Das obere Foyer im Schweinfurter Theater ist bis auf den letzten Platz ausverkauft. Viele aktive Blockflötenspielerinnen und -spieler sitzen im Publikum und sind hingerissen von dem Programm für den "dilettierenden musikliebenden Herren" – so die Erklärung für das Motto des Abends. Der Atem ist es, der mit dem so schlicht anmutenden Instrument in irrwitzige Verzierungen verwandelt wird, der getupft oder gestoßen wird oder schließlich in großer Ruhe fließen darf.
Schon beim ersten Stück, einem Opernpasticcio über Georg Friedrich Händels "Rinaldo" für Flöte, entspinnt sich ein zwitschernder Dialog zwischen der Flöte (Stefan Temmingh) und dem Salterio (Margit Übellacker), zu dem sich bald die brausenden Arpeggien des Cembalos (Wiebke Weidanz) und der alles verbindende warme Ton des Fagotts (Karin Gemeinhardt) gesellen. Axel Wolf schlägt die Theorbe dazu.
Vorzügliche Spielleute
In immer neuen Zusammensetzungen spielen die vorzüglichen Spielleute. Da ist es einmal eine delikate Zartheit, die überrascht, dann ist es bei Francesco Saverio Geminianis Chaconne ein exaltierter Flötensatz, der staunen lässt. Arcangelo Corellis Sonate Nr. 9 macht es schließlich offenbar, dass sich der Zuhörer hemmungslos der Schönheit des Spiels hingeben und ein Vergnügen daran haben darf, ohne nach einer tiefschürfenden Bedeutung zu suchen.
Mit großer Emotion präsentiert die Gentleman's Band das so wehmütige "Greensleves". Was braucht es Worte, um das Gefühl des abgewiesenen Liebhabers zu beschreiben? Sanftmut, Ekstase und Raserei kommen in Francesco Maria Veracinis Sonate zur Geltung. Im Zusammenspiel mit der Laute legen Temmingh und Wolf das Innerste offen. Großes Theater gibt es dann in einem weiteren Auszug aus der Händel-Bearbeitung "Rinaldo for a flute". Auch die Freunde der Oper sind verzaubert.
Stefan Temmingh spielt zu jedem Stück eine andere Flöte. Da sind nicht nur verschiedene Stimmlagen (Sopran-, Alt- oder Tenorflöte), sondern auch Flöten aus verschiedenen Epochen: Flöten in barocker Bauweise oder mit Renaissancebohrung. Entsprechend "spricht" die Flöte an, einmal klingt sie sehr brillant, dann eher rau und widerständig.
Einen letzten, völlig anderen Ton schlägt Temmingh mit seiner letzten Zugabe an. Auf der Renaissance-Tenorflöte improvisiert er über ein Lied der südafrikanischen Sängerin Miriam Makeba. Mit Flatterzunge und zweistimmig (gleichzeitig gesungen und gespielt) öffnet er ein Fenster zu einer gänzlich anderen Flötenwelt. Aber das wäre eine andere Geschichte.