
Der Zyprer oder Zypriote pflegt die mediterrane Küche, die auf der fruchtbarsten aller Mittelmeerinseln von vielen Kulturen beeinflusst wurde, von Assyrern, Ägyptern, Persern, Griechen, Römern, den Kreuzrittern und von Ansgar Zänglein, Metzgermeister und Wirt der Goldenen Flasche in Hambach.
Gegrilltes mag der Zyprer, Lamm, Schwein, Geflügel und Kaninchen darf es sein, Rind weniger, da das Weideland fehlt. Künftig können die Bewohner der Insel, die seit dem 9. Jahrtausend vor Christus besiedelt ist, auch fränkische Bratwürste auf den Rost legen, hergestellt nach dem Rezept von Ansgars Großvater. Und für zwischendurch gibt es zyprer Weintwister, also fränkische Weindreher zu frischem Weißwein, der auf knorrigen Rebstöcken seit 5000 Jahren – weil von der Reblaus verschont geblieben – ungepfropft wächst. Auch Zängleins Leberkäse kam Ende Februar nach Nikosia.
Der Nachfahre der Kreuzritter – zumindest Ansgar sieht sich als einen von jenen, die von 1184 bis 1489 auf Zypern herrschten – hat einen Headhunter, einen Kopfjäger in der Schweiz, der weltweit Bäcker, Metzger und Köche vermittelt. Dieser und die Gewürzfirma Friedrich, die fast ausschließlich im Nahen Osten aktiv ist, haben Zänglein in die Hauptstadt der Republik mit 220 000 griechischen Zyprioten im Südteil von Nikosia gebracht (55000 türkische Zyprer im Nordteil).
Nach wenigen E-Mails und zwei Telefonaten, geriet der Metzgermeister am Flughafen mit Laptop, Handy und Temperaturmesser in die Kofferkontrolle, versicherte, dass das Messgerät ein solches ist und nur aussieht wie eine Pistole, ehe er in die Hafenstadt Lanarka flog. Kollege Alexander fand Ansgar schnell, denn der 47-Jährige trug ein Schild mit der Aufschrift „Ansgar“ vor der Brust. „Dass wir Freunde werden, war mit von Anfang an klar“, sagt der Hambacher. Alexander, 29 Jahre, ist der Juniorchef der Metzgerei Lytras, steht für die dritte Generation im Familienunternehmen, das seit 1935 existiert und die älteste Metzgerei in Nikosia sein soll. Sein Vater Costa war in den 70er Jahren in Deutschland, besuchte das Goethe-Institut, arbeitete in einer Metzgerei im mittelfränkischen Dietenhofen.
Schon vor Ansgar Zänglein waren Fleisch und die ebenfalls von ihm bestellten Gewürze angekommen. Vor allem Schwein, aber auch Rind wurden verwurstelt, in einer Woche über eine Tonne. Der 200-Liter-Kutter zum Zerkleinern und Mischen von Fleisch musste zwar erst repariert werden, doch ansonsten war alles „tipptopp“, Helfer Rassel (aus Pakistan) neugierig und fleißig. Was die Lytras herstellen wollen, das wusste Ansgar seit Lanarka. Auf dem Lieferwagen, mit dem er abgeholt wurde, waren deutsche Wurstwaren abgebildet. Die Vorlage stammte aus dem Internet. Was Leberkäse und Weißwürste sind, wie beide hergestellt werden, das sollte der Mann aus Franken zeigen, alles in Englisch erklären, denn künftig will Lytras nicht nur Hotels beliefern, sondern den alten Laden flott machen, an die Zyprioten direkt verkaufen: Wienerle und Ansgars Käsekrainer, fränkische Weindreher, Rohwürste, Brühwürste, Gepökeltes, vor allem aber Bratwürste, auch die nach Opas Rezept, das in Nikosia blieb, Salami, Schinken und Leberwurst.
In die Schweinhaxe kam die Würze in Ermangelung des Profiwerkzeugs per Einwegspritze aus der Apotheke, statt Zitronen- und Orangenpulver kam der Saft der frischen Früchte aus dem Vorgarten in die Pasteten. Nach getaner Arbeit – von 6 bis 21 Uhr – wurde probiert. Ansgar war begeistert – von seiner Wurst, von Alexander, Costa und Rassel, und auch von Anna, Alexanders Mutter, die (nach der eigenen Mutter) den zweitbesten Zitronenkuchen der Welt backe, sagt Ansgar.
Von der Insel hat der Gast nicht viel gesehen. Einmal war er am Strand, in ein paar Kirchen schaute er rein, ein Erlebnis war eine Messe, auf der Ansgar und die Familie Lytras auftischten, zeigten, mit was die Theken in fränkischen Metzgereien bestückt sind, wenn in der Wurstküche alle Register gezogen werden. Zu Ansgars Aufgaben gehörte es, Prozessabläufe zu optimieren, das Räuchern umzustellen, den Garten in einen Biergarten zu verwandeln.
Ob die fränkische Wurst die Zyprer überzeugt, das will Ansgar mit seiner Familie im Sommer sehen, wenn die Durchschnitttemperatur mit 37 Grad acht Grad über der von Mallorca liegen wird. Eingeladen ist Ansgar „jederzeit bei meinen Freunden“.