
Die Braugerste bekommt Ulrich Martin in diesem Jahr erstmals von Landwirtschaftsmeister Daniel Stenzinger aus Waldsachsen, der sie auf 15 Hektar exklusiv für die Brauerei aus Hausen angebaut hat. Verarbeitet wird die Gerste dann bei der Mälzerei Schubert in Schweinfurt. „Qualität aus der Region für die Region“, so nennen die Beteiligten den lokalen Schulterschluss.
Ein regionales Bündnis mit Seltenheitswert
Damit die Öffentlichkeit das auch erfährt, ist die Presse eingeladen. Der Termin wird trotz des in den letzten Tagen sehnsüchtig herbeigesehnten Regens letzte Woche durchgezogen. Auf den Hügel zwischen Waldsachsen, Forst und Hausen liegt das Feld, das alle Protagonisten nach dem Foto-Shooting zwar mit schmutzigen Schuhen, aber viel Freude über ihre lokale Partnerschaft verlassen. In einer Scheune der Stenzingers in Waldsachsen findet dann das Interview statt.
„Der Begriff Regionalität und Nachhaltigkeit soll nicht zur Floskel verkommen“, begründet Brauereichef Martin das Bündnis der nur wenige Kilometer voneinander entfernten Partner. Susan Schubert, die Inhaberin der Mälzerei in der Mainberger Straße, spricht sogar von einem „guten Gefühl“, weil die Gerste eben nicht „über Kilometer hierher gekarrt werden muss“. Und auch Daniel und sein Vater Alfons Stenzinger loben das „Miteinander von zweimal Land und einmal Stadt“ über den grünen Klee, obwohl es sich ja um Braugerste handelt.
Ein Schild am Wegesrand des Gerstenfeldes weist auf den lokalen Schultershluss hin
Weil Braugerste in Deutschland Mangelware ist und die Mälzereien bis zu 50 Prozent ihrer Rohware im Ausland einkaufen müssen, „habe ich mich schon vor Jahren dazu entschlossen, meine eigene Gerste anbauen zu lassen“, schildert der Braumeister aus Hausen. Mit Landwirt Stenzinger, den er natürlich kennt und noch dazu wie die Brauerei aus einem Schonunger Ortsteil stammt, glaubt er einen erfahrenen Partner gefunden zu haben.
Rund 300 Hektar beackern die Stenzingers. Fürs Spezial-Bier aus der Martin-Brauerei wurde im Frühjahr auf rund 15 Hektar die Sorte Avalon ausgesät. Ein Schild am Feldrand weist den Wanderer auf die Besonderheit hin. In zwei bis drei Wochen wird geerntet und die Gerste bei der Mälzerei Schubert angeliefert, von der Martin „seit eh und je“ sein Malz bezieht.
Bei dem erwarteten Malzertrag ist mit einem Bier-Engpass nicht zu rechnen
Mit sechs bis sieben Tonnen Ertrag der Sommergerste pro Hektar rechnet Daniel Stenzinger. Das daraus resultierende Malz reicht für die Martin-Produktion aus, bestätigt der Brauereichef. Für den Reporter rechnet Susan Schubert, in der fünften Generation in der 1873 gegründeten Mälzerei aktiv, noch ein wenig weiter. 100 Tonnen Gerste erbringen 80 Tonnen Malz, das wiederum würde 4800 Hektoliter oder 48 000 Kisten Bier ermöglichen. Bei knapp 4000 Hektoliter Jahresausstoß der Brauerei Martin ist so kein Engpass zu befürchten.
Ausgesät ist zweizeilige Sommergerste. Das hat mehrere Vorteile, berichten die drei Spezialisten: Sommergerste macht feineres Bier, ist eiweißärmer, was deshalb für die Bierherstellung von Bedeutung ist, weil man mehr Hektoliter rauskriegt. Auch Weißbier, erfährt der Reporter, enthält nicht nur Weizen, sondern auch Gerstenmalz.
Landwirtschaftsmeister Stenzinger hat über die 15 Hektar für Martin weitere 19 Hektar Sommergerste angebaut. Diese allerdings ausschließlich zur Saatgutvermehrung. Das ist nötig um die Landwirtschaft mit ausreichend Qualitätssaat- und Pflanzgut der zugelassenen Sorten versorgen zu können.
Alle Protagonisten outen sich als Bierliebhaber
Letzte Frage: Bier oder doch lieber mal einen Schoppen Wein? Ulrich Martin lacht, Alfons Stenzinger sagt „lieber Bier“ und Susan Schubert outet sich als Bierfan, der Pils, auch Mal anderthalb Liter, bevorzugt, aber ein Starkbier durchaus mit Liebe konsumiert. Das gibt's zu gewissen Zeiten bei Martin in Hausen mit Gerste aus Waldsachsen und Malz aus Schweinfurt.