Josef Krimmel ist seit über 30 Jahren im Geschäft, aber "das war seine schlimmste Wahl". Der Wahlleiter der Gemeinden Schwanfeld und Wipfeld war am Sonntagabend bis weit nach Mitternacht im Einsatz, hat "geschwitzt" und "geschuftet" und trotzdem kein amtliches Ergebnis der Gemeinderatswahlen präsentieren können. Das Internet ging nicht, E-Mails kamen nicht an, der Server war völlig überlastet. Am Ende hat er das Ergebnis für Wipfeld und Schwanfeld händisch errechnet.
In beiden Gemeinden gab es nur einen Bürgermeisterkandidaten und eine Gemeinderatsliste. Eigentlich sollten da doch die Stimmen schnell ausgezählt sein, möchte man meinen. Doch das Gegenteil war der Fall. Bei der Bürgermeisterwahl ging es noch ziemlich flott. In Schwanfeld votierten 83,1 Prozent der Wähler für Lisa Krein von der Schwanfelder Liste, in Wipfeld wurde Amtsinhaber Tobias Blesch von der gemeinsamen Liste CSU/UW mit 84,4 Prozent wiedergewählt.
Das Problem offenbarte sich beim Auszählen der Gemeinderatswahl. Denn gibt es wie in Schwanfeld und Wipfeld nur eine Liste, handelt es sich um eine sogenannte unechte Mehrheitswahl. Und die macht's richtig kompliziert. Der Wähler darf in diesem Fall willkürlich andere Namen von Gemeindebürgern auf den Stimmzettel schreiben, und zwar doppelt so viele wie maximal ins Gemeindeparlament einziehen können. Im Fall von Schwanfeld und Wipfeld mit jeweils einem zwölfköpfigen Gremium sind das maximal 24 Namen. Bei der unechten Mehrheitswahl darf allerdings nicht gehäufelt werden. Jeder Kandidat kann nur eine Stimme bekommen.
Stundenlang Namen erfasst und bewertet
Laut Wahlleiter Krimmel haben die Wähler in beiden Gemeinden reichlich von der eigenen Namensnennung Gebrauch gemacht. In Schwanfeld wurden insgesamt 148 andere Personen auf die Stimmzettel geschrieben, in Wipfeld waren es 89. Für das Wahlhelferteam war das eine Riesenherausforderung. Denn weil die elektronische Wahlauszählung nicht funktionierte, musste jeder auf dem Stimmzettel genannte Name einzeln erfasst und mit den Daten im Einwohnermeldeamt abgeglichen werden. Gültig ist die Wahl nämlich nur, wenn die Person in der Gemeinde auch gemeldet und wahlberechtigt ist. Eine Heidenarbeit. "Wir haben stundenlang Namen eingegeben und bewertet", sagt Krimmel, der am Montagmorgen schon um 5.30 Uhr wieder auf der Matte stand.
Groß war die Anspannung aber auch für die Kandidaten, vor allem für die Schwanfelder Bürgermeisteranwärterin Lisa Krein. Sie war zwar die einzige Bewerberin fürs Amt, ihre Wahl mit über 83 Prozent aber keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Denn die von der Schwanfelder Liste nominierte Kandidatin ist gleich in dreifacher Hinsicht eine Premiere: Sie ist die erste Frau, die auf dem Chefsessel Platz nimmt, sie ist die Erste im Bürgermeisteramt, die nicht aus Schwanfeld kommt, und sie ist die Erste, die das Amt hauptamtlich ausüben wird. Dass sie unter diesen Voraussetzungen so einen deutlichen Wahlerfolg landet, "das hat uns überwältigt", freut sich Listenführer Thomas Lintl. Für ihn ein Beweis, dass man alles richtig gemacht hat. Bekanntlich hatte die Schwanfelder Liste nach vergeblicher Kandidatensuche im Ort einen Aufruf in den Medien und Sozialen Netzwerken gestartet und dann bei einem Casting die Hettstädterin Lisa Krein zur Bewerberin gekürt. Ihr Wahlergebnis nennt Lintl "sensationell".
Noch-Amtsinhaber Richard Köth, der nicht mehr zur Wahl angetreten war, gehörte zu den ersten Gratulanten. Er überreichte einen Blumenstrauß an seine Nachfolgerin, die mit ihre Familie die Auszählung auf der Empore der Turnhalle mitverfolgt hatte. "Ich war total aufgeregt", gesteht sie ein. Vom Ergebnis mit über 83 Prozent sei sie total überwältig. "Das hat mich unglaublich gefreut. Ich schwebe noch auf Wolke 7." Für Lisa Krein ist dieser hohe Vertrauensvorschuss der Schwanfelder allerdings auch eine Verpflichtung. "Jetzt muss ich liefern." Mit einem "guten Gemeinderatsteam" an der Seite sei ihr darum aber nicht bange. Gefeiert hat sie den Sieg nicht lange und nur im engsten Kreis, denn bereits am Montagmorgen wartete ihre Arbeit im Estenfelder Rathaus. Dort ist Lisa Krein noch bis zum 30. April Geschäftsleiterin. "Das will ich hier ordentlich zu Ende bringen und mich dann ganz meinen neuen Aufgaben in Schwanfeld widmen."
In Wipfeld war mit Tobias Blesch als einzigen Bürgermeisterkandidaten der neue Amtsinhaber so gut wie gesetzt. Gegenüber den Kommunalwahlen 2014, wo er mit 90 Prozent gewählt wurde, hat der 39-Jährige zwar Stimmen eingebüßt, ist mit dem Wahlergebnis von 84,4 Prozent aber trotzdem "sehr zufrieden". Besonders freut ihn die neue Zusammensetzung des Gemeinderats. "Die Hälfte der Gremiumsmitglieder ist jünger als ich, die andere Hälfte älter. Das ist ein echter Generationswechsel." Insgesamt sind sieben Neulinge im Wipfelder Gemeindeparlament.
Die Auszählung hat Bürgermeister Blesch im Wipfelder Rathaus verfolgt, wo danach im kleinen Kreis etwas gefeiert wurde. Die öffentliche Wahlbekanntgabe hatte man wegen des Cornavirus abgesagt.