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KUNSTHALLE
Braun sind meine Farben
Politische Kunst gibt es zahlreich in der Kunsthalle in Schweinfurt, unter anderem sind Hans Tichas politische „Klatscherbrigade II“ und Baumanns „Soziale Plastik“ im Sinne von Josef Beuys im Untergeschoss zu sehen.Fotos: Maria SChabel
Foto: Maria Schabel | Politische Kunst gibt es zahlreich in der Kunsthalle in Schweinfurt, unter anderem sind Hans Tichas politische „Klatscherbrigade II“ und Baumanns „Soziale Plastik“ im Sinne von Josef Beuys im ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 27.04.2023 10:03 Uhr

In der Ausstellung „Edition Block – Weekend“ zeigt die Kunsthalle Schweinfurt noch bis 16. August künstlerisch geäußerte politische und sozialkritische Statements von Joseph Beuys, Sigmar Polke und Wolf Vostell. Darin zu sehen ist auch die fünfteilige Grafikserie „Testbild TV (Braunwerte)“ von KP Brehmer aus den Jahren 1971/72.

Mit jedem Blatt verdunkelt sich der braune Grundton der Darstellung und Schritt für Schritt rückt das zentrale Hakenkreuz in den Fokus des Betrachters. Erst am Ende der Reihe – das Schreckenssymbol des Nationalsozialismus prägnant vor Augen – fällt auf, dass dessen Form von Anfang an den Kern des Fernsehtestbildes ausmacht. Das „braune“ Erbe lauert also die ganze Zeit unter der Oberfläche. Die (Wunsch-)Vorstellung, der Nationalsozialismus sei mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von der Bildfläche verschwunden, war in der jungen Bundesrepublik weit verbreitet. Doch schon bald wurde diese Weltsicht von der sogenannten 68er-Bewegung infrage gestellt. Personelle, institutionelle und auch ideologische Kontinuitäten ließen sich einfach nicht leugnen.

Nicht nur die Fluxus-Bewegung, der Künstler wie KP Brehmer oder Joseph Beuys zuzurechnen sind, wandte sich gesellschaftskritischen Themen zu. Die Kunsthalle präsentiert im Untergeschoss dauerhaft eine Vielzahl künstlerischer Äußerungen, die sich mit dem Verhältnis von Staat und Individuum auseinandersetzen. Hans Tichas „Klatscherbrigade II“ etwa, entstanden 1990 bis 1992, hinterfragt in Form einer anonymen, fleißig klatschenden Menschengruppe den vermeintlichen Zuspruch der Genossen zur Führung der ehemaligen DDR, alles bunt verpackt in den vordergründig fröhlichen Mantel der Pop-Art. Die Fluxus-Vertreter engagierten sich nicht nur politisch, sie forderten auch eine umfassende Verknüpfung von Kunst und alltäglichem Leben. In diesem Sinne ist auch Winfried Baumann als einer ihrer Erben anzusehen. Mit seiner Kunstaktion „Instant Housing“, die ebenfalls in der Schweinfurter Sammlung vertreten ist, thematisiert er einerseits die Hilflosigkeit gesellschaftlicher Randgruppen, andererseits die in der veränderten modernen Arbeitswelt geradezu übersteigerten Ansprüche an die bedingungslose Mobilität des Einzelnen. Seine flexibel ausgestatteten Unterkünfte für die „urbanen Nomaden“ sind dabei nicht nur museale Ausstellungsstücke, sondern auch ein in die reale Welt getragenes Symbol für sozialen Aktivismus.

Tagesaktuell und zeitlos zugleich ist die Kunstaktion „Jeder gegen Jeden“ des Nürnberger Konzeptkünstlers Ottmar Hörl, der mit seinen sozialkritischen Multiples ebenfalls in der Nachfolge von Fluxus anzusiedeln ist. In Form kleiner Gartenzwerge, die das Gesicht des „deutschen Michel“ tragen, führt er dem Betrachter eine besorgniserregende gesellschaftliche Entwicklung vor Augen: Wie die grauen Männchen mit ihren Pistolen am Anschlag sind auch viele unserer Mitmenschen zunehmend auf den eigenen Vorteil bedacht. Anonym verborgen hinter der grauen Masse hinterlassen sie dabei oft unschuldige Opfer.

„Ich kenne kein Weekend“, Beuys, Polke, Brehmer, Hödicke, Hutchinson, Köpcke und Vostell in der Edition Block, Kunsthalle Galerie im Quadrat, bis 16. August. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr. Infos: www.kunsthalle-schweinfurt.de

Klassische politische Kunst: Ottmar Hörls kleine Zwerge gehen metaphorisch gesprochen bereitwillig über Leichen.
Foto: Maria Schabel | Klassische politische Kunst: Ottmar Hörls kleine Zwerge gehen metaphorisch gesprochen bereitwillig über Leichen.
Der Faschismus ist noch immer präsent, wie KP Brehmers Serie in der neuen Kunsthallen-Ausstellung „Weekend“ künstlerisch zeigt.
Foto: Maria Schabel | Der Faschismus ist noch immer präsent, wie KP Brehmers Serie in der neuen Kunsthallen-Ausstellung „Weekend“ künstlerisch zeigt.
 
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