Schon seit sechs Wochen steht das Kreisaltenheim Werneck unter Quarantäne. Es sind keine Besuche möglich, auch an Weihnachten durften die Angehörigen nicht kommen. Sie können nur per Telefon Kontakt mit ihren Lieben aufnehmen.
Edith Keller telefoniert regelmäßig mit ihrer fast 92-jährigen Mutter, die im Kreisaltenheim lebt. Doch das Telefonat ersetze nicht den persönlichen Kontakt. Auch Skypen mit dem Tablet sei keine Alternative. "Meine Mutter versteht das nicht." Edith Keller hatte deshalb große Hoffnung auf die für Anfang Januar anberaumte Impfung der Heimbewohner gesetzt, damit einem Ausbruchsgeschehen wie Anfang Dezember vorgebeugt wird. 51 Personen waren damals bei einer Reihentestung positiv gewesen, 37 der rund 200 Bewohner und 14 Mitarbeiter. Doch der Impftermin für die Einrichtung wurde abgesagt.
Wann wird endlich geimpft? Das möchte Edith Keller nun wissen, denn sie befürchtet, dass die vom Gesundheitsamt angeordnete Quarantäne noch längere Zeit dauern wird und somit weiterhin keine Besuche erlaubt sind. Schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr konnte sie ihre Mutter neun Wochen lang nicht sehen. "Jetzt wiederholt sich das", klagt Edith Keller.
Heimleiterin Simone Falkenstein bestätigt die Absage des Impftermins. Ein neuer Termin stehe noch nicht fest. "Sobald wir diesen wissen, informieren wir die Angehörigen", versichert die Heimleiterin. Sie bedauert die Situation, verweist aber auf das Impfzentrum in Schweinfurt, das die Impfungen in den Einrichtungen koordiniert. "Wir haben darauf keinen Einfluss."
14 Bewohner und vier Mitarbeiter sind aktuell infiziert
Die Situation im Kreisalten- und Pflegeheim Werneck ist nach wie vor angespannt. Obwohl nach Bekanntwerden des Ausbruchgeschehens im Dezember die Bewohner aller Wohnbereiche unter Quarantäne gestellt und Pandemiezonen auch für die Kontaktpersonen der Kategorie I sowie für Bewohner mit für Covid-19 typischen Symptomen eingerichtet wurden, konnte die Infektionswelle nicht gestoppt werden. Nach Angaben des Landratsamtes werden regelmäßig Reihentestungen durchgeführt sowie die Mitarbeiter und Bewohner zusätzlich zweimal wöchentlich individuell getestet. Jedesmal seien bislang neue Corona-Fälle hinzugekommen. Derzeit sind 14 Bewohner und vier Mitarbeiter infiziert.
Warum ist das so? Nach Einschätzung des Gesundheitsamtes Schweinfurt kann es aufgrund der hohen Dichte an Covid-19-positiven Bewohnern im Kreisaltenheim immer wieder zu einzelnen Virusübertragungen kommen. Um die Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu überprüfen, hat die Behörde deshalb ein mobiles Team der Taskforce-Pflege, die "Schnelle Einsatztruppe Pflege" vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, zur Unterstützung vor Ort im Kreisaltenheim angefordert. Es seien keine Mängel festgestellt worden. Seitens der Einrichtung seien alle vom Gesundheitsamt Schweinfurt angeordneten Maßnahmen konsequent umgesetzt worden, teilt das Landratsamt mit.
Für Edith Keller ist die Situation unbefriedigend. Sie möchte endlich wieder ihre Mutter besuchen können. "Alle reden von der Impfung, aber ich habe das Gefühl, die sind überfordert."
In Stadt und Landkreis Schweinfurt wurde bislang in 18 stationären Einrichtungen geimpft. Dabei wurden insgesamt 3021 Impfungen verabreicht, davon 1954 in Pflegeeinrichtungen und 1067 in Krankenhäusern. Die Impfquote in Stadt und Kreis Schweinfurt beträgt damit 1,79 Prozent. Seit 18. Januar erfolgen nun Wiederholungsimpfungen.
Die Auswahl der Einrichtungen, in denen die mobilen Teams des Impfzentrums vorstellig wurden, erfolgte auf Basis der Menge des gelieferten Impfstoffs und der von den Einrichtungen gemeldeten Anzahl an impfbereiten Personen. "Hierbei wurde auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einrichtungen in Stadt und Landkreis Schweinfurt Wert gelegt", teilt die Stadt Schweinfurt mit, in deren Verantwortung das Impfzentrum liegt. Zudem habe man darauf geachtet, nicht in einem Heim zu impfen, wenn dieses aktuell von einem nicht abgrenzbaren Ausbruchsgeschehen betroffen sei.
Genau das ist im Kreisaltenheim Werneck der Fall. Deshalb hat der ärztliche Leiter des Impfzentrums in Abstimmung mit Stadt, Landratsamt und Gesundheitsamt Schweinfurt entschieden, die Einrichtung vom Impfplan zu nehmen. "So wird auf Basis von allgemeinen Hinweisen des Robert-Koch-Instituts generell bei einem größeren, nicht auf einen Wohnbereich beschränkten Ausbruchsgeschehen vorgegangen, unter anderem um das Risiko einer Verschleppung einer Infektion in andere Einrichtungen zu minimieren", informiert die Stadt.
Aufgrund der Impfstoffknappheit kann zum jetzigen Zeitpunkt auch noch kein neuer Impftermin für das Kreisalten- und Pflegeheim Werneck in Aussicht gestellt werden. Das Landratsamt sieht aber "den dringenden Bedarf, die impfbereiten Bewohner und Beschäftigten – sobald dies verlässlich planbar ist und dies das Infektionsgeschehen zulässt – zu impfen". Hierzu würden derzeit vorbereitende Maßnahmen laufen, um in der Pflegeeinrichtung möglichst zeitnah einen Impftermin zu ermöglichen, teilt Pressesprecher Andreas Lösch für das Landratsamt mit.
Angehörige werden bei positivem Test kontaktiert
Heimleiterin Simone Falkenstein kann den Frust bei den Angehörigen verstehen und versichert ihre Gesprächsbereitschaft: "Wer das Bedürfnis hat, kann jederzeit bei uns anrufen." Anfänglich habe die Heimleitung nach jeder Reihentestung alle Angehörigen angerufen, um das Testergebnis mitzuteilen. "Das können wir einfach nicht mehr stemmen." Inzwischen sei man deshalb dazu übergangen, nur noch bei einem positiven Test die Angehörigen zu kontaktieren. "Wenn wir uns nicht melden, ist alles in Ordnung."
Solange neue Covid-Infektionen auftreten, wird die Quarantäne andauern. Zur Sterbebegleitung bekommen Angehörige aber jederzeit Einlass im Kreisaltenheim. Seit Beginn der zweiten Welle im Dezember gab es 20 Todesfälle im Haus. "Das ist sehr belastend für das Personal." Es sind aber auch 47 teils schwer erkrankte Bewohner wieder genesen. "Für uns ist das ein Lichtblick."