"Soon, and very soon, we are going to see the king", "Schon bald, sehr bald, werden wir den König sehen": Der Klassiker erklang zum Schluss, beim Abschiedskonzert von "Bridge to a Prayer", passenderweise im Kirchenzelt von Christkönig. Nur eine Stunde lang wollte der Gospelchor noch singen und grooven, mit Zugaben wurde es doch wieder länger. "Wir haben ein enges Zeitmanagement", flachste Chorleiter Holger Blum am Flügel, als er das Publikum zum Mitsingen aufforderte, beim finalen "Hallelujah".
Trotz sommerlicher Temperaturen war die Kirche gut gefüllt, mit fast 300 Besuchern. Nach fast 30 Jahren und mehr als 100 000 Euro gesammelten Spendengeldern ließen die Jungs und Mädels in Schwarz-Blau eine große Zeit ausklingen, ruhig und stimmungsvoll.
Das mit dem Zeitmanagement wurde tatsächlich immer schwieriger, angesichts hohen organisatorischen Aufwands für Proben und Auftritte. "Ich bin der Älteste", sagt Gründer Holger Blum, Jahrgang 1969. Viele der frühen Mitglieder müssten sich jetzt zuhause um die Familie kümmern, hätten Pflegefälle oder andere Verpflichtungen. Manche der jüngeren "Eigengewächse" seien durch Studium oder Beruf aus Schweinfurt weggezogen. 60 Sänger waren es zur Glanzzeit, in Christkönig sind noch 30 dabei. Entsprechend wäre es in Zukunft schwierig geworden, die Qualität zu halten, meint der Arzt, Dirigent und "Piano Man" Holger Blum aus Grafenrheinfeld.
"BtoaP", das war mal der "Gospelchor Dreieinigkeit", benannt nach der evangelischen Kirchengemeinde, ein ökumenisches Projekt zusammen mit St. Michael. Los ging es um das Jahr 1990 herum, mit Auftritten in der Schlosskirche Werneck oder der Oberndorfer Kreuzkirche. Blum übernahm die kleine Truppe von Thomas Bickel, in der Schweinfurter Jazzszene heute bekannt als "Mad Bob". Zum frischen "Jugendstil" trugen Studenten der nahen Fachhochschule bei: "Aus zehn Leuten wurden bald 30."
In 30 Jahren vier eigene CD-Produktionen aufgenommen
Mit Unterstützung von Pfarrer Rainer Oechslen und Nachfolgerin Eva Loos entwickelte sich der Kirchenchor rasch zum Selbstläufer. 1996 wurde im Schüttbau Rügheim die erste von vier CDs aufgenommen: "Bridge to a Prayer", "Brücke zum Gebet". Erster Song auf der Scheibe war die Ballade "Bridge over Troubled Water" von Simon & Garfunkel, letztes Stück "Livin´ on a Prayer" von Jon Bon Jovi: aus der Kombination entstand der Chorname.
"Wir wollten eine Brücke bauen zwischen Kirchgängern und denen, die sagen Kirche ist uns wurscht", sagt Blum. "Mal über das Leben nachdenken" – darum gehe es ja auch in vielen modernen, oft überraschend christlich geprägten Songs. Rap, Soul, Blues, Rock oder Reggae zählten zum gefühlvollen Repertoire, von Künstlern wie Sido, Robbie Williams, Sting, Bob Marley.
Horst Schneider von den Schweinfurter Marktkaufleuten war einer der frühen Förderer: "Dem haben wir ganz viel zu verdanken." Der Chor erhielt ein Klavier und Auftrittsmöglichkeiten im Evangelischen Gemeindehaus. Später sorgten die großen, alljährlichen Benefizkonzerte für eine volle Grafenrheinfelder Kulturhalle, mit "O Happy Day", "Joy" und Knicklicht-Romantik. Auch die Coburger Firma Brose zählte zu den Sponsoren.
Auftritt vor 1200 Zuschauern im Coburger Rosengarten
Unvergessen ist der Auftritt im Coburger Rosengarten, vor 1200 Fans. Von Anfang an wurden Spendengelder gesammelt: Sei es für "Schweinfurt hilft Schweinfurt", für die Palliativstation, Schweinfurter Tafeln, Kindergärten, die Bahnhofs-Mission oder Klinikclowns – die Liste ist lang. Der 2004 gegründete Verein wird jetzt formal aufgelöst, das Vermögen an die Gemeinde Dreieinigkeit gespendet.
Nun, beim Abschlusskonzert, kamen noch einmal rund 1250 Euro zusammen, für den Umbau der Kirche St. Anton. Sämtliche Brücken hinter sich abbrechen will "BtoaP" aber nicht: Zwei, dreimal werde man sich noch zur "Probe" treffen, sagt Blum, es werde ein Sommerfest geben – und die Möglichkeit zu einem spontanen Revivalauftritt in ein paar Jahren.
"Wir hatten sehr viel Spaß", sagt der Dirigent, Freundschaften seien im Chor entstanden, Ehen geschlossen worden. In Christkönig zeigt der Charity-Chor nochmal sein Können, mit starken Solisten wie Jens Weber, Karlheinz Röder und Claudia Bergmüller-Franzke (die beiden Vereinsvorsitzenden sind aus Bamberg angereist). Es gibt wehmütigen Applaus und stehend dargebrachtge Ovationen, nicht allein wegen des Gänsehaut-Konzerts, sondern auch für drei Jahrzehnte Schweinfurter Musikgeschichte.