
Kirchenbesuch ohne Maske, Glühweinausschank und Zusammensein nach der Christmette auf dem Gerolzhöfer Marktplatz: Auf die Rahmenbedingungen, unter denen Weihnachten in diesem Jahr stattfand, hatte die Corona-Pandemie kaum noch einen Einfluss. Dennoch war nicht alles "wie vorher". Die lückenhaft gefüllten Reihen der Kirchenbänke an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen verrieten es auf den ersten Blick. Gottesdienstbesuch und Weihnachten gehören für viele nicht mehr zwangsläufig zusammen.
Dabei ist Weihnachten doch das kirchliche Hochfest, das die Menschen emotional wohl am tiefsten bewegt und den Alltag, die Freude und Sorgen der Menschen direkt anspricht. "Was geht Ihnen durch den Kopf", fragte Pfarrer Stefan Mai so zu Beginn seiner Predigt die Besucherinnen und Besucher der von der Männer-Choralschola umrahmten Christmette in der Stadtpfarrkirche. "Schlafen Sie gut?"
Weihnachtslieder sollen den Schlaf bringen
Viele Weihnachtslieder, so der Pfarrer, seien eigentlich Wiegenlieder, die sich damit beschäftigten, dem in der Krippe liegenden Jesuskind und seinen Eltern Maria und Josef Ruhe und Frieden zu verschaffen. Angesichts des Umstands, dass Schlafstörungen unter den Menschen laut einer Studie weit verbreitet und drängender seien als noch vor einigen Jahren, müsste dies die Menschen direkt ansprechen.

Maria und Josef, "das hochheilige Paar", das, wie es in dem vielleicht berühmtesten Weihnachtslied "Stille Nacht" weiter heißt, "einsam wacht" beim "holden Knaben in lockigem Haar", suchten den Schlaf in "himmlischer Ruh". Eine Mutter, die sorgenvoll auf jeden Mucks ihres schlafenden Babys lauscht, ein Sohn, der nachts auf seine kranke Mutter aufpasst, eine Krankenschwester oder Altenpflegerin, die sich nachts um die Patienten auf ihrer Station kümmert, ein Arzt, der nachts zum Notfall eilt ... Es brauche solche Menschen, die wachen, wenn andere schlafen, befand Pfarrer Mai. Und auch Gott sei immer dabei, "man spürt es".
Während des Hochamts am ersten Weihnachtsfeiertag spürte Mai der zentralen Bedeutung von Worten im Leben der Menschen nach. "Ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist", hieß es im zuvor verlesenen Johannes-Evangelium. "Worte haben eine unglaubliche Wirkung", meinte der Geistliche, "und eine ungeheure Macht." Ein beleidigendes Wort genüge in manchen Situationen, um zwischen zwei Menschen "alles zu zerstören". Manchmal reiche aber auch ein bewusst an einen Menschen gerichtetes Wort, um in einer verfahrenen Situation einen Neuanfang möglich zu machen. Der Projektchor der Pfarreiengemeinschaft sowie Maja Oppermann (Violine) und Elias Oppermann (Gesang) gestalteten das Hochamt musikalisch.
Weihnachtsbotschaft passt in die zerrüttete Welt
Der evangelische Pfarrer Reiner Apel setzte in seiner Weihnachtspredigt das Geschehen rund um den Stall in Bethlehem in den Kontext der aktuellen politischen Situation. In diese vom Krieg in der Ukraine und zahlreichen weiteren Konflikten weltweit überschatteten Welt passe die Botschaft von der Menschwerdung Christi "genau hinein", stellte er fest. Denn als unschuldiges Baby stehe der Gottessohn für die Liebe und die Sehnsucht nach Frieden, nach dem die Welt sich so dringend sehne.

Am ersten Weihnachtsfeiertag sprach Apel über Zwänge in unserem Leben. Wie Kaiser Augustus mit seinem Befehl, sich in Steuerlisten eintragen zu lassen, Maria und Josef dazu gebracht hat, sich auf die Reise nach Bethlehem zu begeben, so sei auch unser Leben ohne äußere Zwänge kaum denkbar. Jeder müsse nicht nur mit Zwängen leben, sondern sei auch selbst für solche anderen Menschen gegenüber verantwortlich – und sei es, indem man Lieferdienste beauftragt, bestellte Waren zu einem nach Hause zu bringen. Doch selbst in unserer global vernetzten Welt mit ihren vielfältigen Abhängigkeiten würde manches Zwangsläufige erträglich, wenn Liebe im Spiel ist, schlussfolgerte Apel in seiner Predigt.
Krippenspiel in Form einer Detektiv -Suche
In der Erlöserkirche hatte die Jungschaar-Gruppe unter Leitung von Irene Richter und unterstützt von Anja Loos für den Gottesdienst am Nachmittag von Heiligabend ein besonderes Krippenspiel vorbereitet. Die zahlreichen jungen Akteurinnen und Akteure betteten die bekannte biblische Weihnachtsgeschichte von der Herbergssuche und der Geburt Jesu in ein Suchspiel ein. Wie Detektive nahmen sie die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher mit auf den Weg zur heiligen Familie.

Auf eine weihnachtliche Spurensuche hin zum Kind der Krippe hatten sich zuvor bereits etwa 150 Eltern mit ihren Kindern in drei Gruppen begeben. Das Team der ökumenischen Kinderkirche hatte für diese vier Stationen vorbereitet. In der evangelischen Erlöserkirche gab Josef den Kindern einen Einblick in seine Gefühlswelt, wie es ihm erging, als erfahren hatte, dass seine Verlobte Maria ein Kind erwartet. Im Hof des Pfarrer-Hersam-Hauses berichtete die schwangere Maria von der schwierigen Suche nach einer Herberge und in der Stadtpfarrkirche erzählten zwei Hirten, wie sie von einem Engel von der Geburt des Gottesssohns erfahren hatten. In der Spitalkirche schließlich fand sich dann der Stall mit dem Christkind in der Krippe.

In der besonderen Atmosphäre des Steigerwald-Stadions erlebten rund 200 Besucherinnen und Besucher eine "Besinnliche Weihnacht", zu der die katholische Pfarrgemeinde und der FC Gerolzhofen eingeladen hatten. Zum Thema "… und Friede den Menschen auf Erden!" gestaltete Pastoralassistentin Franziska Reichert den Gottesdienst, unterstützt von Julia Möslein. Sie gingen auch auf die aktuelle politische Situation ein und stellten die Weihnachtsbotschaft in den Zusammenhang des derzeitigen Weltgeschehens.
Saxophon-Musik und bewegender Gesang
Die musikalische Gestaltung übernahm ein Saxophontrio unter Leitung von Valentin Endres. Emilia Braun und Vanessa Burger sangen die Lieder "Wonderful dream" (Melanie Thornton), "Hallelujah" (Carrie Underwood/John Legend) und "Seite an Seite" (Christina Stürmer). Den Gottesdienst hatten ein junges Team der Pfarrgemeinde mit FC-Vorsitzenden Ansgar Willacker und seinen Helfern vorbereitet.

Der evangelische Posaunenchor Gerolzhofen war an Heiligabend nachmittags unterwegs zum traditionellen Kurrende-Blasen am Wohnstift Steigerwald und am Pflegestift Gerolzhofen und abschließend vor der Christvesper in der Erlöserkirche, berichtet dessen Leiterin Martina Heßmer.