaufnahmen einer Liebe.
Ballettdirektor Ivan Liska war mit seiner jungen Truppe nach Schweinfurt gekommen, übernahm die Conférence, übte dann mit dem Publikum die ersten klassischen Positionen der Arme. Na, ja. Zum Schluss des Abends gab es nur strahlende Gesichter: Die jungen Tänzerinnen und Tänzer genossen sichtlich den stürmischen Applaus mit stehenden Ovationen, Intendant Christof Wahlefeld freute sich über ein volles Haus und die begeisterten Zuschauer sowieso.