Manchmal geht das mit baulichen Großprojekten auch richtig schnell und ohne nennenswerte Reibereien. Ein Paradebeispiel dafür ist der Neubau der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) für die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen. Der Grundstein für das erste neue Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Ledward-Barracks wurde im Juni 2018 gelegt. Jetzt ist es bezugsfertig. Bis zu 1400 Ingenieur-Studierende können künftig in dem neuen Gebäude (Gesamtkosten der Baumaßnahme etwa 30,5 Millionen Euro) studieren und forschen. Dass sie es noch nicht vor Ort tun, sondern sozusagen in der Home-Uni, ist dem Coronavirus zu verdanken.
Eigentlich war Wirtschaftsminister Bernd Sibler zur Inbetriebnahme der Fakultät in Schweinfurt erwartet worden. Kurzfristig musste er absagen, wurde in München gebraucht, und auch dafür wird das Coronavirus zumindest mitverantwortlich sein. Er schickte jedoch eine Grußbotschaft nach Unterfranken. "Mit diesem Neubau schaffen wir noch bessere Rahmenbedingungen für innovative und international ausgerichtete Lehre und Forschung am Standort Schweinfurt." Allen Studenten biete die Fakultät modernste Infrastruktur. "Hier bildet die FHWS die Fachkräfte von morgen aus, nicht nur für die Region, sondern für ganz Bayern und die Welt."
Worte, die Professor Dr. Robert Grebner, Präsident der FHWS, der Dekan der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen Professor Dr. Peter Meyer, und Gerald Langer, Leiter des Bereichs Hochbau am staatlichen Bauamt Schweinfurt, wohl so unterschreiben würden. Dieses Trio übernahm bei der offiziellen Inbetriebnahme die Vorstellung des Gebäudes und der damit verbundenen Ausbildungsmöglichkeiten. Einig waren sich alle darin, dass es gelungen sei, in sensationell kurzer Zeit dieses innovative Fakultätsgebäude fertigzustellen. Die konstruktive Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger und auch die Priorisierung des Projekts in finanzieller Hinsicht habe dazu wesentlich beigetragen. Präsident Grebner und Dekan Meyer bedankten sich ausdrücklich bei Gerald Langer und seinem Team vom staatlichen Bauamt in Schweinfurt.
Kurze Wege zwischen Hauptgebäude und Neubau
Auf 7600 Quadratmetern Gesamtfläche entstanden 3600 Quadratmeter Hauptnutzfläche, die sich auf Hörsaal- und Seminarrräume, Labore, Büros und eine Cafeteria verteilen. Die Studiengänge Business and Engineering, Logistics, Logistik und Wirtschaftsingenieurwesen (Bachelor und Master) werden dort studiert. Das geschieht, wenn die Pandemie es wieder zulässt, in durchwegs hellen, lichtdurchfluteten und technisch hochwertig ausgerüsteten Räumen.
So zum Beispiel im größten teilbaren Hörsaal, der mit seinen 430 Quadratmetern, sowohl für große Veranstaltungen mit bis zu 200 Studenten genutzt werden kann, sich aber auch schnell aufteilen lässt in zwei getrennte Hörsäle. Selbst unter Einhaltung der derzeit vorgeschriebenen Abstandsregeln ließen sich noch 70 Personen darin unterbringen.
Alle drei Gebäude der FHWS sind untereinander recht schnell fußläufig zu erreichen. So sind es vom Hauptgebäude der FHWS in der Ignaz-Schön-Straße bis zum Neubau mit der Adresse Niederwerrner Straße 96 nicht einmal 400 Meter. Und genau das wünscht man sich: Vernetzung, Campus-Charakter, die Zusammenarbeit von Studierenden aus dem In- und Ausland. Damit dies gelingen kann, gönnt man den Räumen und Fluren im neuen Gebäude Platz. Breite Flure, eine begrüntes Atrium, Freiflächen, auf denen man sich austauscht. "Der Außenbereich wird in den nächsten Monaten nachhaltig verbessert", betonte Dekan Meyer. "Man darf nicht vergessen, vor sechs Jahren waren hier noch die Amerikaner", legte Grebner nach.
Und die Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen ist erst der erste Schritt. Ein Gebäude für den neuen Studiengang Robotik ist sozusagen gleich nebenan geplant. "Zunächst einmal sind wir froh und stolz, dass die Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen die einzige ist, die ein eigenes Gebäude hat", freute sich Dekan Peter Meyer. "Noch schöner wäre es, wenn wir das Gebäude voller Studierender hätten." Die waren zwar auch schon für ein paar Tage zum Start des Semesters im Haus, studieren aber im Augenblick der aktuellen Lage geschuldet wieder im Homeoffice.
Ein Labor, in das sich ganze Häuser reinprogrammieren lassen
Zeit kreativ zu werden. So wird gegenwärtig ein neues Format, die "Hybride-Vorlesung" getestet. Ein Dozent lehrt live vor wenigen Studenten, während viele andere zu Hause zugeschaltet werden können. Ein Format, das auch nach Corona noch Bestand haben wird, wenn sich zum Beispiel Studierende mit ihre Arbeitsgruppe in Amerika oder sonstwo auf der Welt austauschen wollen.
Ein weiteres Herzstück wird ein Labor für Virtual Reality. Ein Labor, das hinsichtlich seiner technischen Ausstattung europaweit Maßstäbe setzen kann. In dem großen Labor mit sechs Metern Deckenhöhe, können zum Beispiel angehende Architekten in der virtuellen Realität ganze Häuser "reinprogrammieren". Auch komplizierte technische Vorgänge lassen sich dort simulieren und erproben. Zwei Millionen soll das VR-Labor kosten, 2021 wird es fertig. Zur Verfügung steht auch ein Logistik-Labor mit aufwendiger Umlauf-Fördertechnik.
Der neue Platz, das neue Gebäude, waren dringend nötig. Die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt wächst kontinuierlich. Der Platz reicht seit Jahren nicht, deshalb wurde zum Beispiel auch der Campus in der Konrad-Geiger-Straße angemietet. Eine Erweiterung am Hauptgebäude in der Ignaz-Schön-Straße war baulich nicht möglich. Die Ausweichmöglichkeit auf das Konversionsgelände war, auch aus Sicht der FHWS-Leitung, eine optimale Lösung. Der Neubau der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen ist neben dem Bestandsgebäude der zweite Baustein an der Carusallee im Rahmen der Errichtung des internationalen Campus, auf dem im Endausbau bis zu 3000 junge Akademikerinnen und Akademiker studieren können.