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SCHWEINFURT
Blick hinter die Maske
Stelzmann in der Kunsthalle: Ausstellung „Stadt – Werkstatt“ bis 30. Mai verlängert
Blick in die Große Halle der Kunsthalle mit Volker Stelzmanns Ausstellung „Stadt – Werkstatt“.Fotos: Oliver Schikora
Foto: Oliver Schikora | Blick in die Große Halle der Kunsthalle mit Volker Stelzmanns Ausstellung „Stadt – Werkstatt“.Fotos: Oliver Schikora
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 27.04.2023 10:52 Uhr

Wann packt einen Kunst? Wann interessieren einen Betrachter Bilder, warum lassen manche einen nicht mehr los und andere sind gerade mal einen flüchtigen Blick wert? Fragen, die sich Künstler und Kunsthistoriker gleichermaßen stellen und die im Grunde nur so beantwortet werden können: Kunst liegt im Auge des Betrachters.

Bei guter Kunst kommt aber noch etwas hinzu, denn wirklich gute Kunst, die etwas zu sagen hat, zeichnet sich dadurch aus, dass man sich in ihr verlieren kann, weil es so viele verschiedene Ebenen gibt. Ein Detail führt zum nächsten, zum nächsten und zum nächsten. Auf einmal steht man eine halbe Stunde vor einem Werk und hat immer noch nicht alles gesehen. Ein Künstler, der genau solche Bilder malt, ist Volker Stelzmann. Seine Ausstellung „Stadt – Werkstatt“ in der Großen Halle der Kunsthalle wurde nun bis 30. Mai verlängert – gesehen hat sie nämlich bisher außer den Mitarbeitern der Kunsthalle und der Presse niemand. Sie wäre am 4. Dezember eröffnet worden, das aber war mitten im Lockdown, der bekanntlich vor allem für Kunst- und Kulturhäuser auch noch länger andauert.

Der 80 Jahre alte Stelzmann gehört seit Jahrzehnten zu den wichtigsten figürlich arbeitenden Malern und Grafikern im deutschsprachigen Raum. Er studierte in Leipzig, ging 1968 nach seinem Abschluss nach Berlin und 1986 in den Westteil der Stadt, wo er bis heute lebt und arbeitet. Sein Atelier ist seine Werkstatt, seine Stadt der Raum, in dem er Inspiration für seine Bilder findet – die Punk-Szene, das Großstadtleben, die U-Bahn. Menschen sind es, die Stelzmann interessieren, und zwar nicht die, die bei ihm Portrait sitzen würden, sondern jene am Rand der Gesellschaft, unbequeme, urbane Typen. „Das sind keine Portraits, es sind Aussagen“, findet Jan Soldin, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kunsthalle.

In Schweinfurt fügt sich der Künstler mit seiner zweiten Ausstellung vor Ort – vor elf Jahren war er mit einem Tryptichon in einer Gruppenausstellung zu 20 Jahren deutsche Einheit zu sehen – in den Kernbestand der Kunsthalle ein. Unter dem Titel „Individuum und Gesellschaft“ befasst sich ein großer Ausstellungsblock im Untergeschoss mit ähnlichen, auch politischen Themen wie Volker Stelzmann und deren vielfältigen kreativen Ausdrucksformen. Der Künstler ist ein Grenzgänger, der wunderbar in den künstlerischen Ost-West-Dialog der Kunsthalle passt. Gleich am Eingang der Großen Halle ist ein Werk zu sehen, auf dem Stelzmanns Kunstkosmos exemplarisch zu sehen ist: Eine Gliederpuppe im Atelier malend an der Leinwand, der Künstler daneben beobachtend hinter einer Maske.

Stelzmann, den Kunsthallen-Leiterin Andrea Brandl als „liebenswürdigen intellektuellen Künstler“ beschreibt, ist auch bekannt für seine Bildideen im Dialog mit künstlerischen Wahlverwandten aus der Renaissance, des Manierismus und des Barocks. Er sieht hier Parallelen in der Verunsicherung von Weltbildern und dem Verhalten der Menschen früher und heute.

Mehrere Ausstellungsorte

Eine Besonderheit der Schweinfurter Schau ist ihre Vielfalt. Neben der Hauptausstellung in der Großen Halle sind die Galerie im Quadrat und explizit die Sparkassengalerie besuchenswert, um ein Gesamtbild zu bekommen. In der Galerie im Quadrat stehen Stelzmanns Zeichnungen und Druckgraphik im Fokus. Wirbelnde Figuren, große Themen und ein virtuoser Zeichenstil, „technische Perfektion, die in den Fokus gestellt gehört“, so Jan Soldin. Wie bei den Gemälden in der Großen Halle kann man sich auch in den Zeichnungen und Graphiken verlieren.

Die Sparkassengalerie legt als dritter Ort ihr Augenmerk auf Stelzmanns vielsagende Stillleben und eindringliche Porträts. Gerade Stillleben sind bei zeitgenössischen Künstlern eher selten. Doch Stelzmann versteht es, seine Requisiten aus dem Atelier so zu arrangieren, dass sie „eine wechselnde Bühne von Diesseits und Jenseits sind, ganz großes Theater im kleinen Format“, so Andrea Brandl.

Wer virtuell eintauchen will in die Ausstellung, kann dies mit Hilfe eines gut gemachten Videos, in dem Andrea Brandl, Jan Soldin sowie Peter Schleich (Vorstandsvorsitzender Sparkasse Schweinfurt-Haßberge) die Ausstellung und die Ausstellungsorte erklären. Zu finden ist das Video unter www.kunsthalle-schweinfurt.de. Dort gibt es auch Angebote für Kinder wie das Herstellen von Masken und der Online-Maskenball.

Volker Stelzmann: Stadt – Werkstatt. Kunsthalle, Große Halle, Galerie im Quadrat sowie Sparkassengalerie. Verlängert bis 30. Mai. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Angermuseum Erfurt und Die Galerie in Frankfurt/Main. Der Katalog zur Schau mit 180 Seiten ist für 25 Euro erhältlich. Im Moment ist die Kunsthalle wegen des Corona-Lockdowns geschlossen. Informationen über die Öffnungszeiten und die Ausstellung sowie mehrere Videos gibt es unter www.kunsthalle-schweinfurt.de

Zeichnungen und Druckgraphiken von Volker Stelzmann gibt es in der Galerie im Quadrat in der Kunsthalle.
Foto: Oliver Schikora | Zeichnungen und Druckgraphiken von Volker Stelzmann gibt es in der Galerie im Quadrat in der Kunsthalle.
Das „Arsenal“, im Bild links, bietet Einblicke in die künstlerische Herangehensweise von Volker Stelzmann an seine Werke.
Foto: Oliver Schikora | Das „Arsenal“, im Bild links, bietet Einblicke in die künstlerische Herangehensweise von Volker Stelzmann an seine Werke.
Menschen vom Rand der Gesellschaft sind eines der großen Themen der Werke von Volker Stelzmann.
Foto: Oliver Schikora | Menschen vom Rand der Gesellschaft sind eines der großen Themen der Werke von Volker Stelzmann.
Die Gliederpuppe als Künstler, er selbst hinter der Maske.
Foto: Oliver Schikora | Die Gliederpuppe als Künstler, er selbst hinter der Maske.
Auch christliche Motive finden sich bei Stelzmanns Werken.
Foto: Oliver Schikora | Auch christliche Motive finden sich bei Stelzmanns Werken.
 
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