Der Juni 2020 sollte zu einem Theater-Monat in Gerolzhofen werden, an den man sich wieder lange erinnert. Für das neue Stück „Wunderland“, eine Zeitreise in die jüngere Geschichte des Städtchens und der Welt bis in die Gegenwart, waren sechs Aufführungen anberaumt. Mehr als 4000 Zuschauer wären wohl gekommen, um sich das Schauspiel und die bunte Revue anzusehen. Doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung.
Das schmucke Zentrum des Städtchens, der Marktplatz, war wieder als zentraler Spielort vorgesehen. Dort sollten die Bühne und die Tribünen stehen, wie vor fünf Jahren bei der Aufführung von „Fräulein Schmitt und der Aufstand der Frauen.“ Initiatorin Silvia Kirchhof und die Verantwortlichen des Kleinen Stadttheaters hatten alles in die Wege geleitet. Die rund 60 Laienschauspieler hatten ihre Rollen zugeteilt bekommen, im Februar begannen die Proben, alles lief nach Plan. Bis Corona kam.
Was tun? Absage, oder abwarten? Die vielen Unwägbarkeiten beschäftigten sie in der Zeit bisweilen bis in den Schlaf, gibt Silvia Kirchhof zu. Nach einigen Tagen des Abwartens, wie sich die Pandemie und die gesamte Situation entwickelt, war klar: Man musste das Großprojekt schweren Herzens absagen. Der nächste Versuch soll 2021 sein.
Wie ein Windstoß
Ein herber Schlag sei das vor allem für sie als Mentorin und Initiatorin des Ganzen gewesen. „Das stürzte mich erst einmal in die Depression. Meine Jahresarbeit war weg, kein Geld, keine Einnahmen. Es war wie ein Windstoß, der alles weggeweht hat“, beschreibt sie jetzt mit etwas zeitlichen Abstand sozusagen ihre „Stunde Null“ im April. Dazu gesellten sich weitere Probleme. Die Vertragspartner mussten gekündigt werden, ohne dass dabei zu große Unkosten entstehen. Es galt, für 2021 Termine zu finden, an denen auch die beiden Profi-Schauspieler, die eigens für "Wunderland" verpflichtet wurden, mitwirken können. Daneben musste auch die geliehene technische Ausstattung zur Verfügung stehen.
Von Seiten der Laien-Schauspieler sagten alle zu, dass sie auch im nächsten Jahr dabei sein wollen. „Sie möchten alle wieder, aber man weiß ja nicht, was passiert“, so Kirchhof. Gerade bei Kindern und Jugendlichen lasse sich nicht so leicht vorhersagen, was sie vor hätten.
Das Stück wird umgeschrieben
Die Stadt Gerolzhofen spielte bei der Verschiebung auch mit. Und schließlich stand die Frage im Raum, was mit den rund 2200 bereits verkauften Karten geschieht. Die Veranstalter hatten angeboten, dass die Tickets auch zurückgenommen und das Geld erstattet wird. Man sei aber jetzt guter Dinge, so Silvia Kirchhof, dass die meisten ihre Karten behalten, das würde finanziell manches erleichtern.
Das Stück „Wunderland“, das ja acht Jahrzehnte deutscher und Gerolzhöfer Geschichte abbildet, bleibt nicht unverändert. Autor Roman Rausch wird nun ein neues Ende verfassen. Von Beginn an sei es klar gewesen, dass man flexibel bleiben müsse. „Mit so einer Dimension hat keiner gerechnet. Die Corona-Krise muss natürlich mit rein“, schaut Silvia Kirchhof voraus.
Läuft es nun wie vorgesehen wieder an, werde man im Oktober das Ganze noch einmal kalkulieren und durchplanen. Die Proben sollen im November wieder starten, aber eine Ungewissheit verbleibe schon. Wer wisse schon, so Kirchhof, wie sich die Pandemie entwickeln werde.
Theaterhaus macht Fortschritte
Von sich selbst sagt die Künstlerin, dass sie nach einer zunächst gefühlten Leere mittlerweile wieder Ideen und Motivation verspüre. So möchte Kirchhof im Herbst ein Theaterstück mit kleiner Besetzung spielen. Außerdem schwebt ihr für die Weihnachtszeit vielleicht auch ein Stück speziell für Kinder vor.
Zu tun ist also einiges. Das trifft auch auf das neue Theaterhaus in der Centgasse zu. Die offizielle Baugenehmigung zum Umbau und Nutzungsänderung des ehemaligen Steigner-Gebäudes steht seitens des Landratsamts Schweinfurt noch aus. „Im Moment stagniert es ein bisschen."
Nahezu das gesamte Haus ist innen eine Baustelle, in der manches bereits eingeräumt ist. "Wir haben alte Kinositze restauriert und hier eingebaut“, zeigt Kirchhof den künftigen Vorstellungsraum im Erdgeschoss. Es lässt sich leicht erkennen, dass noch viel zu tun ist, bis es für die Zwecke des Theaters genutzt werden kann. „Mir wird in nächster Zeit wohl nicht langweilig“, sagt Silvia Kirchhof.