zurück
SCHWEINFURT
Cybercrime, Stalking und Gewalt
Mit aktuellem Diebesgut auch aus Internetbestellungen: Stellvertretend für die 24-köpfige Ermittlungsgruppe (von links) Leiter Joachim Wolf, Carolina Heimgärtner und Karsten Weiß.
Foto: Hannes Helferich | Mit aktuellem Diebesgut auch aus Internetbestellungen: Stellvertretend für die 24-köpfige Ermittlungsgruppe (von links) Leiter Joachim Wolf, Carolina Heimgärtner und Karsten Weiß.
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 16.11.2015 15:48 Uhr

Diebstähle in allen Facetten, Untreue, Unterschlagung, Einbrüche, Ausländerkriminalität, Verstöße gegen die Betäubungsmittelgesetze, Stalking, häusliche Gewalt, Urkundenfälschung und Betrug. Mit der ganzen Straftatenpalette müssen sich die 22 Herren und zwei Damen der Ermittlungsgruppe der Schweinfurter Polizeiinspektion täglich beschäftigen, wobei Betrug der dickste Brocken ist. Sein Anteil lag 2012 bei immerhin 41 Prozent, Tendenz steigend, sagt Leiter Joachim Wolf.

Der Grund liegt an der stetig wachsenden Computer- und Internetkriminalität, bekannt auch unter dem Begriff Cybercrime, also Straftaten, bei denen das Internet als Tatwerkzeug eingesetzt wird. Beispielsweise Phishing: Der Computerbetrüger klinkt sich bei einer Online-Überweisung ein, im Computer des Opfers hat er vorher einen „Echtzeit-Trojaner“ installiert. Der Gauner erkennt über das Spionageprogramm die für die Überweisung automatisch vergebene „TAN“ (Transaktionsnummer), verändert aber Betrag und Empfängerkonto. Der Betrogene fällt erst beim Studium des nächsten Kontoauszugs aus allen Wolken.

Oder die Benachrichtigung über eine angeblich erfolgreiche Teilnahme an einem Gewinnspiel via Email. Man müsse lediglich noch eine Summe X überweisen, dann sprudelt der 5000-Euro-Gewinn. Es sprudelt natürlich gar nichts. Der Email-Adressat sollte gar nicht reagieren, sich aber an die Polizei wenden, rät Wolf. Weil „diese Täter meist im Ausland sitzen, macht das die Arbeit der Ermittler so schwer“, räumt der Polizeihauptkommissar allerdings ein.

Prävention und Training

Gleichwohl: Die Polizei schläft nicht, macht sich fit. Als das Gespräch geführt wurde, befanden sich gleich vier Ermittler auf einer Cybercrime-Fortbildung. Außerdem setzt die Ermittlungsgruppe stark auf die Präventionsarbeit. „Prävention im Team“ ist ein solches Projekt mit Schulen. Das jeweilige Thema wird im Unterricht behandelt, dann erscheinen die Beamten der Ermittlergruppe, vertiefen das Ganze, geben Tipps und Warnungen.

„Vorbeugen ist eine gute Geschichte“, sagt Carolina Heimgärtner. Ihr Kerngeschäft ist die häusliche Gewalt und Stalking. Seit 2001 sind diese Straftaten nicht mehr nur bei der Kripo, sondern auch bei jeder Inspektion angesiedelt.

Egal, um welches Delikt oder welchen Verstoß es sich handelt: Tatortarbeit ist für die Ermittler „die Regel“ und wegen der Spurensicherung auch obligat. Die Beamten sind es später ja auch, die am Gericht als Zeugen gehört werden, und da spielt für eine Verurteilung des Angeklagten neben dem Detailwissen auch der Tatort eine oft entscheidende Rolle. „Das erste Bild sagt viel“, sagt Heimgärtner und nennt als Beispiel aus ihrem Bereich den mutmaßlichen Schläger, der sich vielleicht schon das Blut aus dem Gesicht gewischt hat oder eben noch nicht.

