Wo denn die Sparkassengalerie sei, fragt ein älterer Mann, dessen Hochdeutsch und Unkenntnis der Lokalität verraten, dass er wohl kein Einheimischer ist. Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Derzeit ist nicht nur das Foyer im ersten Obergeschoss der Sparkasse am Rossmarkt, sondern auch der Schalterraum im Erdgeschoss, das Treppenhaus und ein Flur „Sparkassengalerie auf Zeit“. Der Anlass für die große Retrospektive „Künstler der Sparkassengalerie 1986-2014“ ist zwar kein klassisches Jubiläum, aber 136 Ausstellungen in 28 Jahren sind für die Verantwortlichen Grund genug für diese Rückschau.
Die Eröffnung war, wie berichtet, ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem viele Getreue kamen, die bei fast jeder Vernissage erscheinen und andere, die halt auch mal schauen wollten. Nun richten wir den Blick auf die 44 Künstler, die Kurator Adolf Lutz ausgesucht hat. Aus Platzgründen kann er nur eine Auswahl der gut 130 Werke zeigen, auf die die Sammlung der Sparkasse in den 28 Jahren angewachsen ist. Denn aus jeder Ausstellung wird ein Werk gekauft, das Vorstandsvorsitzender Johannes Rieger und Kurator Lutz gemeinsam aussuchen.
Begonnen hatte alles 1977 mit einer Ausstellung von Karl Fred Dahmen im Kundenraum. Die eigentliche Zeitrechnung aber beginnt 1986, als die Gruppe Schweinfurter Künstler ihre „Galerie SW“ einrichtete, die vor allem ein Forum für die Gruppe selbst sein sollte und es in den ersten Jahren auch war. Natürlich hat der unvergessene (1997 verstorbene) Isi Huber hier ausgestellt. Lutz hat seine heimische Dächerlandschaft aus den 1980er Jahren gleich zu Beginn des Rundgangs neben eine surreale Landschaft des Stuttgarters Tillmann Damrau (geboren1961) gehängt und setzt noch eine Flusslandschaft von Herbert Kießwetter (1937-2011) in die Nähe.
Später werden wir zweimal Heinz Altschäffel (geboren 1934) begegnen, den die Schweinfurter gerne ihren Altmeister nennen und der dreimal hier ausgestellt hat: 1996, 2002 und 2007. In einem Gemälde kann man Landschaftsformationen erkennen, im anderen so etwas wie ein Stillleben. Noch während man das denkt, hört man Altschäffels Stimme im Ohr „Na, wenn du meinst.“ Bevor wir ins Treppenhaus gehen, seien noch ein paar Namen genannt: Der junge Maler Johannes Schießl hat erst vor kurzem in der Galerie seinen neuen Weg aus der Gegenständlichkeit gezeigt. Großartig die Auseinandersetzung von Sybille Schlageter (Ettlingen, geboren 1943) mit der Architektur. Die Erinnerung an ihre Ausstellung 2001 ist noch wach. Zu den hervorragenden Künstlern, die sich zwischen Malerei und Zeichnung bewegen und denen Adolf Lutz viel Aufmerksamkeit schenkt, zählen Christofer Kochs (1969), Barbara Ehrmann (Ravensburg, 1962) und Sabine Brand-Scheffel (Karlsruhe, 1959).
Größere Formate hat Lutz ins Treppenhaus gehängt. Ein reduzierter, abstrakter Kleinlein (Norbert Kleinlein, Oberndorf, 1945) schaut auf die kraftvolle, expressive Stadtlandschaft eines Christopher Lehmpfuhl (Berlin, 1972). Wir kommen in den oberen Flur, für den sich Besucher Zeit nehmen sollten. In diesem Durchgangsraum hängen ein paar wunderbare Arbeiten, die nicht laut „hier“ schreien: ein Schnittbild von Josef Bücheler (Rottweil, 1936), das entfernt an Lucio Fontana erinnert; eine Zeichnung von Herbert Nauderer (Starnberger See, 1958), dessen Figuren einer bedrohlichen Situation ausgesetzt sind; eine abstrakte Komposition von Brigitte Matschinsky-Denninghoff (Berlin, 1923-2001), die eben nicht nur eine Bildhauerin, sondern eine hervorragende Zeichnerin war und drei reduzierte Zeichnungen von Rudolf Schoofs (Stuttgart, 1932-2009).
Dann geht es in die eigentliche Galerie und hier erwartet den Besucher Farbe, Farbe, Farbe: ein Geflecht von Isa Dahl (Stuttgart, 1965), eine eigenwillige Geschichte von Wolfgang Henne (Leipzig, 1949), überbordende Tütenmalerei von Thitz (1962), ein großes blaues Blatt von Willi Weiner (Stuttgart, 1954), der eigentlich Bildhauer ist. Aber Skulpturen hatten leider keinen Platz. Nur von Willi Siber (Eberhardzell, 1949) ist eine Art Wandrelief zu sehen. Sehr schön.
Wir finden auch international bekannte Namen wie den informellen Fred Thieler (1916-1999), dessen Doppelausstellung 2011 in Kunsthalle und Sparkassengalerie noch in guter Erinnerung ist und Andreas Bindl (1928-2010), der sich viele Jahre lang mit dem letzten Weg auseinandergesetzt hat, den jeder Mensch geht. Und damit sind wir – obwohl wir längst nicht alle nennen konnten – bei einem Schweinfurter Künstler, der diesen letzten Weg leider auch schon gehen musste: Gustav Wölkl (1951-.2012) Eine frühe Norne von ihm hängt prominent an der Stirnwand und erhebt sich mit traurigem Blick aus dem Nirgendwo.
Die Ausstellung „Künstler der Sparkassengalerie“ ist bis 26. September zu sehen.