Wenn am Heiligen Abend mit „City-Foto“ am Gabelmannsbrunnen eines der letzten Foto-Fachgeschäfte und Fotostudios in Gerolzhofen schließt, endet damit eine jahrzehntelange Geschäftstradition in der Stadt. Zugleich geht damit das Laden-Sterben in der Schuhstraße unaufhaltsam weiter.
Nur noch ein Friseurgeschäft ist in Kürze vom Glanz vergangener Tage übrig geblieben, denn ein paar Meter weiter oben machen auch die Schuchbauers bis zum Jahresende ihr Haushaltswarengeschäft zu. Der Moloch Verkehr frisst nach und nach seine letzten Laden-Kinder auf, seitdem die einst florierende Geschäftsachse zu einer der Haupteinfallstraßen geworden ist.
Hohe Mieten als Problem
Mehr die Lage „ab vom Schuss“ und fehlende Parkplätze und nicht einmal so sehr der Siegeszug der Digitaltechnik waren es dann auch, die City-Foto letztendlich den Todesstoß versetzten. „Das Leben spielt sich in erster Linie am Marktplatz und maximal noch in der Markt- und Spitalstraße ab“, sagt Steffen Schneider. Er hat 2010 das Fotoatelier und Fotogeschäft von seinem Vater Werner übernommen.
Bei der Suche nach einer neuen Örtlichkeit sei man über die hohen Mietpreise in der Innenstadt gestolpert. Sie hätten ein wirtschaftliches Überleben nicht mehr garantiert.
Just in dieser schwierigen Phase sei das Angebot gekommen, in Bad Neustadt an der Saale ein alteingesessenes Fotogeschäft übernehmen zu können. Da habe er zugegriffen, so Steffen Schneider. Denn: „In Bad Neustadt ist deutlich mehr los.“ Schließlich hat die Kreis- und Kurstadt in der Rhön allein inklusive der Stadtteile mehr als doppelt so viel Einwohner wie Gerolzhofen.
Schon mit einer gewissen Wehmut in der Stimme erklärt der 27-Jährige: „Am 24. Dezember fällt in Gerolzhofen der Hammer“. Bis um 12 Uhr läuft am Heiligen Abend der Räumungsverkauf bei City-Foto.
Aufgelöst wird auch das umfangreiche Foto-Archiv, das sich im Lauf der Jahre angesammelt hat. Wer die Negative oder digitalen Bilder der Aufnahmen käuflich erwerben möchte, hat noch bis Weihnachten die Möglichkeit dazu.
Auch wenn es künftig noch ein Fotostudio in der Stadt gibt, so trauern bereits die ersten langjährigen Kunden von City-Foto um die vertraute Anlaufstelle. Eine Frau hat sich dieser Tage mit einer Schachtel Pralinen bei dem Inhaber dafür bedankt, dass sie „hier immer so nett und gut“ bedient worden ist.
Den Anfang machte einst Photo-Mayer in der Spitalstraße 12 am Zugang zum Bürgerspital. 1958 eröffnete dort im Anwesen Schwarz Paul Kremlitschka als neuer Inhaber seine „Photo-Zentrale“. Diese wurde Anfang der 1980-er Jahre von Helmut Fojtu unter dem Dach der „Revista“-Gruppe weitergeführt und bald in „City-Foto“ umbenannt.
1995 kam es zum Übergang auf Werner Schneider. Unter ihm erfolgte 2002 der Umzug in das Anwesen Schild-Weigand an der Ecke Schuhstraße/Schallfelder Straße/Grabenstraße. 2010 schlüpfte hier schließlich Sohnemann Steffen in die Fußstapfen seines Vaters.
In der langen Zeit seit etwa 1950 hat das Geschäft buchstäblich die komplette Entwicklung vom Rollfilm bis zum digitalen Bild mitgemacht. In Spitzenzeiten wie in den 1990-er Jahren, als die digitale Fotografie noch nicht Einzug gehalten hatte, waren hier bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigt. Lange wurden die Filmrollen und Filmkassetten aber auch noch nicht in Großlabors entwickelt und die Abzüge dort hergestellt, sondern alles in der eigenen Dunkelkammer im Haus erledigt.
Natürlich wirft die Fotografie als Gewerbe nicht mehr so viel ab wie in der einstigen Blütezeit. Da ist zum einen die rasant fortgeschrittene Technik in Form von Digitalkameras oder gestochen scharf fotografierenden Handys, Smartphones oder Tablet-PC und der Verkauf von Foto- und Videokameras samt Zubehör durch große Elektronik-Fachmärkte und über das Internet-Handel als große Konkurrenz. Hinzu kommt obendrein die früher fast ausschließlich beim Fotografen angesiedelte Bildentwicklung als heutiges Zusatzgeschäft von Drogerie- und anderen Märkten vor Ort oder online.
So ist der Kuchen für die Fotografen Stück für Stück kleiner geworden. Daran konnten auch der eigene Sofortbilddrucker oder die fachliche Beratung wie bei „City-Foto“ wenig ändern.
Nach wie vor gefragt sind allerdings brillante Aufnahmen vom Profi und Meister-Fotografen, wenn es um die Ablichtung von Hochzeit, Geburt oder anderen besonderen Anlässen oder um Familien- und Porträtfotos sowie Pass- und Bewerbungsbilder geht.
Auch mit Rahmungen auf Maß, dem Verkauf von Fotozubehör, der digitalen Bildbearbeitung am Computer oder der Reparatur von Kameras lässt sich indes noch ein Geschäft machen.
Filmentwicklung ist noch nicht out
Und es kommen überraschenderweise immer noch vergleichsweise viele Kunden, die ihre analogen Filme beim Fotografen entwickeln lassen, wie Steffen Schneider bestätigen kann. Ihm kommt nun die traurige Aufgabe zu, die Ladentür in Gerolzhofen für immer abzuschließen.