Die Ermittler aller Genres haben sich ein enges Netzwerk zu anderen Behörden und Organisationen aufgebaut, etwa zum Frauenhaus, zum Jugendamt, allen relevanten Einrichtungen.

Carsten Weiß gehört der so genannten „Arbeitsgruppe Straße“ an. Auch der Polizeioberkommissar ist viel unterwegs: Straßen-, Drogen- und Beschaffungskriminalität bekämpft man nicht vom warmen Büro aus. Weiß kennt die Treffpunkte, viele seiner Klientel. Aber auch der Beamte ist in der Szene bekannt. „Das ist ein Räuber- und Gendarmspiel“, sagt er.

Vier Beamte gehören der Arbeitsgruppe Straße an, „sie wissen mit den Leuten umzugehen, das sind verantwortungsbewusste Kollegen“, bricht Polizeirat Michael Libionka eine Lanze für dieses Team der Ermittlergruppe. Gefahrenmomente? Weiß antwortete sofort: „Ja klar“. Aber auch „die haben vor uns einen Riesenrespekt“. Sein – im wahrsten Sinne des Wortes – zweites Spielfeld sind die Sportfans, zuvorderst die des FC 05 und des ERV, die sich auch auswärts nicht immer so aufführen, wie man sich das wünscht. „Sie sind leider bekannt in Bayern“, sagt Weiß, der im Fachjargon der Polizei den Titel „szenekundiger Beamter“ (SKB) trägt. Bei nahezu jedem Auswärtsspiel ist Weiß dabei. Der Einsatzleiter der Polizei aus Sonthofen oder Bamberg kenne die bösen Buben unter den Schnüdel-Fans ja nicht. Weiß kennt sie und sieht sein Wirken auch als Präventionsmaßnahme.

Zum Schluss gibt es noch einen Dank und einen Appell vom Chef der Ermittlergruppe. Dank an die Zeitung, deren Veröffentlichungen insbesondere bei der Suche nach Zeugen „enorm wichtig sind“. Joachim Wolfs Appell richtet sich zudem an die Bürger, Auffälligkeiten oder Verdächtiges zu melden. Lieber mal eine Fehlmeldung zu viel und „keine Angst“, der Bürger könne sich „bei uns bedenkenlos melden“. „Wir sind 24 Stunden da“, ergänzt Carolina Heimgärtner.

Menschen bei der Polizei

„Hinweise bitte an die Polizei unter Tel. 2020“. So steht es nahezu täglich in der Zeitung, wenn Zeugen für eine Straftat oder einen Verkehrsunfall gesucht werden. Diese Menschen, die bei der Polizei arbeiten, stellen wir in einer Serie vor. Heute geht es um die Arbeit des Spezialistenteams der Ermittlungsgruppe. Das Arbeitsfeld der 22 Beamten und zwei Beamtinnen ist nebenan beschrieben. Ein Schwerpunkt ist mehr und mehr der Kampf gegen die Internetkriminalität.

Im Zug der Polizeireform 2006 ist die Polizeidirektion aufgelöst worden. Das für Schweinfurt zuständige Präsidium hat – wie die für Unterfranken zuständige Einsatzzentrale – seinen Sitz in Würzburg. Die einst getrennten Inspektionen Stadt und Land sind verschmolzen. Einsatzgebiet für die rund 200 Beschäftigten der neuen Großinspektion sind Schweinfurt, der Landkreis, aber ohne den Raum Gerolzhofen.

Zwei Drittel der rund 7400 Straftaten 2012 konnten aufgeklärt werden. Anlässlich eines Tags der offenen Türen im Ämtergebäude am 15. Juni sind auch Blicke hinter die Polizeikulissen möglich. hh

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ausländerkriminalität
Betrug
Betäubungsmittelgesetz
Diebstahl
Häusliche Gewalt
Internet
Internetkriminalität
Polizei
Stalking
Unterschlagung und Veruntreuung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top