Die neue Firmenzentrale steht, die allermeisten Arbeiten sind erledigt, selbst die großen Mezger-Schriftzüge prangen bereits an der Fassade. Nur noch die Schlussetappe trennt den bundesweit größten Bosch-Servicedienst mit seinen über 200 Beschäftigten von der Eröffnung am 27. Juli – der Umzug. Einer, der es in sich haben wird.
Es wirkt wie eine Hau-Ruck-Aktion, die allerdings generalstabsmäßig geplant ist: Innerhalb von nur 48 Stunden soll der Umzug am Freitag und Samstag über die Bühne gehen. Zwar nur über eine Straße im Gewerbegebiet Hafen hinweg, konkret von der Werner-Siemens-Straße 6 zur neuen Betriebsstätte in der Sven-Wingquist-Straße 2. Also 210 Meter, laut Google Maps Routenplaner. Leichter wird es deshalb nicht: Denn das komplette "Innenleben" des Unternehmens muss zum neuen Standort.
Dazu zählen Schreibtische, Stühle, Regale, Schränke, Computer, Technik und vieles mehr aus allen Büros. Obendrein wechseln noch eine Kfz-Großwerkstatt samt Hebebühnen und das 700 Radsätze umfassende Reifenlager die Straßenseite; außerdem die Vespa-Roller und ein Teil des Lagers der Tochtergesellschaft Sikom, die innerhalb kürzester Zeit zum größten Anbieter von mobilen Funkdiensten für Behörden und Firmen in Deutschland aufgestiegen ist.
Mindestens 300 Europaletten
Mindestens 300 Europaletten werden am Ende mit Umzugskartons vollgepackt sein, schätzt Mezger-Geschäftsführer Mirko Denzer, der den ganzen Ablauf koordiniert. Ein 65-köpfiger Trupp, darunter 50 Mezger-Mitarbeiter, packt dafür an beiden Tage mit an. Ralph Denzer, geschäftsführender Gesellschafter, und sein Sohn sind trotz der Herausforderung überzeugt: "Wir öffnen definitiv am Montag um 7.30 Uhr die Türen am neuen Standort!"
Ihren Optimismus haben die beiden Chefs trotz der unvorhergesehenen Ereignisse seit März nicht verloren. Mitten im größten Vorhaben der Firmengeschichte (Kostenpunkt: 4,6 Millionen Euro) überraschte die Virus-Pandemie auch das Familienunternehmen. Vor fast genau einem Jahr hatte man den Spatenstich für die neue Firmenzentrale gesetzt und damals selbstbewusst verkündet, am 14. August 2020 eröffnen zu wollen. "Jetzt sind wir sogar drei Wochen früher dran. Wir sind mehr als pünktlich fertig geworden, das will was heißen", freut sich Ralph Denzer sichtlich bei einem Rundgang durch die neuen Räume.
Natürlich, die täglichen Arbeiten am Neubau mussten den Corona-Hygienevorschriften angepasst werden. Allein durch die Dimension des 100 mal 20 Meter großen Gebäudes und seiner Räume habe man dies recht unkompliziert umsetzen können. Dankbar sind die Denzers dafür, dass weder auf der Baustelle noch bei den eigenen Mitarbeitern ein Krankheitsfall auftrat. Die anfänglichen Sorgen um einen durch die Pandemie drohenden Auftragseinbruch waren unbegründet. Das Geschäft lief gut weiter, in Kurzarbeit musste niemand geschickt werden.
Verwaltungstrakt kurzfristig um eine Etage erweitert
Auf dem Bau gab es auch keine Liefer- und Materialengpässe. "Vielleicht hat uns Corona sogar einen zeitlichen Vorteil verschafft, die Straßen waren ja frei", mutmaßt Denzer. Dabei musste kurzfristig noch ein Extraprojekt integriert werden. Mitten in der heißen Bauphase im Januar traf man die Entscheidung, den Verwaltungstrakt von ursprünglich zwei auf drei Etagen aufzustocken, was recht problemlos gelang. Innerhalb von nur zwei Wochen hatte die Stadt den geänderten Bauantrag genehmigt; ein Lob bekommt zudem die Baufirma Glöckle für die gute Zusammenarbeit. Mit dem zusätzlichen Stockwerk will man gewappnet sein für weiteres Wachstum. Schon länger sucht das Unternehmen händeringend Personal für seine Werkstatt sowie Techniker für Sikom.
Ganz ohne Nervosität geht es bei einem Umzug dieser Größenordnung dann doch nicht. Vor allem wenn es das "Herzstück" betrifft. Dieses steht in einem eher unscheinbaren Nebenraum, in Form von drei Schrank großen Metallkästen mit unendlich vielen Kabeln. Es ist das neue Server-System, das ab Montag zuverlässig funktionieren muss, betont Mirko Denzer. Darüber laufen alle Daten der elf Mezger-Filialen und zweier Sikom-Standorte. Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet.
Eröffnungsfeier auf kommenden Juni verschoben
Einen Corona-Wermutstropfen gibt es dennoch: Die geplante Eröffnungsfeier mit einem Tag der offenen Tür im September musste Mezger verschieben. Sie soll zusammen mit dem 75. Firmenjubiläum im kommenden Juni nachgeholt werden.
Selbst wenn der Umzug geräuschlos verläuft und die Freude über die modernen Räume groß ist, so wird wohl auch eine gewisse Wehmut aufkommen. Gerade einmal sieben Tage später, ab 3. August, rollen die Abrissbagger an die bisherige Betriebsstätte. Nach exakt 50 Jahren wird dann dieses Stück Firmengeschichte spätestens zum Jahresende verschwunden sein.