Ein Strom an Büchern ergießt sich von oben herab aus einem Papierkorb und breitet sich am Boden aus wie ein Teich. Ein Stapel aus Büchern, wie Holzscheite fürs Lagerfeuer angeordnet, daneben ein Kreis aus Papierknäueln, über dem ein mobiles Objekt aus aufgefächerten Buchseiten schwebt wie eine Rauchsäule. In der Ecke auf Staffeleien zwei zauberhafte Naturdarstellungen, in Öl gemalt.
Im Garten und in den Innenräumen des Naturfreunderestaurants Sennfeld präsentieren sich seit Freitag unter dem Thema "Blattwerke" zwei Künstler, die sich übers Internet kennen gelernt haben: Die Malerin Brunhild Schwertner ist in und um Schweinfurt keine Unbekannte. Für Laudator Norbert Wührl ist die Autodidaktin eine "Meisterin der Lichtmalerei", die sich früh die Leuchtkraft und Farbgebung der Ölfarben zueigen gemacht hat.
Aus ihren Bildern, so Wührl bei der Vernissage, spräche große Liebe zur Natur und der Schönheit der fränkischen Heimat. Tatsächlich zeigen ihre Gemälde Stillleben, Landschaften, Wälder, Dorfansichten, Brunnen und Bäume.
Ganz anders der Kurde Kito Sino, der aus seiner neuen Heimat Brüssel angereist ist: Geprägt durch Kunsthandwerk in der Familie, studierte er in Moskau, machte einen Abschluss in "Monumental Arts". Seinen künstlerischen Ausdruck findet er in vielen Disziplinen; Zeichnen, Malen, Mosaik, Installationen, Grafik oder Metallbearbeitung sind darunter. Gerne experimentiert er auch mit ausrangierten Gegenständen: In der Sennfelder Ausstellung sind mehrere Tausend Bücher verarbeitet. Auch eine Wolkenkratzergruppe aus Bücherstapeln hat er gebaut, Themen wie Chemiewaffen, Barcodes, Computer sind deren Inhalt – Sino bezeichnet sie als Totems für Menschen der heutigen Zeit.
Ein kleines Zentrum für Begegnung und Kunst soll hier entstehen
Sennfelds Bürgermeister Oliver Schulze zeigte sich überrascht und neugierig angesichts der ausgefallenen und interessanten Initiative von Gaststättenpächter Khalil Abdel Rahman, ein kleines Zentrum für Begegnung und Kunst aufzubauen. Kunst, so Schulze, versetze in eine andere, eine phantastische Welt und habe als Seismograph der Gegenwart eine gesellschaftliche Dimension.
Dass sich Kunst der Gegenwart harmonisch mit Tradition verbindet, bewies ein Auftritt der allerjüngsten Tanzpaare der Sennfelder Trachtengruppe. Die "Planpaare der Zukunft" und deren Tänze wie "Bauremädle" oder "Schwarzer Peter" bekamen viel Applaus. Feinsinnige Worte zum Thema Schönheit fand Khalil Abdel Rahman, selbst Philosoph, als Überleitung zum individuellen Rundgang durch die Ausstellung.
Er plant für seinen Kulturtreffpunkt schon konkret in die Zukunft: Ende Mai wird es auf dem Gelände der Gaststätte einen internationalen Tag geben, zu dem alle Volksgruppen aus Sennfeld und Schweinfurt eingeladen werden, um gemeinsam zu singen, zu tanzen und zu feiern. Ein Konzept für einen "Tag der Menschlichkeit" im Juni ist gerade in Arbeit.
Ende Juli findet dann ein mehrtägiges, ebenfalls international besetztes Bildhauersymposium im Freigelände statt. Hier kann man den Künstlern beim Schaffensprozess zusehen; eine Ausstellung bildet den Abschluss. Auch eine naturheilkundliche Kräuterausstellung mit Workshop ist angedacht. Schließlich soll im nächsten Jahr ein Festival der mystischen Sufi-Musik mit Künstlern aus dem Iran, aus Deutschland, Syrien, Marokko und anderen Ländern vonstatten gehen.
Ausstellung "Blattwerke": bis 7. April, Dienstag bis Sonntag von 11 - 14 und 17 bis 22 Uhr, Gaststätte der Naturfreunde, Am Tännig, 97526 Sennfeld.