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SCHWEINFURT
Braves Ausrasten mit dem Schmutzki Mob
Brave Veranstaltung: Schmutzki-Konzert im Stattbahnhof.
Foto: Wolfram Hanke | Brave Veranstaltung: Schmutzki-Konzert im Stattbahnhof.
Von unserem Mitarbeiter Wolfram Hanke
 |  aktualisiert: 11.12.2015 03:34 Uhr

Eine Band, die ihren eigenen Fanclub hat, kommt selten in den Stattbahnhof nach Schweinfurt. Die Norweger Rock?n?Roller Turbonegro haben die sogenannte Turbojugend und die Stuttgarter Punkband hat den Schmutzki Mob. Ganz leicht zu erkennen an den knallroten T-Shirts mit dem weißen Schriftzug drauf. Der Schmutzki Mob besteht aber eher aus Gymnasiasten und Studenten, als aus gewaltbereiten, marodierenden Horden. Mit dem Konzert in Schweinfurt setzen die Stuttgarter die Tour zu ihrem Debütalbum „BÄM“ nach einer fast dreiwöchigen Pause fort. Und sie sind sofort auf Betriebstemperatur.

Die Erwartung an den Publikumszuspruch war beim Würzburger Veranstalter im Vorfeld wohl nicht allzu groß, denn der große Saal vom Stattbahnhof wurde mit Tüchern zur Hälfte abgehängt. Trotzdem finden sich 150 hoch motivierte Gäste ein, die ihre neue Lieblingsband lautstark unterstützen. Schmutzki sind eine lupenreine Teenie-Band. Im Publikum sind kaum Nieten und Irokesen-Schnitte zu sehen, wie sonst im Stattbahnhof. Es dominieren brave Scheitel und Akne-Probleme, sogar zerrissene Jeans sucht man vergebens.

Das Konzert hat den Charakter einer Oberstufenparty, einer sehr ausgelassenen allerdings. Das Vorprogramm bestreitet die Punkrock-Band Turbobier aus Wien. Die Österreicher bedienen textlich perfekt pubertäre Bedürfnisse: sie rufen zum Nichtstun auf, schimpfen über die Polizei und machen Werbung für die Bier-Partei. Die meisten Ansagen drehen sich rund um den Gerstensaft. Turbobier liefern harmlosen Punkrock der hedonistischen Sorte. Keine Kampfansagen an Neonazis oder Politiker, alles dreht sich um Bier, Spaß und Fußball. Höhepunkt der Show ist ein umgedichteter Song von Schlagerstar Helene Fischer: „Arbeitslos durch den Tag!“ Nach 30 Minuten ist Schluss und die Wiener haben Feierabend.

Nach kurzer Umbaupause kommen Schmutzki auf die Bühne. Die Jungs stehen mit ihrer Karriere noch am Anfang, bauen noch selbst ihre Verstärker auf, stöpseln selbst ihre Gitarren ein und tupfen sich selbst den Schweiß von der Stirn. Trotzdem haben die drei Jungs ihr Publikum von Anfang an im Griff. Ihre Songs bewegen sich irgendwo zwischen den schnoddrigen Texten von Kraftklub und den Stakkato-Riffs der schwedischen Band The Hives. Schmutzki sind die ideale Besetzung für Open Air-Festivals im Sommer, wenn junge Menschen sich über und über mit Aufklebern dekorieren und laut grölend mit der Landschaft verschmelzen.

Mit ihrem Debütalbum „BÄM“ sind die Stuttgarter beim Fanta 4-Label Four Music gelandet. Die Schwaben müssen eben zusammenhalten, wenn schon der VfB Stuttgart dieses Jahr absteigt. Die Texte von Schmutzki haben nicht besonders viel Tiefgang. Sie besingen vor allem sich selbst, ihre wilden Parties und ihre Fans. Der Spaß steht eindeutig im Vordergrund. Natürlich gibt es auch einen deutlichen Stinkefinger an „besorgte Bürger“ und Neonazis, aber dieses Statement ist für eine Punkband fast schon obligatorisch.

Die Kids im Publikum gehen vom ersten Moment an mit, zeigen sich ziemlich textsicher beim Mitsingen, tanzen wild und setzen sich auch mal kollektiv auf den Boden und imitieren ein Ruderboot. Bei all den roten T-Shirts kommt man sich schon fast vor wie auf einer außer Kontrolle geratenen Party der Jusos. Bei „Dein Song“ dürfen dann alle, die wollen, auf die Bühne und sich nach und nach in die Arme ihrer Kumpels im Publikum plumpsen lassen. Der Song „Erinner Dich mal“ klingt schon sehr nach „Tage wie diese“ von den Toten Hosen. Der Gig im Stattbahnhof ist das erste Konzert von Schmutzki in Schweinfurt.

150 Fans sind da. Schmutzki werden wiederkommen und dann wird jeder im Publikum wieder dabei sein und vielleicht noch einen Freund mitbringen. Und irgendwann spielen die Stuttgarter vielleicht im Willy-Sachs-Stadion. Die Toten Hosen haben ja auch mal klein angefangen. Wenn sich Beat Schmutz, Dany Horowitz und Flo Hagmüller nicht doch auf ihre akademische Laufbahn als Architekt, Grafikdesigner und Umweltschutztechniker konzentrieren. Nach eineinhalb Stunden Konzert im Stattbahnhof darf der Schmutzki Mob noch kollektiv auf dem Backdrop an der Bühnenrückwand unterschreiben und sich Autogramme von der Band am Merchandise-Stand abholen. Die drei Jungs aus Stuttgart sind noch Stars zum Anfassen. Um 23 Uhr ist Zapfenstreich im Saal. Oje, am nächsten Tag ist Mathe-Schulaufgabe und wieder nix gelernt!

 
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