
Man darf ihn wohl als wichtigen Stimmungstest vor der Bürgermeisterwahl im September sehen: Den Bürgerentscheid, mit dem an diesem Sonntag über die Schaffung eines großflächigen Einzelhandels am nördlichen Ortsrand von Dittelbrunn entschieden werden soll.
6060 Stimmberechtigte sind am 13. August aufgefordert, die Frage mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten, in zwei Wahllokalen, jeweils in Hambach und Dittelbrunn. Angesichts der Urlaubszeit hat die Gemeindeverwaltung bereits frühzeitig, zusätzlich zu den Abstimmungsscheinen, Briefwahlunterlagen versandt. Aktuell gibt es bereits einen Rücklauf von knapp 3000 Wahl-Briefen.
1212 gültige Stimmen sind nötig
Für eine klare Entscheidung braucht das Lager der Befürworter wie Gegner eine Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen, wobei diese mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten repräsentieren muss: in Form von mindestens 1212 gültigen Stimmen. „Das Quorum dürfte erreicht werden“, sagt Geschäftsleiterin Dagmar Aberle, angesichts der sich abzeichnenden regen Beteiligung.
Im Juni hatten mehrere Gemeinderäte 802 Unterschriften eines Bürgerbegehrens eingereicht. Die erforderliche Mindestzahl an Unterschriften von Wahlberechtigten wurde erreicht. Möglich wurde dadurch ein Entscheid zur Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass ein großflächiger Einkaufsmarkt im Baugebiet Oberer Grund (nördl. Teil) in Dittelbrunn entsteht?“
Zu den Initiatoren zählt vor allem Udo Jablonski, Gemeinderat der Unabhängigen Fraktion und CDW-Bürgermeisterkandidat, sowie der Freie Wähler Lukas Hartung, der damit gegen eine Mehrheit der eigenen Fraktion steht. Jablonski und Hartung plädieren für ein klares „Nein“ und verweisen unter anderem auf steigende Verkehrsbelastung, Flächenverbrauch, zahlreiche Supermarktangebote in der Umgebung, vor allem aber eine mögliche Gefährdung des bestehenden Hambacher Tegut-Markts.
Tegut-Markt in Hambach erhalten
Geht es nach Bürgermeister Willi Warmuth, der den Vollsortimenter als zusätzliches Einkaufsangebot begrüßt, aber möglichst auch den Hambacher Tegut-Markt erhalten will, stimmt eine Mehrheit der Bürger mit „Ja“.
Im Rathaus wird darauf verwiesen, dass es bei den Vorentscheidungen zu „Dittelbrunn Nord“ noch Einmütigkeit gegeben habe. Im November 2015 hatte der Gemeinderat mit einer Gegenstimme den städtebauliche Entwurf dafür beschlossen: Beinhaltet war damals der mittlerweile fast fertiggestellte Generationenpark am Marienbach, außerdem eine noch unbebaute Fläche für seniorengerechtes Wohnen. Und eben eine Fläche für die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels, im äußersten Norden des Areals, an der Heeresstraße.
2016 wurde die entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen und ein Architekturbüro mit der Planung beauftragt – jeweils einstimmig, wie Willi Warmuth betont. Mehrere Bewerber sollen seither Interesse an der Ansiedlung eines Vollsortimenters signalisiert haben, mit etwa 1500 Quadratmetern Verkaufsfläche, davon 300 Quadratmeter als Getränkemarkt, plus Bäckerei mit Café und WC?s.
Allerdings hat die Begeisterung am Ratstisch zwischenzeitlich nachgelassen, wobei die Meinungen in allen Fraktionen konträr auseinandergingen. Im Mai beschloss der Gemeinderat, mit 13 zu acht Stimmen, noch die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Dann kam das Bürgerbegehren, das Ende Juni für zulässig erklärt wurde.
Seither wurde und wird um die Stimmen der Bürger gerungen, mit Plakaten, Infozetteln – und einiger Vehemenz. Die Supermarkt-Befürworter erhielten unter anderem Unterstützung in Form von grünen Plakaten, auf die nachträglich ein Hinweis auf die Initiatorin aufgeklebt worden ist: eine Bürgerin, die dem Umfeld der „Mehrheits-Freien Wähler“ zugeordnet wird. Udo Jablonski beklagte wiederum eine „mutwillige Zerstörung“ von Plakaten, die sich gegen einen Vollsortimenter aussprechen.
Ende Juli erhielt die Gemeinde außerdem Post von der Tegut-Geschäftsleitung in Fulda. Die Firma wies, als „Klarstellung“ eines Flyers der Supermarkt-Unterstützer, darauf hin, dass es eine „Revitalisierung“ des Hambacher Markts, „zumindest für eine Übergangszeit“, nur dann geben könne, wenn der Zuschlag für den Neubau an Tegut und nicht an den Mitbewerber Edeka gehe. Ein Umzug des Bestandsmarkts ins ehemalige Schleckergebäude habe das Unternehmen mehrfach abgelehnt. Diese Fakten sollten den Bürgern auch so vermittelt werden.
In einem Antwortschreiben vom 7. August, das dieser Redaktion vorliegt, zeigte sich Willi Warmuth irritiert, dass Tegut „doch sehr aktiv in die örtliche Gemeindepolitik“ einzugreifen versuche. Eine Entscheidung des Gemeinderats für einen Anbieter sei noch nicht getroffen worden, heißt es. Vielmehr wünscht sich Warmuth „konkrete und verlässliche Aussagen“ von Tegut, wie die Zukunftsplanung für Hambach aussehe, etwa bezüglich einer künftigen Versorgung mit Fleisch- und Wurstwaren.
Insbesondere zeigte sich Warmuth verwundert, dass der Tegut-Brief in Kopie auch an die „Bürgerinitiative gegen den Bau des Seniorenzentrums am Sonnenteller“ gegangen sei: „Inwiefern Letztere beteiligt sind, kann man dadurch nur vermuten.“
Thema Seniorenzentrum
Sicher ist: Am 21. August wird der Gemeinderat über die Zulässigkeit eines weiteren angestrebten Bürgerentscheids entscheiden.
Das derzeit für die Dittelbrunner Ortsmitte geplante Seniorenzentrum dürfte allerdings erst nach den Septemberwahlen zur Abstimmung kommen.
Von Kritikern wurde bereits der nördliche Ortsrand am Generationenpark als möglicher Alternativstandort genannt.