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Schweinfurt
Christliche Gewerkschaften sind im Handwerk stark
Christliche Gewerkschafter beim diesjährigen Warnstreik bei Schaeffler.
Foto: SebastianScheder, CGM | Christliche Gewerkschafter beim diesjährigen Warnstreik bei Schaeffler.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 07.01.2023 02:48 Uhr

Das Bild kennt man. Warnstreik in der Schweinfurter Großindustrie. Vor wenigen Wochen. Ein Meer von roten Fahnen, die der IG Metall. Und, wenn man genauer hinschaut, auch einige blaue Flecken. Die Transparente und Fahnen der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM).

"Wir sind die Minderheit", räumt ihr Schweinfurter Geschäftsführer Sebastian Scheder unumwunden ein. Und hat auch kein Problem damit, den Kollegen der IG Metall zum erfolgreichen Tarifabschluss zu gratulieren. "Unsere Mitglieder profitieren ja auch davon."

Sebastian Scheder ist Geschäftsführer der Christlichen Gewerkschaften in Schweinfurt.
Foto: Sigrid Metz | Sebastian Scheder ist Geschäftsführer der Christlichen Gewerkschaften in Schweinfurt.

Warum dennoch christliche Gewerkschaften? Scheder, der in Unterfranken auch die Arbeitnehmer in der CSU, die Christlichen Sozialen Arbeitnehmer, kurz CSA, anführt, verweist auf das christliche Menschenbild. Umverteilung, wie sie von der IG Metall mit ihren sozialistischen Wurzeln vertreten werde, stehe bei der CGM nicht im Vordergrund. Es gehe um die konkrete Hilfe im Einzelfall und dabei sieht Scheder seine Mitglieder bei sich besser aufgehoben.

Die unterschiedlichen Kräfteverhältnisse haben einen historischen Hintergrund. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Gewerkschaften wieder gegründet wurden, setzten Amerikaner und Engländer auf das in ihren Staaten bekannte System der Einheitsgewerkschaften, sagt Scheder. Als dann Mitte der 1950er Jahre auch andere Gewerkschaften zugelassen wurden, habe das Wirtschaftswunder mit hohen Lohnzuwächsen längst geblüht, sei der Kuchen also weitgehend verteilt gewesen.

In der Industrie war kaum etwas zu holen

In der Industrie war kaum etwas zu holen. Eine Ausnahme gab es bei SKF, wo Rudolf Klopf acht Jahre lang bis 1963 Betriebsratsvorsitzender war und die "Christliche Werksgemeinschaft" eine Mehrheit im Betriebsrat hatte. "Durch gutes und kluges Zusammenwirken mit der Firma wurden für die Belegschaft beachtliche Erfolge erzielt", hieß es in einem Flugblatt zur Wahl 1963, bei der jedoch die Mehrheit verloren wurde.

Stark sei die CGM aber im Handwerk, das die Industriegewerkschaften hätten links liegen lassen, sagt der 40-jährige Geschäftsführer. "Das Handwerk ist unser Markenkern." Die Christlichen Gewerkschaften vertreten sechs Sparten, schließen für sie Tarifverträge ab: das Elektrohandwerk, das metallverarbeitende Handwerk, die Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche, die Ofen- und Luftheizungsbauer, die Karosserie- und Fahrzeugbauer und die Baumaschinentechniker.

Da die Betriebe in Innungen organisiert sind, sind sie eigentlich an die mit der CGM geschlossenen Tarifverträge gebunden. Allein in Bayern geht es um rund 200.000 Beschäftigte. Lohnsteigerung von rund 50 Prozent in den letzten zehn Jahren sprächen für sich, rechnet Scheder vor. Nur: das spiele in der Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle. In den Medien werde man kaum wahrgenommen, trotz 400 Redaktionsadressen im Verteiler allein in Bayern. In diesem Zusammenhang verweist Scheder auf einen Abschluss mit dem Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik über 7,4 Prozent für zwei Jahre im Frühjahr. Obwohl davon 72.000 Beschäftigte in 4500 Betrieben in Bayern betroffen seien, habe es medial so gut wie keine Resonanz gegeben.

Die wenigsten Beschäftigen im Handwerk wissen um die Tarifverträge

Das ist die eine Seite. Die andere hat mit der Struktur im Handwerk zu tun. Die wenigsten Beschäftigen wüssten um die Tarifverträge und ihre Verbindlichkeit. Während in der Industrie die Arbeitnehmer bereit seien, um jeden Cent zu streiten, notfalls vor Gericht, gebe es im Handwerk meist eher familiäre Verhältnisse, würden Probleme mit dem Chef bei einem Feierabendbier geregelt.

Unter dem Strich gehe es für die Beschäftigten jedoch um viel Geld. Tariflohn, Eingruppierung, Jahresleistung, Arbeitszeit, dafür gibt es Regelungen. "Wer bei uns Mitglied wird, bekommt gezeigt, auf was er Anspruch hat." Hinzu komme der Rechtsschutz. Mit einem monatlichen Beitrag von 20 Euro sei man hier deutlich günstiger als die IG Metall, die ein Prozent des Bruttolohnes verlange, schielt Scheder auch ein bisschen auf die Industriebeschäftigten.

Hilfreich wäre es, wenn es ein zentrales Register, beispielsweise beim Arbeits- und Sozialministerium gäbe, aus dem ersichtlich sei, welche Arbeitgeber tarifgebunden seien. Einen entsprechenden Antrag will Scheder innerhalb der CSU auf den Weg bringen, fürchtet jedoch, dass das Interesse in der Partei überschaubar sein wird.

Die Christliche Gewerkschaft Metall unterhält in Bayern drei Regionalbüros, in Augsburg, Regensburg und in Schweinfurt.

 
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