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Blick zurück mit Stolz: 20 Jahre KulturPackt
20 Jahre KulturPackt: Interview mit Ralf Hofmann, Johanna Bonengel, Ingo Schäfer und Gerald Jimij Günther über Damals und Heute
2013: Hatten Spaß beim Interview über „20 Jahre KulturPackt“: (v.r.) Johanna Bonengel, Jimij Günther, Ingo Schäfer und Ralf Hofmann.
Foto: Anand Anders | 2013: Hatten Spaß beim Interview über „20 Jahre KulturPackt“: (v.r.) Johanna Bonengel, Jimij Günther, Ingo Schäfer und Ralf Hofmann.
Katharina Winterhalter
Katharina Winterhalter
 |  aktualisiert: 31.12.2013 13:23 Uhr

Am Ende des Gesprächs über „20 Jahre KulturPackt“ sagt Ralf Hofmann, dass Jimij Günther in dem Artikel auf keinen Fall zu kurz kommen dürfe. Schließlich mache der Geschäftsführer eine hervorragende Arbeit und sei so unglaublich kreativ. Eigentlich sollte das Interview nur mit drei langjährigen Aktiven geführt werden: dem Gründungsmitglied Hofmann, Johanna Bonengel, zur Zeit als Beirätin engagiert, seit April 1994 dabei und damit Fast-Frau-der-ersten-Stunde und Vorstandsmitglied Ingo Schäfer, seit 1997 im KulturPackt. Aber manche Fragen konnte Jimij Günther, dessen offizieller Vorname Gerald ist, einfach am besten beantworten.

Frage: Herr Hofmann, wie war denn die Stimmung in Schweinfurt 1993?

Ralf Hofmann: Gereizt. In der wirtschaftliche Krise drohte die Kultur als erstes hinten runterzufallen. Oberbürgermeister Kurt Petzold war ja ein ausgewiesener Förderer der Kultur. Frau Grieser hat in ihren ersten Äußerungen als Oberbürgermeisterin keine große Affinität zur Kultur bewiesen. Deswegen hatten wir einfach Angst um die freie Kulturarbeit, die damals noch als alternative Kultur bezeichnet wurde. So schien es uns wichtig, uns zusammenzuschließen.

Erst einmal wollten Sie gemeinsam ein einmaliges Ereignis auf die Beine stellen, den Kultursommer.

Hofmann: Das war das Mittel zum Zweck. So konnten wir uns vernetzen, auch wenn wir den Begriff damals noch nicht kannten. Es konnte damals eigentlich keiner richtig miteinander, also beispielsweise die Disharmonie nicht mit der Schreinerei. Wichtig war in dieser Phase, sich eine gemeinsame Marketing-Plattform zu geben – auch das haben wir so nicht formuliert. Der KulturPackt wurde zum ernst zu nehmenden Ansprechpartner für die Hochkultur und die Stadt. Beispielsweise Mitte der Neunziger, als wir eine Demonstration mit 500 Leuten zu den Haushaltsberatungen organisiert haben – mit Hilfe einer großen Anzeige im Schweinfurter Tagblatt, die übrigens von 40 oder 50 Unternehmen bezahlt wurde. Damals sollten die Zuschüsse gekürzt werden. Wir hatten Existenzängste, aber wir haben sehr viele Unterstützer gefunden, auch solche, die unverdächtig waren, aus der alternativen Kulturecke zu kommen.

Wie hat denn die Stadt auf die Gründung des KulturPackts reagiert?

Johanna Bonengel: Man hat uns einfach akzeptiert, ohne uns zu fördern. Aber eine Person aus der offiziellen Szene hat uns unterstützt, Dr. Erich Schneider.

Hofmann: Dr. Schneider war ein sehr wichtiger Ratgeber. Bei vielen Dingen wären wir ohne ihn vielleicht übers Ziel hinausgeschossen. Man kann sagen, ohne ihn hätten wir die erste schwierige Phase nicht überlebt.

In Ihrem Katalogtext zur Geburtstagsausstellung haben Sie, Frau Bonengel, geschrieben, dass Geldsorgen den kleinen Verein in all den Jahren begleitet hätten.

