
Wenn Politpromis Pflegekräften Häppchen und Secco reichen, muss der Anlass ein besonderer sein. Erstmals hatten die CSU-Kreisverbände Schweinfurt und Kitzingen zum Pflege-Empfang eingeladen, als "Abend der Wertschätzung" im Stammheimer Pfarrheim. Pflege sollte niemals "Fließbandarbeit" sein, fand Anja Weisgerber (MdB). Mitmenschlichkeit mahnte auch Gerlinde Martin an, als Behindertenbeauftrage des Bezirks, in Zeiten von Krankenhausrefom, Fachkräftemangel, Kostendruck oder Integrationsbedarf bei ausländischen Pflegekräften. Bezirkstagspräsident Stefan Funk verwies auf den ersten Unterfränkischen Sozialgipfel im Juli. Barbara Becker, Landtagsabgeordnete aus Kitzingen, sah ein explizit "weibliches Thema".
Hauptrednerin des Abends war Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach, die in Krankenhäusern hospitiert und gelernt hat, dass man einen Menschen mit Behinderung die Lasagne nicht "füttert". Ihre Anliegen sind Bürokratieabbau und das Nutzen digitaler Chancen, zu Erleichterungen etwa bei der Dokumentationspflicht, mit Spracherkennung und anderen "Tools". Mit der Pflege werde auch die Ausbildung komplexer. Die Politik müsse sich am realen Alltag der Berufstätigen orientieren, Stichwort "Work-Life-Balance" und "Mama-Schichten". Auch die Schließung des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt kam zu Sprache: Sie stehe im Kontakt mit Oberbürgermeister und Trägern, so Gerlach. Wichtig sei, die Verantwortlichen an einem Tisch zu versammeln, es brauche attraktive Angebote für die Mitarbeiter.
Alltagssorgen in der Pflege im Mittelpunkt
In der Diskussionsrunde ging es dann um Alltagssorgen. Eine Rettungssanitäterin des BRK wünschte sich mehr Aufmerksamkeit für die Notfallmedizin und sah Einsparmöglichkeiten beim Bürokratie-Aufwand. Gerlach erinnerte an aktuelle Planungen des Bundes. Das "Rosenheimer Modell" soll bessere Vernetzung mit den Praxen bringen, die Notdienstnummer 116-117 außerhalb der Sprechzeiten helfen. Ayfer Rethschulte, Schweinfurter Bürgermeisterin und Fachkrankenschwester, wünscht sich ein Programm zur Entlastung der Kommunen, ein Schwesterwohnheim und Altersteilzeitmodelle. Monika Walter, Pflegeexpertin des Kitzinger BRK, regte mehr Flexibilität und Familienfreundlichkeit bei den Arbeitszeiten an. Lejla Gallagher von der Tagespflege in Dittelbrunn lud gleich noch zur Pure-Care-Party der AWO in Schweinfurt ein, die ebenfalls Wertschätzung vermitteln soll.
Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Alter und Pflege der Bezirks-AWO, wünschte sich gegenüber der Zeitung mehr Unterkünfte für ausländische Auszubildende, Oliver Elflein von der Arbeitnehmer-Union CSA kündigte ein Positionspapier gegen Leiharbeit in der Pflege an. Nicht zuletzt durfte mit Kabarettistin Ines Procter manch berufliche Härte mit Humor genommen werden: Corona, da war mal was.
