Trecker und Gartenbauverein Grettstadt haben eines gemein: Beide blicken auf 100 Jahre Geschichte zurück. Deshalb können beim Vereinsfesttag am 9. Juni auch 20 Oldtimer-Trecker bewundert werden.
Die Gründungsurkunde des Gartenbauvereins fehlt, doch in gemeindlichen Protokollbüchern findet sich für den 7. März 1925 die Eintragung, dass die Gemeinde unter bestimmten Auflagen den Industriegarten an der Kirche dem Obstbauverein zur Verfügung stellt. Vereinsmitglied Johann Gress erhielt 1927 vom Bezirksverband eine Urkunde in "Anerkennung verdienstvoller Leistungen auf dem Gebiet des Obstbaues". Das erste, heute noch existente Protokollbuch dokumentiert die Vereinsgeschichte von 1933 bis 1940 und dann wieder von 1954 bis 1975. Es wird ergänzt durch ein Kassenbuch und Einzeldokumente.
Verpflichtung zum Spritzmittel-Einsatz
Ab 1933 stand der Obstbau im Mittelpunkt des Vereinslebens. Allein 1935 wurden 885 Obstbäume gekauft und auf dem früheren Weinberg eingepflanzt. Die Spritzungen mit Obstbaumkarbolineum (700 Kilogramm im Jahr 1935) waren verpflichtend, das Unterlassen der Spritzungen wurde mit Geldbußen geahndet. 1936 wurden Nistkästen zur Förderung des Vogelschutzes bezuschusst und das Material für Leimringe sammelbestellt.
Die Schweinfurter Firma Klüber erinnerte im Dezember 1938 daran, rechtzeitig Karbolineum, Schwefelkalkbrühe und Bleiarsen für die vorgeschriebenen Spritzungen zu bestellen. 1940 finden sich im Protokollbuch Hinweise auf empfohlenen Blumenschmuck und die Pflanzung von Maulbeerbäumen. Dann pausieren die Eintragungen bis 1954. Nur das Kassenbuch zeigt, dass es den Verein auch in dieser Vakanz gab, offensichtlich aber mit wenig Eigenleben.
Der Neustart im Jahr 1954
Von Rita Eschenauer stammt ein Zeitungsbericht vom September 1954: "Wieder Obst- und Gartenbauverein", in dem die beiden örtlichen Obstbaumwarte Roman Wolf und August Reinhard erwähnt werden. Vom Verein in Dürrfeld wurde die Motorspritze ausgeliehen, um die Nachwinterspritzung durchzuführen. Eine eigene Motorspritze erwarb der Verein erst 1956.
Zur Finanzierung verkaufte man die Dosenverschlussmaschine und die Rückenspritze. Der Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" hielt Einzug und war fortan fester Bestandteil im Vereins-und Gemeindeleben. Grettstadt wurde mehrere Male Kreis- und Bezirkssieger. 1964 veranstaltete der Verein ein Winzerfest mit eigenem Federweißen.
Der Festzug mit Winzerwagen und Reitergruppe wurde begleitet von der Kapelle Wolf und dem Spielmannszug des TSV Grettstadt. Heimatdichter Josef Ehrlitzer unterhielt die Gäste im Lokal Zu den vier Jahreszeiten. Der Main-Bote, ein damals erscheinendes Nachrichtenblatt für die Gemeinden Dampfach, Dürrfeld, Grettstadt, Gochsheim, Horhausen, Obereuerheim, Pusselsheim, Sennfeld, Untereuerheim und Weyer berichtete auf der Titelseite über das Ereignis.
