Willy Brandt wollte 1959 mal ein Kernkraftwerk in Westberlin errichten: Diese Idee aus dem Kalten Krieg rief Richard Mergner, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz, in seinem Grußwort in Erinnerung. Es war ein Plan, der auch durch die Sorge vereitelt wurde, dass bei einem GAU die DDR-Bevölkerung hätte evakuiert werden müssen.
Im voll besetzten Naturfreundehaus wurden "50 Jahre Bund Naturschutz (BN) Kreisgruppe Schweinfurt" gefeiert. Edo Günther erinnerte daran, dass in den Gründerjahren der Umgang mit der vermeintlich "sauberen" Reaktortechnik auch im BN noch umstritten war. Der Vorsitzende der Kreisgruppe sieht die Abschaltung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld heute als "Highlight" unter deren Erfolgen, neben manch mit ausgefochtenem Bürgerbegehren. Die für Mitte August geplante Sprengung der Kühltürme kritisiert Günther als reine Symbolpolitik, nach dem Motto "Aus den Augen, aus dem Sinn". Das Atommüll-Problem bliebe der Region noch lange erhalten.
OB: Atomausstieg "größte Fehlentscheidung"
Dieses Thema griff auch OB Sebastian Remelé auf, der die "Bewahrung der Schöpfung" als gemeinsames Anliegen sah. Das Wort "konservativ" bedeute nichts anderes. Zum Atomausstieg gebe es unterschiedliche Auffassungen, meinte der CSU-Rathauschef, mit Blick auf die BN-Kontroverse der Anfangszeit. Er selbst halte ihn "für eine der größten Fehlentscheidungen unserer Tage". Manch Buhruf im Publikum wurde da hörbar unterdrückt. Der BN leiste einen wertvollen Beitrag zu Demokratie, hakte Remelé nach. Demokratie bedeute auch: "Wir müssen andere Standpunkte aushalten, wenn sie gut begründet sind."
Nachdem der OB sich zum Spielfest am Fichtelsgarten verabschiedet hatte, spielte SPD-Landrat Florian Töpper den Ball zurück. Er halte es "für gut und richtig, dass die Atomkraft auch im Landkreis Schweinfurt zu einem Ende gekommen ist". Das hätte er auch in Gegenwart des Oberbürgermeisters so gesagt, mit dem es eine gute Zusammenarbeit gebe. Er selbst habe als junger Kreisrat in Gochsheim demonstriert. Für Töpper ist, ungeachtet der Leistungen der AKW-Mitarbeitenden beim Rückbau, das Restrisiko und das Endlagerproblem zu groß: "Wir sind immer noch auf hoher See."
Miteinander und auf Augenhöhe sprechen
Die Wogen glätteten sich bei der Jubiläumsfeier aber rasch wieder. Eine Welle der Sympathie gab es für die Arbeit von Hans Fischer, Altbürgermeister von Schwebheim, der die renommierte Bayerische Naturschutzmedaille erhielt. Die Laudatio hielt Professor Hubert Weiger. Der BN-Ehrenvorsitzende blickte auf Fischers Leistungen, als politischer Ziehsohn von Öko-Pionier Fritz Roßteuscher: insbesondere im Bereich Gentechnikfreiheit, Landschaftsschutz oder naturnaher Landwirtschaft, mit Wirkungen weit über Schwebheim hinaus.
Was es in der gemeinsamen Arbeit vor Ort brauche, seien Erfahrung und Wissen, sagte der Geehrte. Miteinander und auf Augenhöhe, nicht übereinander sprechen, sei wichtig, so Fischer, gerade im Umgang mit den Bauern. Für ihn ist "Vertrauen" für das Funktionieren einer Demokratie entscheidend. Das Ganze müsse, wie für Rückerts Brahmanen, wichtiger sein als das Einzelinteresse. Viele Erfolge von einst wären so heute nicht mehr möglich, kritisierte Fischer, der sich mehr Verantwortungsbereitschaft und weniger Bürokratie wünscht.
Für Landwirt Erich Rößner, (Obst-)Baumschützer, Landespfleger und Umweltpionier aus Alitzheim, gab es die Goldene Ehrennadel: Landeschef Mergner würdigte die besonderen Verdienste des langjährigen Vorsitzenden der Ortsgruppe Gerolzhofen, auch in der Nachwuchs- und Bildungsarbeit.
Alte Probleme im Umweltschutz kehrten zurück
Zuvor hatte sich Mergner über den "vollen Saal" gefreut, mit einem Who is who aus Politik und Verbänden: darunter CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber und der Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach. Mergner erinnerte daran, dass der Atomausstieg von Union und FDP beschlossen worden ist – und dass es nur zwei Prozent der Landesfläche für die Energiewende brauche. Florian Töpper betonte, dass BN-Anliegen auch von den Kreisbehörden ernst genommen würden, Stichwort Abfall oder Landwirtschaft. Für Thomas Keller, oberster Naturschützer an der Regierung von Unterfranken, ist es wichtig, die nächste Generation zu begeistern. Trotz Fortschritten, etwa bei der geplanten Biosphäre Spessart, kehrten auch alte Probleme wieder, so Keller, darunter die Getränkedosen.
Zur Feierlaune trug Saxophonist Anton Mangold bei. Später folgte die Band "bluesimpact". Edo Günther stellte ein Bildbuch Brönnhof vor, das in elegischen Fotografien ein Naturparadies vor der Haustür feiert und jetzt im Buchhandel erhältlich ist. Der Schweinfurter BN war auch deswegen gegründet worden, um Erweiterungen des Truppenübungsplatzes Brönnhof zu verhindern. Poetry Slammerin und Imkerin Maron Fuchs ließ die Bienen summen oder dichtete über "Mobilitätsmentalität". Vor dem Naturfreundehaus reihten sich die Infostände "bunter" Organisationen, rund um Klima-, Umwelt- und Demokratieschutz. Im Obergeschoss ging es um den Artenschutz. Ein Blumentopf-Ökomemory gab es auch, zwecks Gedächtnistraining und Entspannung.
50 Jahre BN Schweinfurt … und die Aktivitäten der ersten 40 Jahre wurden praktisch nicht erwähnt.
OB Remelé ignoriert die Realität!
Als erster EPR ging „Olkiluoto“ ans finnische Stromnetz.
Bauzeit 18 Jahre (geplant 4 Jahre)
Kosten 11 Milliarden € (geplant 3 Milliarden €)
EPR Flamanville“, „Frankreich soll Ende 2024 Strom (eventuell) einspeisen. 2026 muss der Reaktor aber heruntergefahren werden, um den Reaktordeckel auszutauschen.
Bauzeit bisher 17 Jahre (geplant 5 Jahre)
Kosten 19,1 Milliarden € (geplant 3,3 Milliarden €)
EPR „Hinkley Point C“, England
Baubeginn geplant: 2015 (bisher nicht erfolgt!)
Erwartete Kosten: 38,8 Milliarden Euro (geplant 3 Milliarden Euro)
Remelé meint "Wir müssen andere Standpunkte aushalten, wenn sie gut begründet sind."
Er hat sie aber nicht begründet, sondern nur seine faktenferne Meinung geäußert!