Die Kulturbühnen stehen bereit. Die Kulturschaffenden scharren mit den Hufen. Doch die Lichter bleiben seit Ende November weitgehend wieder aus. "Es herrscht ein Riesenfrust – bei Künstlern und Veranstaltern", berichtet Jürgen Dahlke, Geschäftsführer der Disharmonie. Die Schweinfurter Kulturwerkstatt sagte alle Veranstaltungen im Dezember ab.
Die seit 24. November geltenden Vorgaben der bayerischen Infektionsmaßnahmenverordnung kommt einem "Kultur-Lockdown" gleich. 2G-Plus und eine maximale Auslastung von nur 25 Prozent der Gesamtkapazität, lassen einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zu. Im Falle der Disharmonie dürften nur 18 bis 20 Besucher pro Veranstaltung kommen.
Viele der Dezember-Veranstaltungen, wie die geplanten mit den Kabarettisten Wolfgang Buck und Mathias Tretter oder der Wiesbadener Jazzband "Hotel Bossa Nova", wären bei voller Auslastung ausverkauft gewesen. Im Oktober und November wurden die Abende unter Berücksichtigung von 2G (und ohne Masken) gut vom Publikum angenommen, findet Dahlke. "Das war eine gute Lösung."
Die derzeitige Lage beschreibt er als eine Katastrophe, denn "wir planen immer ein halbes Jahr voraus – und sagen dann immer, je nach dem, welche Richtlinien kommen, wieder ab. Das Spielchen machen wir seit März 2020 mit." Der Frust sitzt verdammt tief, betont Dahlke nochmals, weil man nach 20 Monaten Pandemie immer noch nicht wüsste, wie es mit der Kultur weitergeht.
Die Stimmungslage im Schweinfurter Stattbahnhof
Ähnlich ist die Stimmungslage im Schweinfurter Stattbahnhof. Auch dort sah man sich gezwungen, sämtliche Veranstaltungen für den Dezember abzusagen. Die geringe Auslastung und die feste Platzzuweisung, wäre für die typischen "Statti"-Konzerte einfach nicht authentisch und auch kaum praktikabel. Das sanfte Lüftchen des Neustarts ist im Stattbahnhof schnell wieder verflogen. Zwei Konzerte konnten im Oktober und November insgesamt durchgeführt werden.
Durch die strengeren Kontrollen bei 3G und 2G-Plus brauchte es dabei auch einiges mehr an Personal als üblich. Problematisch war zudem auch die Kurzfristigkeit des zwischenzeitlichen "Neustarts" – bedingt durch die späte Entscheidung der Politik. Das Booking für nationale und internationale Künstler und Bands benötigt einiges an Vorlaufzeit. Derzeit ist man damit beschäftigt, für den Januar gebuchte Acts zu verlegen, verrät Thomas "Hue" Hübner vom Stattbahnhof, angesichts der kürzlichen Verlängerung der Verordnungen bis 12. Januar. "Natürlich würden wir gerne wieder Veranstaltungen machen – immer unter dem Aspekt, dass wir uns und auch andere nicht gefährden."
Wenn es weitergeht, möchte der "Statti" auch eine eigene Teststation vor dem Kulturhaus betreiben. Gerüchten, dass der Stattbahnhof jetzt für immer schließt, erteilt Hübner eine klare Absage: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir schwimmen nicht unbedingt im Geld, aber es liegen auch keine riesengroßen Rechnungen herum, die wir noch nicht bezahlt haben. Wenn von staatlicher Seite weiter ein Ausgleich bezahlt wird, bin ich guter Dinge, dass wir das Ganze überleben."
Geöffnet haben derzeit zwar die Schweinfurter Museen, Gäste sind dort aber kaum zu verzeichnen. In allen Museen der Stadt gilt die 2G-Plus Regelung. Also geimpft oder genesen und zusätzlich aktuell getestet. 2G-Plus tue sich kein Mensch für einen Gang ins Museum an, erklärt Dr. Stefan Muffert vom Kunstverein. Sein Blick geht trotzdem nach vorne. Ende Januar findet die nächste Ausstellung des Kunstvereins statt, mit dem Schweinfurter Maler Alexander Höller. Die Vorbereitungen dazu laufen ganz normal an.
Museen müssen sich dem Diktat des Virus beugen
"Wir müssen in der Konzeption der Ausstellung so tun, als gäbe es Corona nicht", so Muffert. "Und uns dann aber dem Diktat des Virus beugen." Notfalls würde man dabei wieder auf "individuelle Besuche" setzen. Eine während Corona erprobte Praxis im Kunstsalon in der Kunsthalle. In Zeiten der strengen Kontaktbeschränkungen führten Künstler zeitweise Einzelführungen mit Gästen durch.
Es sei wichtig, dass auch derzeit nicht alles heruntergefahren wird, erklärt Julia Weimar von der Kunsthalle, obgleich auch dort einige Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden müssen. Im Haus habe man sich für einen Mischweg entschieden. Weimar bemerkt aber auch die Verunsicherung bei den Gästen. Anders war das noch im Sommer als mit der 5. Triennale Franken an verschiedenen Standorten in der Stadt ein großer Erfolg gefeiert werden konnte. "Da merkte man einfach den Hunger nach Kultur, der gesättigt werden wollte", blickt sie zurück.
Auch die Disharmonie erlebte unüblicherweise ihr Jahres-Highlight in den Sommermonaten, mit elf "Open Airs" auf der Kultursommerbühne am Kesslerfield in Yorktown. Der Stattbahnhof freute sich in der warmen Jahreszeit ebenfalls über gute Resonanz bei seinen Biergartenkonzerten.
Ein bewegtes Jahr, trotz weniger möglicher Veranstaltungen, hat das Kultur-Projekt "Kirchberg 7" in Üchtelhausen hinter sich. Dank einer 100-prozentigen Förderung im Rahmen von "Neustart Kultur", einem Programm der Bundesregierung, kann der Förderverein Kirchbergschule für 100 000 Euro umfassende Umbaumaßnahmen und Anschaffungen vornehmen, um auch künftig ein vielfältiges kulturelles Programm im Landkreis anzubieten.
Allerdings machte, wie schon letzten Winter, auch heuer wieder das Pandemie-Geschehen dem "Kirchberg 7" einen Strich durch die Rechnungen. Sämtliche angedachten Veranstaltungen für die Adventszeit, wie der traditionelle "Adventszauber" sowie Theater, Lesungen und Konzerte, wurden vorsorglich bereits Anfang Herbst abgesagt. "Da waren wir der Zeit etwas voraus. Wir wollten nicht in die Situation kommen, wieder viel Zeit und Energie reinzustecken, um dann festzustellen, dass wieder nichts stattfinden kann", so Stefan Mai vom Förderverein Kirchbergschule. Die Planungen für das neue Jahr laufen aber bereits an: "In der Hoffnung, dass dann wieder etwas möglich ist."