Waldspielplatz, Friedhofs- und Dorfgestaltung
Ende der 70er Jahre bekam Grettstadt eine neue Kläranlage. Das ausgehobene Erdmaterial wurde auf Antrag des Vereins im nahen Waldgebiet Eichig zu einem Berg aufgeschüttet, auf dem der Verein einen Waldspielplatz herrichtete. Wasserrohre zum Durchklettern, Schaukel, Schwebebalken, Kletterdach, Sitzbänke, eine Grillstelle und zuletzt eine Rodelbahn fanden viel Zuspruch. Es gab allerdings auch Opposition. Auswärtige Gruppen zelteten, verbrannten Pfosten und Sitzbänke und hinterließen deutliche Spuren. Das Zelten wurde verboten. Nach vielen Jahren übernahm die Country-Family die Patenschaft, errichtete Gebäude, bot Line-Dance und Western-Romantik.
Eine Bronzetafel des Kreisverbandes für Gartenbau von 1977 erinnert an Maßnahmen für einen grünen Grettstadter Friedhof: Rosenbeet, Hecken zwischen den Gräberreihen, Sträucher im Umfeld. 1987 legte der VGL eine erste Streuobstwiese mit 23 Hochstämmen rechts der Schwebheimer Straße an. Für die Folgejahre übernahm der Verein die Mäh- und Baumschnittarbeiten. Das Obst wurde mehrere Jahre lang mit den Schulkindern eingesammelt und beim Kelterbetrieb Hubert Schech zu Apfelsaft verarbeitet, der an die Kinder verteilt wurde. 1993 legte der Verein auf der anderen Straßenseite eine zweite Streuobstwiese mit 20 Bäumen an.
Ehrenamt als Selbstverständlichkeit
Die Maifeste waren wie das Wetter, manchmal sehr gut besucht und manchmal reine Verlustaktionen. Der Standort der Maibaumaufstellung wechselte mehrmals. Zusammen mit der Siedlergemeinschaft bot man alljährlich Schnittkurse für Obstbäume, Ziersträucher oder Rosen an. Sechs Teams des VGL übernahmen die Patenschaft für innerörtliche Blumenbeete in der Bahnhofstraße, am Kriegerdenkmal, vor der Pfarrkirche, in der Meßmerstraße, vor dem Friedhof und an der Einfahrt zum Wohngebiet Wiesenfleck. Immer wieder durften sich die ehrenamtlich Tätigen negative Kommentare einzelner Ortsbürger und Gemeindemitarbeiter anhören, bis sie ihre Tätigkeit einstellten und die Beete abgeräumt wurden.
Mehr als zehn Jahre war man Partner der Grundschule Grettstadt und betreute zusammen mit Lehrerin Renate Ott den Schulgarten. Nach der Pensionierung der Lehrkraft kam die Kooperation schnell zum Erliegen.
Ab 1986 führte man Flursäuberungen mit sehr unterschiedlicher Beteiligung durch. Erst jährlich, später jedes zweite Jahr. Jägerschaft, Bauhof, Jugend-Rotkreuz: Verschiedene Vereine und Einzelpersonen sammelten. Manchmal waren fast einhundert Mitwirkende mit vier Sammelfahrzeugen unterwegs.
Die Christbaumsammlung nahm der VGL 1987 auf und hat seitdem kein einziges Jahr pausiert. Zum Glück haben sich junge Helfer und Helferinnen angeschlossen, denn das Sammelgebiet ist beständig gewachsen.
Großes Jubiläumsfest im Juni
2011 lud man zum Tag der offenen Gartentüre. Die Resonanz war gigantisch. Überall im Dorf bewunderten mehrere tausend Besucher und Ortsansässige die geöffneten privaten Gärten.
2014 errichtete der Verein im Rahmen einer Ferienspaßaktion ein großes Insektenhotel auf der Streuobstwiese, das auch nach zehn Jahren noch bestens genutzt wird.
Immer wieder brachte der VGL Geld auf, um Anschaffungen wie Info-Tafeln, Abfalleimer, Pflanzkästen, Pflanzgut, Bäume, Sitzbänke und gesellige Veranstaltungen zu finanzieren. Blumenschmuck- und Fotowettbewerbe animierten zum Mitmachen. Die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des VGL laufen. Die Ehrung verdienter Mitglieder erfolgte bereits im März, das eigentliche Fest findet am 9. Juni mit umfangreichem Programm statt.