Der Brandschutz in öffentlichen Gebäuden hält Stadtrat und Verwaltung auf Trab. Die Stadthalle ist deswegen zum Beispiel geschlossen. Gleiches würde jetzt auch dem Bürgerspital, genauer der Stadtbibliothek drohen, wenn nichts geschieht – und zwar umgehend.
Einhellig stimmte der Rat am Montag zunächst einem Interimsweiterbetrieb der Bibliothek zu. Als Sofortmaßnahme müssen weitere funkvernetzte Rauchmelder eingebaut werden. Und: Es dürfen sich einschließlich Personal nicht mehr als 29 Menschen gleichzeitig in den beiden Obergeschossen des Bürgerspitals aufhalten. Die Mitarbeiter waren wegen der Dringlichkeit bereits vor dem Stadtratsbeschluss instruiert worden, darauf zu achten, dasss nicht mehr Besucher in der Bücherei sind. In der Praxis passiert das durch Strichlisten, erklärte Bürgermeister Thorsten Wozniak am Dienstag auf Nachfrage. Ist die Höchstzahl erreicht, muss das Personal weiteren Besuchern den Zutritt verwehren.
Diese strikte Maßnahme ist notwendig, weil die Bibliothek sonst sofort geschlossen werden müsste, es sei denn, die Stadt würde das Risiko bei einem Brandfall tragen. Diese Regelung wurde mit der Gerolzhöfer Feuerwehr und ihrem Kommandanten Roland Feller, Kreisbrandrat Holger Strunk und dem Landratsamt abgesprochen. Sie ist nach Angaben von Bürgermeister Thorsten Wozniak ein Entgegenkommen dieser Stellen und jederzeit widerrufbar.
Wie ist man nun auf das Limit von ausgerechnet 29 Besuchern gekommen? Auf Nachfrage am Dienstag sagt dazu Sandra Nagel vom Stadtbauamt, die Brandschutztür in der Bibliothek würde Hitze und Flammen 30 Minuten standhalten. In dieser Zeit könnte die Feuerwehr bis zu 29 Menschen über die Drehleiter retten, wenn dafür die Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu müssten in der Grabenstraße vier Parkplätze aufgegeben werden, um einen stabilen Standort für das Drehleiterfahrzeug zu schaffen. Gleichzeitig müsste dort die Fläche um 2,50 Meter Richtung Botanischem Garten verbreitert werden. Auch dann dürften aber dauerhaft nicht mehr als 29 Menschen in die Obergeschosse.
Diese Lösung wollte die Stadtratsmehrheit auf Dauer aber nicht. Gegen die vier Stimmen der Freien Wähler votierte die Runde für einen zweiten Rettungsweg. Der soll in Form einer Außentreppe an der Südseite des Gebäudes, also Richtung Grabenstraße entstehen. Optisch schön ist das zwar nicht, doch eine bessere Alternative gibt es nach Darstellung von Sandra Nagel nicht.
Experte erstellte Gutachten
Wegen der Mängel beim Brandschutz hatte die Stadt ein Brandschutzkonzept beim Brandschutzplanungsbüro Endres in Untereisenheim in Auftrag gegeben. Daraus geht hervor, dass die Außentreppe an der südlichen Giebelwand die beste Lösung mit dem geringsten Eingriff in die historische Bausubstanz darstellt. Diese Lösung wurde aber bereits von mehreren Seiten (unter anderem Historischer Verein und Museumsleitung) hinterfragt und kritisiert mit dem Argument, dass durch die Treppe ein weiteres historisches Gebäude, ein ehemaliger Stadtadels-Turm und damit das älteste Steingebäude der Stadt, verunstaltet werde.
Ein Anleiterversuch der Feuerwehr gemeinsam mit dem Brandschutzexperten von der Grabenstraße aus hatte ergeben, dass das Hubrettungsfahrzeug im obersten Leistungsbereich und kurz vor der Abschaltgrenze arbeitete. Sowohl der steuernde Feuerwehrmann im Rettungskorb als auch Hilfsbedürftige wären bei diesem Rettungsweg gefährdet. Bei einem alternativen Rettungsversuch über das Büro der Bibliotheksleitung würden Schäden am Gebäude entstehen, hat der Versuch laut Gutachten weiter ergeben. Das Einsteigen aus dem Gebäude in den Rettungskorb sei außerdem nur mit weiteren baulichen Maßnahmen gefahrlos zu machen. Als Alternative zu dem zweiten Rettungsweg über die Außentreppe sah das Büro Endres nur Varianten mit einem markanten Eingriff in die Gebäudesubstanz. Bei ihnen sei die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde ungewiss.
200 000 Euro für die Treppe
Der Bau des zweiten Rettungswegs kostet nach ersten Schätzungen knapp 200 000 Euro. Bürgermeister Thorsten Wozniak steht aber wie auch Großteil des Stadtrats dazu, weil man das Bürgerspital weiterhin sinnvoll nutzen wolle und zwar ohne Besuchergrenze von 29. Diese Grenze sei schnell erreicht, etwa bei regelmäßigen Veranstaltungen wie "Senioren an die Maus" oder den Treffen der Bücherminis. Eine unbegrenzte Besucherzahl wird es aber auch nach dem Bau der Fluchttreppe nicht geben. Die Grenze steigt dann allerdings auf 99 Besucher. Viel mehr kommen normalerweise ohnehin nicht ins Haus.
Mit dem anlaufenden Bürgerbegehren gegen das Baugebiet "Nützelbach II" brachte Arnulf Koch (CSU) die Kosten in Verbindung. Ohne neues Bauland werde es auf Dauer auch weniger Nutzer der Einrichtung geben, während sich die Kosten auf immer weniger Schultern verteilen. Dennoch sei ihm überzeugend dargelegt worden, dass die Bibliothek mit der Besuchergrenze 29 nicht weiter betrieben werden kann. Ein historisches Gebäude zu nutzen, sei die größte Anerkennung für dieses Gebäude.
Alle Alternativen geprüft
Günter Iff (Freie Wähler) wollte vor einer Entscheidung erst eine Übersicht über Alternativen zum geplanten Fluchtweg. Sandra Nagel sagte dazu, solche Alternativen, beispielsweise Richtung Spitalgarten oder Engel-Anwesen seien geprüft worden, aber entweder technisch nicht machbar oder zu teuer. Das gelte auch für eine aufblasbare Rettungsrutsche. Die sei kein geeignetes Rettungsmittel für Senioren, sagte Thomas Vizl (Geo-net). Dritter Bürgermeister Markus Reuß (CSU) lieferte eine weitere Begründung für den Beschluss pro Außentreppe: Brandschutz gehe vor Denkmalschutz. Das sehe sogar die Denkmalschutzbehörde so. Heinz Lorz (Bürger für Gerolzhofen): "Wir sollten dem Bürger sagen, dass wir zur Bibliothek stehen." Außerdem habe die Stadt eben erst eine neue Bibliotheksleiterin eingestellt.