
Die Frage sei längst nicht mehr, wann der Wolf kommt, sondern wann das größte Raubtier aus der Hundefamilie in der Region sesshaft wird, sagt Gerold Ort, der auf dem zentralen Gras- und Buschland des ehemaligen Truppenübungsplatz Brönnhof Rinder und Pferde ganzjährig grasen lässt. Und ganz klar ist für Gerold Ort auch, wo sich der Wolf zwischen Main und Rhön zuerst niederlassen wird: nämlich neun bis 14 Kilometer nördlich des Schweinfurter Stadtzentrums in den ausgedehnten Wäldern des von 1936 bis 2014 militärisch genutzten Brönnhofs, also im Norden seiner Weiden– zwischen Pfändhausen, Maßbach, Volkershausen und Madenhausen.
Landschaftspfleger auf vier Beinen
Im Osten der gut drei Quadratkilometer großen Rodungsinsel in der Mitte des ehemals drittgrößten Truppenübungsplatzes der US-Army in Europa hat Gerold Ort vom Bundesforstamt Reußenburg (Hammelburg) seit fünf Jahren 60 Hektar Koppelgelände und 80 Hektar Grünland gepachtet. Anfangs waren es zehn der dem Wildpferdetyp ähnlichen Koniks (robuste Ponyrasse aus Mittel- und Osteuropa, die immer öfters in der Landschaftspflege eingesetzt wird) und ein Dutzend Angus-Rinder (ebenfalls Landschaftspfleger, entweder einfarbig schwarz oder rot und stets hornlos). Aktuell sind es im Nationalen Naturerbe Brönnhof ständig um die 20 Pferde und im Winter bis zu 60 Rinder, von denen ein Teil ab Mai und bis zum ersten Schnee auf die Sommerweiden zwischen Pfändhausen und Pfersdorf, bei Zell und im Lauerbachgrund gebracht wird.

Während die Pferde zwölf Monate im Jahr auf den Weiden stehen, kommen die Rinder im Winter den den Bereich von Camp Robertson, wo es Unterstellmöglichkeiten gibt. Zugefüttert wird dann bei den Pferden und Rindern nur das Heu, das auf den nicht gedüngten Brönnhof-Wiesen geerntet wurde und wegen der "vielen Kräuter besonders schmackhaft ist".
Eine Ausnahme gibt es beim Kalben in der kalten Jahreszeit. Für die Muttertiere wird dann Luzerneheu (Schneckenklee) aus eigener Erzeugung auf den Brönnhof gefahren. Ort: "Ob Sommer, ob Winter: unsere Tiere sind gesund und fit." Von Krankheiten seien die Tiere in den vergangenen fünf Jahren weitestgehend verschont geblieben. Vor drei Jahren musste jedoch ein Fohlen nach einem Schlangenbiss (vermutlich Kreuzotter) eingeschläfert werden.
Tägliche Kontrollen
Die Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt, dem Bundesforst und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt klappe reibungslos, freut sich Gerold Ort, der von seinem Pferdehof "Lindenhof" am Ortsrand von Hambach an den meisten der 365 Tage im Jahr ein- bis zweimal zum Brönnhof fährt und nach dem Rechten schaut. Unterstützt wird er von Sohn David und auch von Angestellten des Pferdehofs. Regelmäßig zu kontrollieren sind die Tiere, acht Kilometer Zaun, das Futter und die Wasserfässer.

Größerer Ärger mit Besuchern kommt nicht vor. Der Wunsch, die Tiere nicht zu füttern, werde ein- und Hunde würden zumindest häufig an der Leine gehalten. Warum immer wieder Freizeitsportler ihre Räder über Zäune hieven, um 500 Meter Weg abzukürzen, erschließt sich Ort allerdings nicht.
Geschlachtet wird unter freiem Himmel
Während beim Kalben (etwa 20 Geburten im Jahr) der Mensch beobachten und notfalls eingreifen muss, bleiben die Pferde sich selbst überlassen. "Den Nachwuchs (halbes Dutzend Fohlen im Jahr) sehen wir dann irgendwann mit dem Fernglas", so Ort. Auf dem Brönnhof wird geboren und gestorben. Zweimal im Monat kommt der Metzger und der Amtstierarzt. Die Schlachtung von jeweils einem Rind findet unter freiem Himmel statt, was der Gesetzgeber nur bei ganzjähriger Freilandhaltung erlaubt. Der Fleischverkauf läuft über den Lindenhof.
Trotz hoher Nachfrage will Ort nicht mehr Rinder halten und schlachten. "Ich engagiere mich aus Leidenschaft und habe meine Vision von der artgerechten Tierhaltung. Mehr geht nicht. Mehr würde auch keinen Spaß machen." Und so wie es laufe, seien auch die Kosten für die hohe Pacht und die Arbeitskraft gedeckt.

Munitions- oder andere Funde aus der militärischen Nutzung haben in fünf Jahren keine Probleme bereitet. Diese erwartet Ort vom Klimawandel. Obwohl es auf dem Brönnhof messbar mehr als am nur fünf Kilometer entfernten Lindenhof regne, sei es auch hier viel zu trocken und die Niederschläge seien zu unregelmäßig verteilt.
Wenn der Wolf bleibt, kommt der Elektrozaun
"Gelassen" geht Ort das "spannende" Thema Wolf an, der sicherlich schon seit vielen Jahren die Gegend durchziehe, aber bislang nicht sesshaft geworden sei. "Bleibt der Wolf, dann müssen wir Maßnahmen ergreifen," sagt Ort und meint damit vor allem den Bau eines Elektrozauns mit fünf Litzen (auf eine Höhe bis zu 120 Zentimeter). Und da die unterste Ader nur 20 Zentimeter über dem Boden verlaufen müsse, damit der Wolf nicht berührungsfrei durchkriechen kann, werde man künftig mindestens viermal und nicht mehr nur zweimal entlang des 8000 Meter langen Zauns mit der Hand das Gras mähen müssen. Die Aufgabe der Politik sei es, die Bejagung des Wolfs zu regeln, also des Wildtiers, das keine natürlichen Feinde hat und dessen Bestände durch den Menschen zu regulieren seien.