Bonengel: Es hat sich verbessert. Der KulturPackt wird von der Stadtratsmehrheit nicht mehr in Frage gestellt. Viele schmücken sich mit den Dingen, die wir auf die Beine stellen. Die Anträge des KulturPackts werden jedes Jahr im Wesentlichen durchgewunken.

Von welcher Summe sprechen wir?

Jimij Günther: Wir bekommen allgemein 13 000 Euro plus 8000 Euro für die Nacht der Kultur und 1500 für den Pflasterklang. Das sind die festen Zuschüsse. Von „Schweinfurt erleben“ kommen noch mal 2000 Euro.

Bonengel: Bezuschusst werden ausschließlich Veranstaltungen. Büro und Geschäftsführer werden von Mitgliedsbeiträgen finanziert. Wir haben 264 Mitglieder.

Gehen wir noch mal zurück. Wann fiel die Entscheidung, einen Verein zu gründen?

Hofmann: Als der Freistaat Bayern Fördergelder nach Schweinfurt geben wollte und es keine Institution gab, die sie hätte entgegennehmen können. 1993 sollte ich in der Sendung „Jetzt red i“ des Bayerischen Rundfunks etwas Nettes über die Stadt erzählen, gerne auch mit einer Forderung verknüpft. Das habe ich gemacht. Darauf sollten wir Geld vom Kultusministerium bekommen, 9000 Mark, und keiner wusste, wie man das verbucht. Also haben wir auf die Schnelle einen Verein gegründet und damit hatte das Ministerium in den nächsten Jahren eine Anlaufstelle, um das Geld zu überweisen.

Herr Schäfer, als sie 1997 Mitglied wurden, organisierte der KulturPackt gerade seine erste große Ausstellung in einem leer stehenden Gebäude, im Schlachthof.

Ingo Schäfer: Als ich 1974 hierher kam, dachte ich zunächst, Schweinfurt liegt etwas hinter dem Mond. Aber dann spürte ich die Strömungen der etwas anderen Kultur, wurde erstmal Mitglied in der Disharmonie und wollte dann beim Projekt Schlachthof mithelfen. Meine erste Aufgabe war, den Klowagen anzuschließen.

Auch wichtig. Damit sind wir bei den großen Veranstaltungen: Ausstellungen an ungewöhnlichen Orten, Jahresabschlussgala, Kurzfilmtage, Pflasterklang, Nacht der Kultur, Kunstfahrten, Kunstkarée. Wie ist alles das zu schaffen?

Schäfer: Im Rückblick wundere ich mich, wie wir es 1997 mit einer so kleinen aktiven Mannschaft geschafft haben. Was sich heute ein Stück weiterentwickelt hat, ist die bildende Kunst, die vorher nicht so stark vertreten war. Erst 2003, als wir das erste Kunst-Karrée organisiert haben, hat die bildende Kunst einen größeren Stellenwert bekommen.

Hofmann: Da spricht die Unkenntnis eines Nachgeborenen. Vom ersten Tag an haben wir alle Sparten der Kultur integriert.

Bonengel: Wichtig ist, dass der KulturPackt kein zweiter Kunstverein ist. Wir achten darauf, dass alle Genres zum Zug kommen.

Gibt es Grenzen, was würde der KulturPackt nicht machen?

Bonengel: Ja. Ein Veranstaltungsformat mit rein kommerziellen Zielen, beispielsweise ein riesiges Popkonzert, das wäre nicht in unserem Sinn.

Eine der Aufgaben soll die kritische Begleitung des Schweinfurter Kulturlebens sein. Hat der Verein das hin und wieder erfüllen können?

Hofmann: Ich denke schon. Ich behaupte, ohne uns hätte es die Kulturanalyse in den neunziger Jahren nicht gegeben mit ihren Auswirkungen auf die Stadtpolitik. Der Nachsommer ist eine Folge davon, dass wir gesagt haben, Schweinfurt hat zu wenig Ehrgeiz, um sich weiterzuentwickeln. Wir haben einige Stachel gesetzt. Wir haben beispielsweise die einzige öffentliche Veranstalter 1998 zum Thema Museum Georg Schäfer gemacht. Wir haben in unseren KulturPackt-Zeitschriften mit einer unglaublichen Überheblichkeit Thesen zur Kulturpolitik vertreten, die zwar nicht zu halten waren, aber Diskussionen angestoßen haben.

