
Oberbürgermeister Sebastian Remelé hat schon dort trainiert – als Premierengast. Zwar im Trenchcoat und nicht oberkörperfrei, wie viele der junge Männer in diesen heißen Juli-Tagen, aber immerhin. Zahlreiche Schweinfurter machten es ihm nach. Dem Oberbürgermeister ging es vermutlich wie jedem der einmal an den Stangen der Calisthenics-Anlage in den Schweinfurter Wehranlagen kurz handangelegt hat. Es macht einfach auf Anhieb Spaß – aber Vorsicht: es ist verdammt anstrengend.
55 000 Euro ließ sich die Stadt das "Freiluft-Fitnessstudio", das vor knapp zwei Jahren fertiggestellt wurde, kosten. Offenbar eine sinnvolle Investition. Warum das so ist, erklärt einer der damaligen Initiatoren, Johann Schitz, der auch heute noch mit einer ansteckenden Begeisterung und jeder Menge Enthusiasmus von der Erfolgsgeschichte schwärmt: "Der Park wird sehr intensiv genutzt." "Für manche von uns ist er schon zum zweiten Wohnsitz geworden", wirft Florian Keller ein, einer der begeisterten Nutzer des Parks. Die Calisthenics-Szene wächst und gedeiht in Schweinfurt seit der Errichtung des Parks. "Das ist eine große Bereicherung für die Stadt", findet Schitz: "Wir sind sehr dankbar, dass das damals ermöglicht wurde."

Auf der Schweinfurter "Kraftwiese", unter diesem Namen ist der Park in den sozialen Medien zu finden, ist kurz gesagt Training mit Eigengewicht möglich. Die verschiedenen Stangen auf unterschiedlichen Höhen sind auf dem ersten Blick etwas verwirrend, ergeben aber durchaus Sinn. Langweilig wird den Sportlern dort auch nach mehrfacher Nutzung nicht. "Hier kann sich jeder seine Ziele setzen und immer neue Tricks lernen", erklärt Schitz. Mit Tricks sind verschiedene Kraft- und Fitnessübungen gemeint, die, je komplexer sie werden und je perfekter sie ausgeführt werden, wie Choreographien daherkommen. Bei der Trainingsform wird der Körper ganzheitlich trainiert, nicht nur einzelne Muskelgruppen.

Aber auch für Anfänger sind schnellersichtlich Übungen auf den Vorrichtungen möglich. Das geht von gewöhnlichen Liegestützen bis hin zu Klimmzügen in verschiedener Höhe. Als besonders erleichternd empfinden die Sportler den knallblauen gefederten Boden als Untergrund. Er ist ein kleines Prachtstück der Schweinfurter Calisthenics-Park, der aber nicht nur für eine eingeschworene Gemeinschaft da ist, sondern für alle, wie Keller erzählt: "Immer mehr jüngere Leute zeigen Interesse. Denen zeigen wir Erfahreneren, wenn wir vor Ort sind, gerne ein paar Übungen oder geben ihnen ein paar Ratschläge". Trainings-Equipment, wie verschiedene Bänder oder Ringe, hat die Gruppe, die regelmäßig gemeinsam trainiert, immer dabei und stellt dies auch anderen Sportlern gerne zur Verfügung. "Hier sind immer Leute. Ein Trainingspartner ist garantiert", sagt Schitz.

Die "Kraftwiese" ist auch zu einem Ort der Begegnung geworden, berichten die Sportler. "Ich denke wir können die Jugend hier auch etwas inspirieren Sport zu machen. Dazu braucht es nicht unbedingt ein Fitnessstudio", meint Keller. Gerade jetzt während Corona, als viele Fitnessstudios noch geschlossen hatten, suchten viele neue Gesichter den Park auf, um etwas für ihren Körper zu tun.
"Ich finde besonders cool, dass man hier viele Gleichgesinnte kennenlernt", sagt Daniel Neinhardt, der kurz zuvor noch eine anspruchsvolle Übung, "die menschliche Flagge" zeigte: "Wo jemand herkommt ist hier völlig egal. Der Sport ist unser gemeinsames Ziel. Man kann hier viele soziale Kontakte knüpfen." Studenten, Geflüchtete, Ur-Schweinfurter, hier kommen alle zusammen, in fast allen Altersklassen. "Hier ist es einfach leichter ins Gespräch zu kommen, als im Fitnessstudio, wo viele Leute nur auf ihrem Egotrip sind", sagt Keller. "Wir wollen hier für andere auch neue Reize setzen", fügt Schitz an: "Durch die Gemeinschaft bekommt man schneller die Motivation, seine Ziele auch durchzuziehen."

"Die Anlage hat sich bewährt", sagt Schitz, der sich aber auch freuen würde, wenn noch weitere Calisthenics-Anlagen, in der ganzen Stadt verteilt, folgen würden. Das könnten laut ihm, der damals den Fitnesspark mit anleierte, auch kleinere Versionen sein. "Hauptsache die Leute können was machen. Für ihre Gesundheit, an der frischen Luft und sogar kostenlos."
