Seit 20 Jahren leistet die Sömmersdorfer Rumänienhilfe praktische Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe für die Menschen in den rumänischen Karpaten. Dass dieses Engagement mehr denn je gebraucht wird, verdeutlichten Vertreter der rumänischen Caritas bei ihrem Besuch bei Elisabeth Seemann. Diese hatte 1995 mit ihrem verstorbenen Mann Robert die Sömmersdorfer Hilfe gegründet.
Dabei arbeitet die heute 75-Jährige eng mit dem Bibergauer Elmar Karl zusammen, der seit 25 Jahren vom Dettelbacher Ortsteil aus jedes Jahr etliche Großtransporter voller gesammelter Hilfsgüter auf die 1800 Kilometer lange Reise schickt. 730 Laster mit Anhänger erreichten seither das Zentrallager der rumänischen Agro-Caritas in Gheorgheni in den Ostkarpaten, berichten die beiden dortigen Caritas-Mitarbeiter László Fodor und Edit Günther. Von dort aus werden die Hilfsgüter verteilt: an Familien, Kinderheime, Altenheime, Pflegestationen oder Schulen.
„Die Not und die Probleme sind nicht kleiner geworden, seit Rumänien in die EU eingetreten ist“, blickt László Kastal zurück. Die sozialen Probleme hätten sich seit 2007 gar noch verstärkt, die Kluft zwischen Arm und Reich werde größer, es fehle die Mittelschicht. Noch dazu leiste die rumänische Regierung keinen Beitrag zur Linderung der Not. Familienprobleme, oft begründet durch Alkoholmissbrauch, seien am augenfälligsten.
Kastal leitet das Caritas-Bildungshaus St. Benedikt in Gheorgheni, das junge Leute für die Land- und Hauswirtschaft ausbildet und ihnen über den Bayerischen und den Schweizer Bauernverband halbjährige Praktika im Ausland ermöglicht. „Das ist nicht nur für ihre landwirtschaftliche Ausbildung wichtig“, weiß er, „sie lernen eine andere Arbeitsmoral, eine andere Mentalität kennen“. Wer klug sei, werde von dieser Erfahrung profitieren. Allein 2014 besuchten 120 Schüler sein Bildungshaus.
Über die Rumänienhilfe von Elmar Karl und den Seemanns in Sömmersdorf wurde auch der Unterhalt des Bildungshauses unterstützt, sowie die Lebenshaltungskosten für die ehrenamtlich arbeitenden Lehrer, meist Ruheständler aus Deutschland, die sich freiwillig engagieren. Kastal dankte bei dieser Gelegenheit ausdrücklich seinen Spendern.
Die Hilfsbereitschaft sei groß, aber auch nötig, konstatiert auch Edit Günther. In diesem Jahr seien schon im Januar die ersten beiden Lastwagen der Rumänienhilfe nach Gheorgheni gekommen, normalerweise würden sie erst im April das Zentrallager erreichen. „Allein unsere Frühjahrssammlung brachte zweieinhalb volle Lkw“, sagt Elisabeth Seemann. Aus Altersgründen kann sie die Aktion nicht mehr stemmen und hat im Schraudenbacher Ehepaar Cilli und Alfred Wetterich tatkräftige Unterstützer gefunden.
Dass die Verteilung der Hilfsgüter strukturiert und gezielt erfolgt, verdeutlicht Edit Günther. „Private und kirchliche Organisationen und Stiftungen organisieren die Hilfe bei uns“, unterstreicht László Kastal. „Im zentralistischen Staatssystem läuft nichts, das ist unkontrollierbar“, zeigt er seine Enttäuschung.
Die Realität in seinem Heimatland beschreibt er so, dass es aufgrund des EU-Beitritts zwar alles zu kaufen gäbe. Aber vieles sei teurer als in Deutschland, zum Beispiel Benzin. Und viele Menschen hätten kein Geld. Daher sei Selbstversorgung über eine Landwirtschaft auch nötig.
„Es gibt Ortschaften in Rumänien, in denen es im Sommer keine Männer und kaum Frauen gibt“, erzählt er, weil diese in halb Europa als Saisonarbeiter Geld verdienen. Die Kinder blieben dann alleine bei den Großeltern.
Als ganz schwierig beschreibt er auch den Versuch der Caritas, die Bevölkerungsgruppe der Roma zu integrieren. „Da gibt es viele Programme und Ausbildungsmöglichkeiten.“ Aber die Roma ließen sich nicht integrieren. Sie seien eben „ein freiheitsliebendes Volk“.
Weshalb er dennoch nicht aufgibt? „Man kann diese Arbeit nicht ohne Herz machen“, sagt Kastal. Das sei wie eine Spirale, die sich immer weiter nach oben drehe. „Da kann man nicht aussteigen.“ Hier pflichtet ihm Elisabeth Seemann bei: „Das kenne ich“, lächelt sie und verweist auf einige gesammelte Fahrräder, die schon wieder in ihrer Garage stünden. „Das geht immer weiter“.