Sie erinnert an eine silberne Koralle, die original Colani-Kettenschaltung, im "Kleinen Industriemuseum" an der Gutermann-Promenade: Gestaltet hat sie der Star-Designer Anfang der 1980er Jahre, im Auftrag der Firma Sachs. Luigi Colani, der Mitte September, mit 91 Jahren verstorben ist, soll bei seinen stromlinienförmigen Strukturen auch von der Unterwasserwelt inspiriert worden sein, als Hobbytaucher.
Der "Herr der runden Formen" hat Flaschenöffner und Zahnbürsten ebenso kreiert wie Kugelküchen, Autos, Flugzeuge oder Riesentanker. Und eben ein kleines Kettenschaltwerk für den Schweinfurter Zweirad-Ausstatter Sachs. Dessen weltbekannten Motoren und Fahrradnaben werden vom "Arbeitskreis Industriekultur", der das Museum betreibt, in einem eigenen Raum gehütet.
Spitzname: Die Erscheinung
Mit dabei bei Colanis Gastspiel am Main war AKI-Mitglied Berndt Leiter. Er hat damals Sachs-Kettenschaltungen konstruiert und sollte dem Meister die nötigen technischen Infos geben, im Auftrag von Spartenleiter Hans-Joachim Schwerdhöfer. In der Chefetage sei nur von "der Erscheinung" gesprochen worden, wann immer Colani das Büro betrat. Ein Mann italienisch-schweizerisch-kurdisch-polnischer Abstammung, mit Schnauzbart und temperamentvoller Art, der anderswo öfters mal angeeckt ist.
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Konstrukteur Leiter hat ihn in den zwei oder drei Wochen anders erlebt: "Ein sehr freundlicher, aufgeschlossener Mensch, welcher sich gerne unterhielt, auch mit meinen Mitarbeitern." Ob das Schaltwerk wirklich funktioniert hätte, für die damals übliche 7- oder 8-Gang-Schaltung: der Hergolshäuser hegt da gelinde Zweifel. Letzlich sei vor allem das Rädchen am Schaltwerk "Colani", und natürlich der Wellenschriftzug mit seinem Namen. Neu erfinden konnte der Künstler die Radschaltung nicht: Es zählte das Gesamtkunstwerk.
Entgegen dem Image des streitlustigen Kreativen sei der Schlossherr aus Westfalen in Schweinfurt wirklich sehr nett und umgänglich gewesen, so sein Berater, ohne Star-Allüren: "Er hat sich nicht mit dem Chef unterhalten, sondern mit dem `Rangniedrigsten´." In dem Fall war das der Zeichner, der den Vorentwurf aufs Papier gebracht hat. Auch AKI-Vorsitzender August Georg Ruß hat Luigi Colani in angenehmer Erinnerung, von einem Vortrag, den der Designer später in Schweinfurt hielt, beim Ingenieursverband VDI. "Seine Arbeiten auf allen erdenklichen Gebieten werden von uns sehr bewundert", sagt Leiter stolz.
In Serienproduktion ging die "Koralle" nie: Sie kam durch eine Büroauflösung in den Besitz von Sekretärin Hanne Boll (damals Schwebheim, heute Schweinfurt), die das Modell der Design-Studie dem "Kleinen Industriemuseum" gestiftet hat. Dort kann es im Rahmen der üblichen Öffnungszeiten besichtigt werden, im "Sachsraum", an jedem zweiten und viertem Samstag im Monat, zwischen 14 und 18 Uhr (von Dezember bis Februar ist an der Gutermann-Promenade 1 Winterpause).