Ist der KulturPackt heute leiser geworden?

Bonengel: Es gibt nicht mehr so viele Anlässe, um laut zu werden. Das letzte Mal laut waren wir in der Auseinandersetzung um den „Theseus“ von Matschinsky-Denninghoff, in der wir Position bezogen und eine große Diskussionsrunde veranstaltet haben. Wir haben vielleicht die Bevölkerung in ihrem Kunstgeschmack etwas erzogen, sie ist toleranter geworden. Wir müssen nicht mehr so viel kämpfen.

Schäfer: Die Anerkennung für uns ist in der breiten Bevölkerung spürbar und auch bei der Elite. Wir tragen dazu bei, Kunst erlebbar zu machen.

Hofmann: Ich sehe das anders. Ich sehe, dass ein Teil der Bevölkerung, der uns nicht wollte und heute vielleicht noch nicht will, resigniert hat. Weil sie gemerkt haben, dass wir hartnäckig sind und dass dieses Sponti-Projekt weiter lebt. Wir müssen immer wieder einmal darauf hinweisen, dass es ein harter Kampf war.

Sprechen Sie regelmäßig über das, was in der Stadt passiert, über neue Aufgaben und Ziele, notwendige Veränderungen?

Bonengel: Unser Programm darf nicht Routine werden, es muss immer neu überdacht und weiterentwickelt werden. Wir überlegen immer wieder, ob es Anlässe für eine kulturkritische Diskussion gibt.

In welchem Rahmen wird diskutiert?

Schäfer: Der Inhalt des Programms wird im wesentlichen von den fünf gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern diskutiert plus den neun Beiräten. Zu jedem Projekt bilden wir dann eine Arbeitsgruppe.

Eine Frage an den Geschäftsführer: Geht es 2014 mit bewährtem Veranstaltungen weiter oder sind außerdem neue Formate in Planung?

Günther: Die bewährten Veranstaltungen werden auf jeden Fall stattfinden. Die Nacht der Kultur stand in der Diskussion, weil es heuer wegen des schlechten Wetters nicht gut lief, sie soll aber 2014 wieder stattfinden. Für unser nächstes großes Projekt laufen die Anfragen. Wir wollen in den Kasernen etwas machen, ein Kulturforum wie im Ernst-Sachs-Bad oder im Zeughaus.

Wo sind die Jungen im Verein?

Schäfer: Ja, es fehlen die jungen und mittelalten. Leider hat der eine Ansatz, die Messe „handart“ zu unterstützen, keine jungen Mitglieder gebracht.

Hofmann: Was ich noch sagen wollte: Dass der Verein so gut da steht, ist eine großartige Leistung der nachfolgenden Generation. Es erfüllt mich mit großem Stolz, dass sich die Idee so weiter entwickelt hat.

Bonengel: Wir möchten Menschen ansprechen, die mit Kultur nicht so viel am Hut haben. Er will auch Menschen ansprechen, die nicht so viel Geld haben. Und er hat dazu beigetragen, dass sich das Image der Stadt verändert hat.

Was war Ihre Lieblingsveranstaltung?

Hofmann: Das Theater im Zelt, eine ganz frühe Geschichte.

Bonengel: Die Kunstausstellungen wie jetzt im Spitalseebunker mit Musik und Theater im Rahmenprogramm-

Schäfer: Da schließe ich mich an.

Günther: Da ich die meiste Arbeit mit den Veranstaltungen habe, sind es die Kurzfilmtage. Wenn das Programm steht, kann ich mich abends reinsetzen und zuschauen, wie die Leute lachen.

1998: Ralf Hofmann, Oliver Kohmann, Jürgen Dahlke, Johannes Schurz.
Foto: Ruppert | 1998: Ralf Hofmann, Oliver Kohmann, Jürgen Dahlke, Johannes Schurz.
1998: Erstes Kulturforum im Schlachthof mit einer Arbeit von Ernst Herlet.
Foto: Laszlo Ruppert | 1998: Erstes Kulturforum im Schlachthof mit einer Arbeit von Ernst Herlet.
2007: Pflasterklang mit den Pertussis und amüsiertem Publikum.
Foto: Fuchs-Mauder | 2007: Pflasterklang mit den Pertussis und amüsiertem Publikum.
 
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