Zum Artikel "Statt Bus lieber wieder das Auto" vom 4. Januar, erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:
Zuerst möchte ich dem Schweinfurter Tagblatt ein Riesenlob aussprechen, dass sie sich diesem Thema annehmen und den Bürgern die Chance geben, ihre Meinung, Sorgen und Ängste zu schildern.
Ich kann es nicht verstehen, warum ein gut funktionierendes Busnetz nach 50 Jahren jetzt geändert werden muss und das auch noch zum Nachteil vieler Fahrgäste.
Die Stadtwerke lassen die Fahrgäste nicht nur sprichwörtlich, sondern in der Tat im Regen stehen. Man muss sich nur die Haltestelle in der Breslaustrasse in Schweinfurt anschauen, da steht ein schön verglastes, windgeschütztes – mit Sitzbank – gebautes Bushäuschen, das aber vom Stadtbus seit dem 1. Januar nicht mehr angefahren wird. Ein paar Meter weiter in der Oskar-von-Miller-Straße müssen jetzt die Fahrgäste in einer provisorischen, neu installierten Haltestelle, bei Wind und Regen stehend auf den Bus warten. Diese Halterstelle ist nicht überdacht und es gibt keine Sitzmöglichkeiten.
Da fragt man sich, wer sich sowas ausgedacht hat und warum das überhaupt umgesetzt werden konnte.
Das ganze Konzept überfordert vor allem Ältere und Menschen mit Behinderung. Die tun sich sowieso schwer im Straßenverkehr und sind oft unsicher mit Veränderungen und als ob es noch nicht genug wäre, kommt als Krönung obendrauf das bargeldlose Busfahren. Für mich ist es nicht nachvollziehbar und meiner Meinung nach für viele Menschen nicht zumutbar. Viele Senioren haben noch nie in ihrem Leben mit einer Karte bezahlt, geschweige denn mit einem Handy und jetzt werden neue Fahrzeiten, Bushaltestellen und das bargeldlose Bezahlen eingeführt. Mich würde es nicht wundern, wenn jetzt immer seltener insbesondere Ältere und Menschen mit Behinderung keinen Bus mehr fahren werden. Es ist oft die einzige Abwechslung im Alltag, in dem Senioren unter Menschen sind und soziale Kontakte pflegen, wie etwa einen Kaffee mit einer Freundin oder Bekannten in der Stadt zu trinken und um nette Gespräche zu führen. Jetzt soll es für viele nicht mehr so einfach gehen? Echt traurig.
Gerade für Senioren ist es sehr wichtig, die Zeit mit ihren liebsten Mitmenschen zu verbringen um nicht zu vereinsamen. Doch traurigerweise ist es nicht auszuschließen, dass durch die massiven Veränderungen der Stadtwerke Freundschaften und Bekanntschaften in Zukunft nicht mehr gepflegt werden können.
Es sind aber nicht nur die Fahrgäste, die von den Änderungen betroffen sind, sondern auch die Autofahrer.
Beispiel eins: Siehe am Kreisel/Hauptbahnhofstrasse. Da hat man kurz nach der Ausfahrt "Am Kreisel" in Richtung Hauptbahnhof eine provisorische Haltestelle installiert, natürlich wieder ohne Überdachung und ohne Sitzbank. Es ist jetzt schon davon auszugehen, dass der Bus den fließenden Verkehr kurz nach der Ausfahrt behindern wird, da er dort halten muss, anstatt an der jetzt stillgelegten, sicheren und gut funktionierenden Haltestelle in der Friedrichstrasse.
Beispiel zwei: Durch die Erneuerungen der Fahrstrecken fährt jetzt der Bus die Brombergstraße entlang und muss nun links (vorher konnte er direkt nach rechts zum Hauptbahnhof fahren) in die Oskar-von-Miller-Straße abbiegen. Jetzt muss der Bus aber den Gegenverkehr durchlassen um links abbiegen zu können. Dadurch blockiert er die Kreuzung und der darauffolgende Verkehr stockt, somit kommen weniger Autos durch die grüne Ampelphase.
Übrigens, durch die einschneidenden Veränderungen kommt noch ein negativer Aspekt hinzu, denn wenn weniger Menschen die Innenstadt mit dem Bus besuchen, stirbt der Einzelhandel und andere Geschäfte in der Stadt nach und nach aus.
Ich hoffe, dass die Stadtwerke einige gravierende und bereits umgesetzte Veränderungen überdenken und zurücknehmen, denn Theorie und Praxis sind "zwei paar Schuh".
Waldemar Balzer
97424 Schweinfurt