
Wie viele Stühle für Besucher es im Ebracher Hof denn gebe, will einer der Gäste wissen. Da muss Anita Kaltenbach passen, die genaue Zahl weiß sie nicht. Auf die kommt es auch nicht an. Die gut 20-köpfige Gruppe des Goethe-Instituts Tokio ist an vielen Aspekten der Schweinfurter Stadtbücherei im Ebracher Hof interessiert. Nach einem Besuch in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt ist Schweinfurt dran, tags darauf geht es weiter nach Würzburg.
Es sind japanische Hochschuldozenten, Bibliothekare, Ehrenamtliche, Architekten und sogar Möbeldesigner, die etwas über das deutsche Bibliothekswesen erfahren wollen und sich nach einer Einführung im Gewölbekeller von der Büchereichefin durch das alte Gemäuer führen lassen. Und spürbar beeindruckt das lichtdurchflutete Untergeschoss der Sachbuchabteilung betreten. Alles so sauber und ordentlich, lobt eine Besucherin. Ein Besucher, Architekt offensichtlich, will wissen, wie die Eichensäulen, die den Vorplatz über dem Untergeschoss tragen, mit der Betondecke verbunden sind, ein anderer, warum der Boden abschüssig ist.
Anita Kaltenbach erklärt die technischen Lösungen des aufwendigen Umbaus und zeigt besondere Details wie etwa das gotische Maßwerk des Fensters der ehemaligen Kapelle. Ein wenig fröhlicher wird die hochkonzentrierte Stimmung, als die Gäste belustigt das Manga-Regal in der Kinderabteilung entdecken. Ständig klicken Fotoapparate und Handys, ein junger Mann und eine junge Frau, vermutlich Möbeldesigner, sind fasziniert von den Leselampen, die wie biegsame Schwanenhälse aus den Tischplatten ragen. Hin und wieder werden sogar Maßbänder gezückt, um Regaltiefen oder Tischhöhen zu ermitteln.
Mitzi Katayama, Führerin und Dolmetscherin, übersetzt vom Japanischen ins Englische und zurück. Etwa die große Anerkennung, die die Gäste dafür haben, wie pfleglich und liebevoll hier mit einem alten Gebäude umgegangen wird. Das gelinge in Japan sehr selten, weil historische Gebäude meist aus Holz und damit nicht so dauerhaft seien.
Übrigens machen sich auch japanische Büchermenschen angesichts der digitalen Medienflut hin und wieder Sorgen um die Zukunft des gedruckten Buchs. Die entsprechende Frage in die Runde bejahen die meisten Gäste mit heftigem Nicken. Aber nicht alle. „Ich mache mir keine Sorgen um das Buch“, sagt ein älterer Bibliothekar mit Nachdruck.