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Schweinfurt
Born to be wild: Jaulende Gitarren und laut schreiende Männer beim Nachsommer-Tatort-Konzert
Er hatte sein Publikum fest im Blick und Griff: Miro Nemec
Foto: Martina Müller | Er hatte sein Publikum fest im Blick und Griff: Miro Nemec
Charlotte Wahler
 |  aktualisiert: 06.10.2022 02:42 Uhr

A century of songs – so war das Konzert mit Miro Nemec mit seiner Band betitelt, und es waren Jahrhundertsongs, die gespielt wurden, allerdings alle sehr laut. Diesmal ging es sehr rockig zu im Fresenius Medical Care.

Anfangs erzählte Miro Nemec, der bekannt ist als Münchner Tatort-Kommissar, noch ganz unaufgeregt davon, wie er im Zug nach Schweinfurt seinen Koffer vergaß und nun in Jeans und T-Shirt spielen muss. Das tat seiner Ausstrahlung jedoch keinen Abbruch. Schon mit dem Einstiegssong wurde klar, worum es an diesem Abend geht: um jaulende Gitarren und laut schreiende Männer auf der Bühne, und es war verblüffend, wie Nemec und seine Band die normalerweise eher gesetzten Schweinfurter von den Stühlen holte und zum Tanzen und Wippen animierte.

Stimm- und sprunggewaltig: Miro Nemec
Foto: Martina Müller | Stimm- und sprunggewaltig: Miro Nemec

Mit While my Guitar gently weeps wurde das Publikum daran erinnert, wie die Beatles Europa rockten und eine neue Kultur der Freiheit verbreiteten. Wirklich schon so lange her? Gefeiert wurde die Vergangenheit, und wie Nemec eingangs erwähnte, sollten gegenwärtige Sorgen einfach einmal vergessen werden – sie wurden einfach hinweggedröhnt.

Wie junge Rocker sprangen und sangen die Bandmitglieder auf der Bühne umher, und bis zu den Schlusssongs gab es keinen einzigen ruhigen und sinnlichen Song. Sogar Rio Reisers Bye bye Junimond wurde ein krachender Abschied: "kein Sturm kommt mehr auf, wenn ich dich seh …"

Mit 15 Jahren Schulband gegründet

In der Halle stürmte es durchaus. Nemec erklärte, wer früher zu seinen Lieblingsstars zählte: Joe Cocker, die Stones natürlich, Jethro Tull, Eric Clapton, Santana und Klaus Lage. Deren Songs wurden dann auch lautstark in die Halle gebracht. Zur stürmischen Atmosphäre trug Uli Saalfrank bei, der oberfränkische Gitarrist, der mit viel Lokalkolorit in der Stimme dazu beitrug, das Publikum aufzulockern. Und er bewies, dass er sogar noch lauter röhren konnte als Nemec selbst: Bei Born to be wild von Steppenwolf vibrierte der Saal bis in die Stuhlbeine.

Fotoserie

Nemec, der bereits mit 15 Jahren eine Schulband gründete, später Musik studierte und nach seinem Abschluss die Schauspielakademie besuchte, veranstaltete im Jahr 1996 ein Benefizkonzert für Kriegswaisen. Das war der Beginn dieser Band mit Wolfgang Fickenscher am Schlagzeug, Stefan Griesshammer am Bass, Stephan Erl am Klavier, Markus Hager und Giuseppe Murianni an der Gitarre, Christian Felke am Saxophon und der Querflöte sowie Uli Saalfrank ebenfalls an der Gitarre.

Wie versprochen saß zum Schluss keiner im Publikum mehr auf seinem Stuhl - die Stimmung war gigantisch
Foto: Martina Müller | Wie versprochen saß zum Schluss keiner im Publikum mehr auf seinem Stuhl - die Stimmung war gigantisch

Es gab auch ein paar Lieder aus Nemecs kroatischer Heimat, selbstverständlich in kräftig-rockiger Qualität. Zwischendurch wurden auch Witze erzählt, zum Beispiel vom Hasen, der die Gutmütigkeit des Bären erkannte und deshalb überlebte, vielleicht eine Anspielung auf zeitgeschichtliche Ereignisse. Aber in all dem Wummern bis in die feinsten Nuancen der Gitarrenseiten hinein, bis in die hintersten Ecken der Nervenstränge und bis in die hilflosen Ohrmuscheln war das nicht mehr wichtig.

Da wurde "1000-mal berührt", an die "heavens door" geknockt und der "summer of 69" beschworen, dass es eine wahre Pracht war. Und die Schweinfurter rockten mit, zwischen den Stühlen und vor der Bühne, und wenn sich zwischendurch die ein oder anderen Gäste leise davonschlichen, weil es ihnen zu laut war, kann das auch an der Aussteuerung gelegen haben. Die "best days of my life" – sie liegen schon lange zurück, aber wer weiß das schon im Voraus.

 
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